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Geht da noch mehr? Warum Merz und die Union bei 30 Prozent kleben

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Geht es noch über die 30 Prozent hinaus? Merz glaubt daran, wie er kürzlich sagte.

Geht es noch über die 30 Prozent hinaus? Merz glaubt daran, wie er kürzlich sagte.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit einem Jahr sind CDU und CSU die unangefochtenen Umfragekönige. Einerseits. Aber sollte es nicht noch ein bisschen mehr sein? Vor allem, wenn man sieht, wie unbeliebt die Ampel-Parteien sind? Es gibt drei Gründe, warum Merz und die Union nicht deutlich über die 30-Prozent-Marke hinauskommen.

Wenn Friedrich Merz auf aktuellen Umfragen blickt, hat er Grund zur Freude - seit Monaten stehen CDU und CSU an der Spitze. Und das mit großem Vorsprung. Im jüngsten Trendbarometer von RTL und ntv kommt die Union auf 31 Prozent. Damit ist sie fast so stark wie die einstigen Ampelparteien SPD, Grüne und FDP zusammen. Gemeinsam erreichen die drei in der von Forsa erstellten Umfrage gerade einmal 33 Prozent. Im Live-Podcast bei ntv sprach gerade erst Linken-Politiker Dietmar Bartsch das aus, was alle außer Olaf Scholz denken: "Nach Lage der Dinge wird Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler".

So weit, so gut - aus CDU-Sicht. Aber es gibt auch Grund, sich zu wundern. Scholz ist so unbeliebt wie kein Bundeskanzler vor ihm. Die Ampel-Regierung ist krachend gescheitert. Dass die Menschen im Land eine neue Regierung wollen, daran besteht kein Zweifel. Müsste in so einer Lage nicht die größte Oppositionspartei viel stärker dastehen? Müssten CDU und CSU nicht locker auf 35 Prozent plus X kommen? "28 Prozent sind fürs erste Jahr okay", sagte Merz Anfang 2023 im Interview mit ntv.de. Aber auch nach dem zweiten? "Es ist in der Tat die große Frage der letzten zwei Jahre, warum die Union nicht stärker vom großen Unmut über die Ampel profitiert", sagt Peter Matuschek von Forsa im Gespräch mit ntv.de. Er sieht drei Gründe dafür.

1. Politische Kompetenz

Forsa fragt die Wähler jede Woche, welche Partei die Probleme in Deutschland am besten lösen könne. Die Antworten gleichen stets einer Sammelohrfeige für alle Parteien. 53 Prozent meinen, keine Partei sei dazu in der Lage. Die Werte der abgefragten Parteien sind mies. Die Unionsparteien stehen zwar einsam an der Spitze, aber auch da wäre noch viel Luft nach oben. Auf 19 Prozent kommen CDU und CSU aktuell in der Kompetenzfrage. "Das ist angesichts des Unmuts über die Ampel-Koalition ein extrem schlechter Wert", sagt Matuschek.

In früheren Jahren unter Angela Merkel lag die Union bei rund 30 Prozent, während der Corona-Pandemie sogar nahe der 50-Prozentmarke. Noch düsterer als bei der Union sieht es bei SPD (8 Prozent), Grünen (7 Prozent) und FDP (2 Prozent) aus. Auch die vermeintliche Hoffnungsträgerin der Frustrierten, die AfD, schneidet schwach ab. Nur 8 Prozent meinen, die Partei könne die Probleme Deutschlands lösen.

2. Der Spitzenkandidat

Auch Friedrich Merz ist nicht besonders beliebt. "Die Werte für Merz waren nie berauschend", sagt Meinungsforscher Matuschek. Der Kandidat der Unionsparteien liege nur minimal vor Scholz. Die Hälfte der Befragten sagt, sie wolle keinen von beiden im Kanzleramt. In der Dreierabfrage mit Robert Habeck liegt Merz unter 30 Prozent. Im aktuellen Trendbarometer fragte Forsa außerdem nach AfD-Kandidatin Alice Weidel. Für sie sprachen sich 16 Prozent aus, für Scholz 17 und für Merz und Habeck jeweils 23 Prozent.

Begeisterung sieht in der Tat anders aus. "Es ist ein großes Problem für die Union, wenn ihr Spitzenkandidat nicht ankommt", so Matuschek. Selbst bei den eigenen Anhängern komme er nur auf etwa zwei Drittel Unterstützung. Für eine Volkspartei sei es fundamental, sich an den Wählern und nicht an den Mitgliedern auszurichten. "Um eine Wahl zu gewinnen, muss eine Partei immer auch Wählerschichten außerhalb des eigenen Kosmos erreichen", so Matuschek. Beispiele dafür seien Gerhard Schröder für die SPD und Angela Merkel für die CDU.

3. Konservativere Ausrichtung der CDU

Seit Friedrich Merz die CDU führt, ist sie wieder konservativer geworden. In der Migration, beim Klimaschutz oder der inneren Sicherheit - überall hat die Partei ihr Profil in diese Richtung geschärft. Das zeigt sich auch im neuen Grundsatzprogramm, das die CDU vergangenen Jahr beschloss. Das lässt sich auch als Schlussstrich unter die Ära Merkel verstehen. Doch genau das könnte die CDU nun auch Stimmen kosten. "Das wird natürlich von vielen, die die Union unter Merkel noch gewählt haben, nicht goutiert", sagt Matuschek. Für einen Teil der ehemaligen Unionswähler sei die Union zu konservativ geworden.

Matuschek zufolge könnte auch Merz' Stil die Zustimmung ausbremsen. "Die klare Kante gegenüber der Ampel-Regierung in der Übergangsphase seit dem Ende der Ampel, aber auch bereits in der Zeit davor, hat die Mehrheit nicht verstanden", sagt er. "Eine breite Mehrheit in Deutschland hat ein Bedürfnis nach Konsens und Zusammenarbeit. Das ist einfach so." Merz betont zwar gern, wie oft die Unionsfraktion Vorhaben der Regierung zugestimmt habe, bei weitem nicht nur beim Sondervermögen für die Bundeswehr. Es sei aber auch die Frage, was beim Wähler ankomme, sagt Matuschek. "Wenn eine Mehrheit denkt, es geht mehr um Konfrontation als um Gemeinsames, dann hilft das der Union nicht."

Richtig ist allerdings auch, dass die Union derzeit mit einem deutlich besseren Wahlergebnis rechnen kann, als sie es bei der Bundestagswahl 2021 erreichte. Damals kam sie nur noch auf 24,1 Prozent. Das Plus von rund sechs Prozent kann man als Zustimmung für den Merz-Kurs werten. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte außerdem bei der Parteiklausur in Hamburg, im vergangenen Jahr seien 20.000 Menschen der CDU beigetreten. So viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Auch netto gebe es "einen starken Zuwachs" - es gibt also mehr Neueintritte als Abgänge, sei es durch Austritt oder Tod.

Und was ist mit Allensbach?

Merz wird immer wieder mal auf die Umfragewerte angesprochen. Bei der CDU-Klausur in Hamburg am vergangenen Wochenende verwies er auf eine andere Umfrage - von Allensbach. Dort steht die Union konstant zwischen 35 und 37 Prozent. Dafür gebe es methodische Gründe, sagte Merz, Allensbach erreiche mehr ältere Wähler. Matuschek reagiert zurückhaltend auf dieses Argument. Ältere Wähler würden auch von seriösen anderen Instituten erreicht. "Die Gründe also, weshalb das IfD Allensbach für die Unionsparteien derzeit höhere Werte ermittelt als die Forschungsgruppe Wahlen, Infratest-Dimap und Forsa, können von außen nicht beurteilt werden."

Merz' Ziel war es einst, die AfD zu halbieren und deren Wähler zurückzugewinnen. Später sagte er, das sei angesichts der Politik der Ampel nicht zu schaffen. Hier gibt Matuschek dem CDU-Vorsitzenden recht, auch er sieht die Politik der Ampel als Konjunkturprogramm für die AfD. Seit der letzten Bundestagswahl hat sich ihr Wert verdoppelt. Die in Teilen rechtsradikale Partei ist also die wahre Profiteurin der Ampel-Schwäche.

Quelle: ntv.de

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