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Nach dem Mordanschlag Was, wenn Trump jetzt wirklich präsidial wird?

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Von Montag bis Freitag veranstalten die Republikaner in Milwaukee ihren Nominierungsparteitag. Von den alten Slogans wird Trump sich dort vermutlich nicht verabschieden.

Von Montag bis Freitag veranstalten die Republikaner in Milwaukee ihren Nominierungsparteitag. Von den alten Slogans wird Trump sich dort vermutlich nicht verabschieden.

(Foto: dpa)

Ausgerechnet Donald Trump, dessen politische Karriere auf Spaltung und Hetze aufgebaut ist, kündigt an, die USA "zusammenführen" zu wollen. Gemeint ist nicht eine andere Politik, sondern lediglich ein anderer Ton. Bislang hat Trump selbst das nie durchgehalten.

Nach dem Attentat hat Donald Trump für seine Rede beim Nominierungsparteitag der Republikaner einen anderen Ton angekündigt. "Ich hatte eine extrem harte Rede fertig, wirklich gut, über die korrupte, schreckliche Regierung", sagte er der "New York Post", um dann hinzuzufügen: "Aber ich habe sie weggeworfen." Beim Parteitag in Milwaukee, der heute beginnt, werden die Republikaner Trump offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten machen.

Will Trump jetzt also nicht mehr Trump sein? Eine neue Rede sei in Arbeit, heißt es in dem Boulevardblatt, denn "ich will versuchen, unser Land zusammenzuführen". Er wisse allerdings nicht, ob das möglich sei; das Land sei "sehr gespalten".

Ein Trump, der in den kommenden Tagen versucht, die USA zu befrieden, wäre aus zwei Gründen wirklich erstaunlich. Denn erstens geht es bei Nominierungsparteitagen traditionell um etwas anderes. Sie sind der Start in die heiße Wahlkampfphase, in der es vor allem um Angriffe auf den politischen Gegner geht - also um Differenzen, nicht um Gemeinsamkeiten.

Befriedet wird auf diesen Parteitagen üblicherweise nicht das Land, sondern die Partei. Nach den Monaten des Vorwahlkampfes, in denen die Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur gegeneinander angetreten waren, ist dies eine Inszenierung von Harmonie. Dazu gehört, dass die unterlegenen Bewerber ihre Delegierten "freigeben", damit diese für den Vorwahlsieger stimmen können. Die ehemalige Trump-Konkurrentin Nikki Haley hat dies vor ein paar Tagen getan. Noch im Februar hatte sie Trump "irre" und "noch weniger zurechnungsfähig" als 2016 genannt. Jetzt sagte sie: "Der Nominierungsparteitag ist eine Zeit der republikanischen Einheit." Diese Einheit richtet sich gegen den gemeinsamen Gegner: US-Präsident Joe Biden sei zu einer zweiten Amtszeit "nicht fähig", Vizepräsidentin Kamala Harris "wäre eine Katastrophe für Amerika", so Haley.

"So präsidial, dass ihr euch langweilen werdet"

Wenn solche Angriffe beim Nominierungsparteitag in Milwaukee ausbleiben sollten, wäre dies höchst ungewöhnlich, denn normalerweise gehören sie einfach dazu. Es würde aber auch - das ist der zweite Grund - nicht zu Trump passen. Seit er 2015 seine erste Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner verkündete, wird darüber gesprochen, dass es besser für ihn wäre, seinen Ton zu mäßigen. "Meine Frau sagt ständig: 'Liebling, sei präsidialer.' Ich weiß nur nicht, ob ich das wirklich schon machen will", sagte Trump im Vorwahlkampf 2016. Er müsse "noch eine Weile hart" sein. Aber irgendwann werde er "so präsidial sein, dass ihr euch langweilen werdet".

Passiert ist das bislang nicht. Selbst die mit Abstand beste Gelegenheit für einen versöhnenden Auftritt ließ Trump ungenutzt verstreichen. In seiner Antrittsrede im Januar 2017 sagte er zwar, er lege seinen Eid "für alle Amerikaner" ab. Aber er schloss die Rede mit seinem Slogan: "We will make America great again". Es war eine Wahlkampfrede, obwohl Trump gerade Präsident geworden war und mit dem Kämpfen hätte aufhören können.

Dieses Mal soll es anders sein? Der "New York Post" sagte Trump auf dem Flug nach Milwaukee, der Wahlkampf könne nun "ziviler" werden. Details habe er nicht genannt, schreibt die Zeitung, die Trump politisch nahesteht. Da klingen Zweifel durch. Zugleich beschreibt der Verfasser des Artikels, Trump habe angefasst gewirkt, als er sich während des Interviews zum ersten Mal ein kurzes Video des Anschlags angesehen habe. "Mehr als einmal schüttelte er den Kopf, als beunruhige ihn, zu sehen, wie nahe er dem Tod gekommen war", heißt es in dem Artikel.

Trump will "das ganze Land, sogar die ganze Welt" vereinen

Bei dem Gespräch im Flugzeug nach Milwaukee war auch eine Journalistin des "Washington Examiner" dabei, ebenfalls ein konservatives Blatt. "Die Rede, die ich am Donnerstag halten wollte, war spitzenmäßig", wird Trump dort zitiert. Es wäre "eine der unglaublichsten Reden" gewesen und hätte sich vor allem gegen Biden gerichtet. Jetzt habe er jedoch die Gelegenheit, "das ganze Land, sogar die ganze Welt" zusammenzubringen. Zugleich machte Trump deutlich, dass es ihm nur um den Ton geht, nicht um politische Inhalte. Da will er keine Kompromisse machen. Es gebe "auf der anderen Seite" auch "viele gute Menschen". Aber es gebe auch einige, "die Männer im Frauensport spielen sehen wollen", behauptete er, oder die "offene Grenzen" wollten.

Selbst in der Ankündigung der neuen Rede weist er darauf hin, wie "korrupt und verkommen" die Demokraten seien. Er habe die alte Rede weggeworfen, sagt Trump: "Ich denke, es wäre sehr schlimm, wenn ich aufstehen und darüber schimpfen würde, wie schrecklich alle sind und wie korrupt und verkommen, auch wenn es wahr ist." Hier klingt durch, dass Trump eben doch am liebsten schimpft, wie er es seit Jahren tut. Schon seine erste Rede als Politiker im Juni 2015 strotzte von Hetze gegen Mexikaner und "diese Politiker". Gemäßigt hat Trump sich danach nie.

Dass es taktisch klug für Trump wäre, sich nun zurückzuhalten, liegt auf der Hand. Nur mithilfe der gemäßigten Wähler der Mitte kann er die Präsidentschaftswahl im November gewinnen; seine radikalen Fans sind ohnehin fest an seiner Seite. Entsprechende Ratschläge hat Trump dem "Washington Examiner" zufolge bereits aus der Politik und aus der Wirtschaft erhalten. Angesichts der letzten acht Jahre sei diese Idee äußerst unwahrscheinlich, merkt die Zeitung skeptisch an. "Aber ein Mordversuch ist eine sehr große Sache."

Quelle: ntv.de

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