Politik

Hackerangriff am Feiertag? Russisches TV zeigt Botschaften gegen Krieg

Zum 77. Jahrestag des Kriegsendes sollen die Russen nur Augen für die Militärparade und Ohren für Wladimir Putins Pathos haben. Stattdessen erscheinen Antikriegsbotschaften im Fernseher vieler Zuschauer. Dahinter steckt offenbar ein Hacker-Angriff.

Russische Haushalte, die über Satellitenfernsehen verfügen, sind am Jahrestag des Sieges über Nazideutschland offenbar in der Programmübersicht mit Botschaften zum Krieg in der Ukraine konfrontiert worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Zwei der Formulierungen waren demnach: "An euren Händen klebt das Blut Tausender Ukrainer und Hunderter toter Kinder" und "Das TV und die Behörden lügen. Nein zum Krieg". Von der Nachrichtenagentur veröffentlichte Screenshots zeigten die Programmübersichten des Moskauer Satellitenfernsehens. Laut Reuters waren auf allen Kanälen solche Antikriegsslogans zu sehen. Mittlerweile sind in Sozialen Medien auch Videos aufgetaucht, die dies belegen sollen.

Die Botschaften erschienen laut Reuters kurz vor der Parade zum Tag des Sieges auf dem Roten Platz, bei der Präsident Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine mit dem sowjetischen Kampf gegen Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg verglich.

Ob etwa das Hacker-Kollektiv Anonymous, das für zahlreiche Hacks russischer Infrastruktur sowie der Veröffentlichung geheimer Daten verantwortlich gemacht wird, auch dieses Mal aktiv wurde, ist offen. Auf seinem Twitter-Account teilte es ein Video, das die Kanalbeschreibung russischer Sender mit den genannten Texten zeigt, und schrieb dazu: "Guten Morgen Moskau".

Onlineportal postet Putin-kritische Beiträge

Unter Bezug auf die Nachrichtenagentur Interfax meldet Reuters, dass die Parolen auch im Kabelfernsehen auftauchten, nachdem dieses gehackt worden sei. Die russische Nachrichten-Website Lenta.ru veröffentlichte der Nachrichtenagentur dpa zufolge ebenfalls Antikriegsinhalte. Die Artikel wurden nach kurzer Zeit wieder gelöscht. Zu der Protestaktion bekannten sich später zwei Redakteure der Online-Plattform Lenta.ru. Einer der kurzzeitig veröffentlichten Artikel trug etwa den Titel: "Putin muss gehen. Er hat einen sinnlosen Krieg losgetreten und führt Russland in den Abgrund." Insgesamt wurden rund 20 solcher Texte kurzzeitig auf Lenta.ru veröffentlicht. Für ihre Protestaktion hatten Jegor Poljakow, der Leiter der Wirtschaftsredaktion, und seine Kollegin Alexandra Miroschnikowa offenbar Überschrift und Text schon bestehender Artikel auf der Seite ausgetauscht.

"Wichtigster Grund war das Gewissen", begründete Poljakow sein Vorgehen. Da unabhängige Medien ohne alternative Internetzugänge in Russland nicht mehr aufzurufen seien, habe er sich mit seiner Mitarbeiterin dazu entschlossen, deren Materialien für die Leser seines Mediums zugänglich zu machen, sagte Poljakow. Über mögliche juristische Konsequenzen der Aktion war zunächst nichts bekannt. In Russland drohen laut einem recht neuen Gesetz hohe Strafen für angebliche "Falschnachrichten" über Russlands Streitkräfte.

Quelle: ntv.de, als/dpa/rts

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