Politik

Die Kriegsnacht im Überblick Russisches Munitionsdepot laut Gouverneur in Brand - Kiew geht von monatelangem Krieg aus

Gräber in Mariupol

Gräber in Mariupol

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Russland macht Ernst: Polen und Bulgarien bekommen kein russisches Gas mehr. In Warschau sieht man dem Lieferstopp recht gelassen entgegen, auch Bulgarien sieht derzeit keine Engpässe. Deutschland soll derweil weiter über Nord Stream 1 versorgt werden. Während die Ukraine weitere tote Zivilisten vermeldet, zerstreut der Berater von Präsident Selenskyj Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende. In einigen Wochen würden sich erst mal die Waffenlieferungen auf den Verlauf auswirken.

Polen sieht Gas-Lieferstopp gelassen

Russland hat wie angekündigt Polen den Gashahn zugedreht. Der tatsächliche Gasdurchfluss durch die Jamal-Pipeline von Belarus nach Polen lag um 4.07 Uhr bei null Kilowattstunden, wie Daten des Europäischen Netzes der Fernleitungsnetzbetreiber zeigen. Polens Klimaministerin Anna Moskwa erklärte, die Auswirkungen des Lieferstopps seien gering. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe Warschau erklärt, dass es für eine vollständige Unabhängigkeit von russischen Rohstoffen bereit sei. Nach Deutschland fließe weiter Gas über Nord Stream 1, versicherte der Bevollmächtigte der polnischen Regierung für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski. "Wir beobachten die Lage genau", hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Derzeit sei die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter gewährleistet.

Auch Bulgarien habe Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen, teilte das Energieministerium in Sofia mit. Vorerst sei keine Begrenzung des Gasverbrauchs notwendig. Man habe seine Verpflichtungen "vollkommen erfüllt" und alle Zahlungen für russisches Gas "rechtzeitig und strikt" getätigt, die der laufende Vertrag erfordert, betonte das Ministerium. Ein örtliches Onlineportal hatte berichtet, dass die Gaszahlung für Mai auf die bisher übliche Weise erfolgt sei, und nicht, wie von Gazprom gefordert, über zwei neu eröffnete Konten bei der Gazprom-Bank - in Dollar und in Rubel.

Auch Polen will Erdgas nicht wie von Russland gefordert über diese Kontenlösung in Rubel bezahlen. Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprom-Bank eröffnen müssten, um russische Gaslieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden diese für die "unfreundlichen" Länder eingestellt.

Munitionslager laut Gouverneur in Flammen

In der Region Belgorod an der ukrainischen Grenze geriet russischen Behördenvertretern zufolge ein Munitionsdepot in Brand. Dieses befinde sich in der Nähe des Dorfes Staraja Nelidowka, teilte der Gouverneur des Gebiets, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram mit, wie die russische Agentur Interfax berichtet. Gladkow sagte demnach weiter, dass keine Wohngebäude oder Häuser zerstört seien und es auch keine Opfer unter der Zivilbevölkerung gebe. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor rund zwei Monaten gab es mehrmals Berichte von russischen Behördenvertretern über Zwischenfälle und Beschuss von Orten auf russischer Seite.

Ukraine meldet weitere tote Zivilisten

Die Ukraine beklagte indes nach neuen russischen Angriffen weitere Tote und Verletzte in mehreren Regionen des Landes. Im Gebiet Donezk im Osten seien bei drei separaten Zwischenfällen drei Zivilisten getötet worden, teilte der Gouverneur der Region mit. Auch der Gouverneuer der Region Charkiw meldet drei weitere Tote und sieben Verletzte durch Beschuss in der Großstadt im Osten des Landes.

Selenskyjs Berater: Krieg kann bis Ende des Jahres dauern

Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch geht davon aus, dass sich der Angriffskrieg noch über viele Monate hinzieht. Sollten etwa aktive Kampfhandlungen im Donbass nach der jetzigen Offensive eingestellt werden und dazu übergegangen werden, Positionen einzunehmen, bedeute dies noch lange kein Ende des Krieges, sagte Arestowytsch in einem Youtube-Interview, über das die ukrainische Agentur Unian berichtet. Die von der Ukraine neu erhaltenen Waffen könnten Ende Mai, Anfang Juni "ernsthafte Auswirkungen" auf das Kampfgeschehen haben. Der Krieg selbst könnte bis Ende des Jahres dauern.

Ukraine: Streitkräfte für möglichen Angriff aus Transnistrien bereit

Die ukrainischen Streitkräfte sind laut Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einen möglichen Angriff russischer Truppen aus der moldauischen Separatistenregion Transnistrien vorbereitet. Man kenne die Stärke dieser Truppen und die ukrainischen Streitkräfte hätten keine Angst vor ihnen. In Transnistrien ist ein Kontingent russischer Soldaten stationiert. Das ukrainische Militär hatte am Dienstag vor einer Aktivierung dieser Truppen gewarnt.

Selenskyj: Moskaus Ziele gehen weit über Ukraine hinaus

Selenskyj warnt, die Ukraine sei mittelfristig nicht das einzige Opfer des russischen Expansionsdrangs. "Das ultimative Ziel der russischen Führung ist nicht nur die Eroberung der Ukraine, sondern die Zerschlagung des gesamten Zentrums und des Ostens Europas", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Auch ein "globaler Schlag gegen die Demokratie" gehöre zu dem Ziel.

Union will Entlastungspaket für die Wirtschaft

Die Union forderte die Bundesregierung angesichts der Belastungen auch durch den Ukraine-Krieg zu einem umfassenden Entlastungspaket für die Wirtschaft auf. In einem Bundestagsantrag spricht sich die CDU/CSU-Fraktion unter anderem für ein "Belastungsmoratorium", steuerliche Entlastungen sowie flexiblere arbeitsrechtliche Regeln aus. Die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft müsse gestärkt werden. Der Antrag soll am Donnerstag im Bundestag beraten werden.

Das wird heute wichtig

  • Der Krieg Russlands gegen die Ukraine mit seinen Konsequenzen steht im Mittelpunkt der Bundestagssitzung. Außenministerin Annalena Baerbock stellt sich den Fragen der Abgeordneten. Dabei dürfte es erneut um die Frage gehen, ob und welche schweren Waffen Deutschland der Ukraine zur Verfügung stellt.
  • Das Bundeskabinett will zudem wegen der stark gestiegenen Energiepreise ein milliardenschweres Entlastungspaket beschließen.
  • Der bulgarische Energieminister Aleksandar Nikolow will sich heute zum Lieferstopp von Erdgas aus Russland äußern.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, ino/dpa/rts

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