Moskau lebt weiter im Jahr 2022 Putin-Vertraute beharrt auf abstrusen Friedensbedingungen
26.12.2024, 12:13 Uhr Artikel anhören
Wladimir Putin mit Valentina Matwijenko.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Nicht wenige hoffen mit dem Amtsantritt von Donald Trump auf Frieden in der Ukraine. Offizielle aus Kiew haben zuletzt deutlich gemacht, dass wegen des russischen Agierens wenig darauf hindeute. Auch Aussagen einer ranghohen Kreml-Beamtin verstärken diesen Eindruck nun erneut.
Die russische Föderationsratschefin Valentina Matwijenko hat beim Kreml-Sprachrohr TASS Bedingungen für einen Frieden in der Ukraine formuliert, die Kiew in der Vergangenheit bereits teilweise als unannehmbar bezeichnet hat. Die ranghohe Kreml-Beamtin und Putin-Vertraute bezieht sich auf Forderungen aus dem März 2022, die einem Diktatfrieden gleichkämen und die Existenz der Ukraine stark bedrohen würden.
Matwijenko spricht zwar davon, dass 2025 der "sehr schwierige Verhandlungsprozess" beginnen werde und dass Russland zu Kompromissen bereit sei. Kurz darauf wird allerdings deutlich, dass dies eigentlich nicht der Fall ist. Denn Moskau will, dass "Grundbedingungen" strikt eingehalten werden und meint damit die "Vereinbarungen von Istanbul" von Anfang 2022 kurz nach Beginn der großangelegten Invasion. "Das ist eine Konstante, von der wir keinen Schritt abweichen werden", sagt die Föderationsratschefin.
Gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur TASS will Matwijenko diese Bedingungen zwar nicht nennen, laut Institut für Kriegsstudien (ISW) beinhalten sie jedoch unter anderem, dass die Ukraine ein dauerhaft neutraler Staat sein würde und der NATO nicht beitreten könnte.
Zudem würden dem ukrainischen Militär Beschränkungen auferlegt, die denen des Versailler Vertrags nach dem Ersten Weltkrieg für Deutschland ähneln würden, so das ISW. Darunter fiele eine Beschränkung der Streitkräfte auf 85.000 Soldaten. Eine sehr geringe Zahl, die es den russischen Streitkräften wahrscheinlich ermöglichen würde, die Ukrainer bei einem erneuten Angriff relativ einfach zu überrennen.
Die TASS nennt in Bezug auf Russlands Präsident Wladimir Putin zudem weitere Bedingungen: Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus dem Donbas und weiteren Gebieten in der Ukraine, Aufhebung aller westlichen Sanktionen und ein "blockfreier- und atomwaffenfreier Status".
ISW: Putin glaubt weiter an vollständigen Sieg
Laut ISW hat Matwijenko Forderungen Putins aus einer Pressekonferenz vom 19. Dezember wiederholt. "Hochrangige russische Beamte werden in den kommenden Wochen wahrscheinlich ähnliche Behauptungen vor einem in- und ausländischen Publikum aufstellen", heißt es von der US-Denkfabrik.
Das ISW glaubt, dass die Verweise auf die Bedingungen, die Putin der Ukraine 2022 aufzuerlegen versuchte, seine Zuversicht widerspiegeln würden, die Ukraine trotz enormer militärischer Rückschläge vollständig besiegen zu können. Die Ukraine hatte 2022 nach den Verhandlungen in Istanbul größere Gebiete mit Gegenoffensiven von den russischen Invasoren befreit.
Kiew hat in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, einem Diktatfrieden nicht zustimmen zu wollen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bewegte sich zuletzt jedoch etwas in Bezug auf seine Position zu ukrainischen Gebieten. Im November sagte er, dass sein Land "vielleicht" eine Zeit lang den Verlust von Gebieten akzeptieren müsse, die von Russland besetzt sind. "Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau überleben, um alle ihre Ziele zu erreichen", sagte Selenskyj, "vielleicht, um die Gesamtheit des Staates wiederherzustellen".
Verhandlungen in Istanbul scheiterten 2022
Die Ukraine war bei den Verhandlungen von Istanbul im März 2022 "grundsätzlich dazu bereit, über die Änderung des Ziels einer Mitgliedschaft in der NATO zugunsten wirksamer Sicherheitsgarantien durch Russland und westliche Staaten nachzudenken", wie der Militärexperte Nico Lange schreibt.
Ein fertig verhandeltes Abkommen, dem beide Seiten zugestimmt hätten, habe es nach dem letzten Treffen in Istanbul am 29. März 2022 nicht gegeben. Kurz darauf konnte die Ukraine die russischen Truppen teilweise erfolgreich zurückschlagen und deckte die Gräueltaten in dem kleinen Ort Butscha bei Kiew auf.
"Präsident Selenskyj und die ukrainische Regierung vertreten seit der Offenlegung der Massaker von Butscha die Auffassung, dass der vollständige Abzug der russischen Besatzer vom gesamten Staatsgebiet der Ukraine und die Verfolgung und Bestrafung der durch russische Soldaten begangenen Kriegsverbrechen Bedingungen für Friedensverhandlungen sind", so Lange.
Quelle: ntv.de, rog