Agrarminister im "ntv Frühstart" Özdemir: Ramschpreise sind "ruinöser Wettbewerb"
20.12.2022, 10:01 UhrLebensmittel sind in diesem Jahr um 21 Prozent teurer geworden. Agrarminister Özdemir findet, Bauern könnten von den Preisen dennoch schwer leben. Er kündigt Maßnahmen für mehr Tierwohl und Hilfen für Landwirte an.
Trotz der enorm gestiegenen Inflation sieht Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir weiterhin ein Problem mit Ramschpreisen bei Lebensmitteln. Es könne nicht sein, dass Bauern Produkte zu Preisen unterhalb ihrer Entstehungskosten verkaufen müssten, sagte der Grünen-Politiker im "ntv Frühstart". "Das ist ein ruinöser Wettbewerb, der am Ende dazu führt, dass wir immer weniger Bäuerinnen und Bauern haben." Die aber brauche man, um gesunde Lebensmittel zu produzieren. Vor einem Jahr hatte Özdemir zum Amtsantritt ein Ende von Ramschpreisen für landwirtschaftliche Produkte gefordert.
Der Agrarminister wollte sich nicht dazu äußern, ob die Lebensmittelpreise nach der Krise generell so hoch bleiben müssten wie derzeit, um Ziele wie Klimaschutz, Tierwohl und auskömmliche Einnahmen der Landwirte zu erreichen. Entscheidend dafür sei - neben dem Preis - wie viele Pestizide und fossile Energieträger bei der Produktion genutzt würden, so Özdemir.
Der Agrarminister zeigte sich optimistisch, dass die Inflation in nächster Zeit sinken werde. Die Entlastungspakete der Bundesregierung würden ihre Wirkung entfalten, ebenso die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank, wenn auch mit Verzögerung. Aktuell sei der russische Krieg gegen die Ukraine der Hauptpreistreiber.
Özdemir fordert weniger Tiere, dafür mehr Platz
Özdemir begrüßte die Einschätzung von Bundesbankpräsident Nagel, wonach die Inflation im kommenden Jahr auf etwa sieben Prozent sinken werde. Dies sei ein Weg in die richtige Richtung. Özdemir sprach sich erneut dafür aus, die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auf null zu senken. Damit könne man zudem gesunde Ernährung fördern. Allerdings gebe es dafür keine Mehrheit in der Ampel-Koalition.
Der Grünen-Politiker forderte außerdem mehr Anstrengungen für eine tierfreundlichere Landwirtschaft. Es brauche weniger Tiere und dafür mehr Platz. Zum einen sei das Tierwohllabel für frisches Schweinefleisch auf dem Weg. Zum anderen kündigte Özdemir für das kommende Jahr ein Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung und Änderungen am Baugesetzbuch zum Umbau von Ställen an.
In der EU werde hoffentlich eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch eingeführt, so Özdemir. "Ich will, dass die Verbraucher nicht nur wissen, wie ist das Tier gehalten worden, sondern ich will auch wissen, wo kommt es her." Für die umfangreichen Reformen brauche es allerdings mehr Hilfen für die Landwirte, sagte der Minister. "Die Bauern müssen dafür natürlich auch eine Kompensation bekommen."
Quelle: ntv.de, psc