Krieg in Europa verhindern Scholz: "Es ist unsere verdammte Pflicht"
15.02.2022, 15:51 Uhr
Bundeskanzler Scholz und der russische Präsident Putin beraten mehrere Stunden über den Ukraine-Konflikt. Auf der Pressekonferenz im Anschluss bietet Scholz Putin einen umfangreichen Dialog an und warnt, dass Gespräche nicht in einer Sackgasse enden dürften.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem direkten Gespräch zu einem umfangreichen Dialog über den Ukraine-Konflikt aufgerufen. "Lassen Sie uns diese Dinge im Wege des Dialogs weiter bereden. Wir dürfen nicht in einer Sackgasse enden, die wäre ein Unglück", sagte Scholz in Moskau. Scholz sagte, er sehe keinen vernünftigen Grund für den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Deswegen sei nun Deeskalation gefragt. Scholz begrüßte Berichte über einen ersten Truppenabzug. "Unsere beiden Länder sind historisch und kulturell eng miteinander verflochten", sagte Scholz weiter. Es gebe vielfältige Beziehungen und auch großes Potenzial für die Wirtschaftsbeziehungen.
Außerdem zeigte sich Scholz weiter zuversichtlich, auf diplomatischem Weg eine Lösung für den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu finden. "So schwierig und ernst die derzeitige Lage auch scheint - ich weigere mich, sie als aussichtslos zu beschreiben".
Allen Europäern und der NATO sei klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland erreicht werden könne. "Von allen ist jetzt mutiges und verantwortungsbewusstes Handeln gefragt", betonte Scholz. "Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt."
Auch Putin bekundete seine Bereitschaft, mit dem Westen weiter in Fragen der europäischen Sicherheit zusammenzuarbeiten. "Wir sind bereit zu dieser gemeinsamen Arbeit auch in der Zukunft", sagte Putin. "Wir sind auch bereit, den Weg der Verhandlungen zu gehen."
Putin: Nord Stream 2 hat keine "politische Färbung"
Beim Treffen mit Bundeskanzler Scholz warb Putin außerdem für eine Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2. Das Infrastrukturprojekt festige die Energiesicherheit in Europa. Es handele sich um ein rein wirtschaftliches und umweltfreundliches Projekt ohne "politische Färbung", betonte er. Die Leitung durch die Ostsee von Russland nach Deutschland sei seit Dezember betriebsbereit. Zugleich zeigte sich Putin bereit, auch die Ukraine über das Jahr 2024 hinaus weiter als Transitland für Gaslieferungen nach Europa zu nutzen - sollte es Bedarf dafür im Westen geben.
Die Ukraine befürchtet Milliardenverluste, wenn sie bei Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nicht mehr als Transitland genutzt wird. Die Ostseepipeline ist fertiggestellt, aber wegen fehlender Zertifizierung noch nicht in Betrieb. Durch sie sollen jährlich etwa 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland fließen. Die USA haben im Fall eines russischen Einmarsches in die Ukraine mit einem Aus des Projekts gedroht.
Die beiden Politiker berieten in Moskau mehrere Stunden über den Ukraine-Konflikt. Der Westen fürchtet angesichts des massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze einen russischen Angriff auf die Ukraine. Moskau bestreitet Angriffsabsichten und verlangt von der NATO Sicherheitsgarantien.
Quelle: ntv.de, jki/dpa/AFP