WEF legt Bericht vor Selbst für Davos ist Klima nun größte Gefahr
15.01.2020, 14:18 Uhr
Zahlreiche Buschfeuer setzen momentan dem australischen Kontinent zu.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die großen Entscheider des Weltwirtschaftsforums Davos machen sich gewöhnlich nicht als Vorkämpfer für Umweltschutz bemerkbar - doch selbst dort tut sich etwas. In seinem neuen Risikobericht nennt das WEF erstmals nur Umweltgefahren.
Extreme Wetterereignisse, Naturkatastrophen, Artensterben, Umweltkatastrophen und Versagen bei der Eindämmung der Erderwärmung: Das Weltwirtschaftsforum (WEF) warnt vor den Risiken und Folgen des Klimawandels für die Weltwirtschaft. "Der Meeresspiegel steigt und Klimafeuer brennen", sagte WEF-Präsident Borge Brende bei der Vorstellung des jährlichen Risiko-Reports. Doch "die politische Landschaft ist polarisiert".
Zum ersten Mal sind die fünf größten globalen Risiken laut dem Bericht, den das WEF zusammen mit der Versicherung Zurich und dem Risikoberater Marsh & McLennan erstellt hat, allesamt Umweltrisiken. So warnen 750 befragte Experten und Entscheidungsträger aus der Weltwirtschaft für die nächsten zehn Jahre vor extremen Wetterereignissen "mit großem Schaden für Besitz, Infrastruktur und Leben" sowie vor Naturkatastrophen, wie Vulkanausbrüche und Erdbeben. Ebenso erwarten sie einen Verlust der biologischen Vielfalt und den Zusammenbruch von Ökosystemen an Land und im Wasser.
Weitere langfristige Risiken sind demnach das Scheitern von Regierungen bei der Anpassung an den Klimawandel sowie vom Menschen verursachte Umweltschäden - beispielsweise durch Umweltkriminalität, eine Ölpest oder "radioaktive Kontaminierung".
2020 sei das Jahr, in dem die führenden Politiker der Welt "mit allen Bereichen der Gesellschaft" daran arbeiten müssten, "unser System der Kooperation" zu verbessern und "neu zu beleben", forderte Brende. Dies müsse "nicht nur kurzfristigem Nutzen" dienen, sondern der Bewältigung "unserer tief verwurzelten Risiken".
Biodiversität hat auch wirtschaftliche Vorteile
Vor allem junge Leute sehen Klimafolgen demnach als größte Gefahren. Fast 90 Prozent der nach 1980 Geborenen befürchten, dass extreme Hitzewellen, Zerstörung von Ökosystemen sowie umweltbedingte Gesundheitsprobleme in diesem Jahr zunehmen werden. Menschen seien weltweit für den Verlust von 83 Prozent aller Säugetiere sowie der Hälfte der Pflanzen verantwortlich, heißt es in dem Bericht. Die sinkende Vielfalt beeinträchtige Gesundheit sowie Ernährung und habe nachhaltige Folgen für das Klima.
"Biologisch vielfältige Ökosysteme binden große Mengen Kohlenstoff", sagte Zurich-Risiko-Chef Peter Giger. Hinzu kämen wirtschaftliche Vorteile: Waren und Dienstleistungen aufgrund der Biodiversität würden auf 33 Billionen US-Dollar im Jahr geschätzt - das entspreche in etwa dem gemeinsamen Bruttoinlandsprodukt der USA und Chinas.
Der Chef von Marsh & McLennan, John Drzik, sieht auch die Konzerne in der Pflicht. "Hochkarätige Ereignisse wie die Waldbrände in Australien und Kalifornien erhöhen den Druck auf Unternehmen, Maßnahmen gegen Klimarisiken zu ergreifen - in einer Zeit, in der sie auch größeren Cyber- und geopolitischen Herausforderungen gegenüberstehen", sagte er einer Mitteilung zufolge.
"Unternehmerische Verantwortung ist unteilbar"
Auch die Umweltorganisation WWF stellte Forderungen an Unternehmen. Sie müssten jetzt "Verantwortung übernehmen und Nachhaltigkeitsziele stringent in ihr Kerngeschäft etablieren", erklärte WWF-Vorstand Eberhard Brandes. "Unternehmerische Verantwortung ist unteilbar und muss für alle Bereiche eines Unternehmens gelten." Insbesondere müssten sich "noch mehr Unternehmen als bisher ehrgeizige Klimaziele setzen".
Beim diesjährigen WEF-Treffen in Davos diskutieren etwa 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter dem Motto "Stakeholder für eine solidarische und nachhaltige Welt" vom 21. bis 24. Januar über Lösungen für aktuelle Probleme. Erwartet werden unter anderem US-Präsident Donald Trump, Kanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Thronfolger Prinz Charles.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa