Botschaft ans russische Volk Selenskyj: Stellen Sie sich 14.000 Leichen vor
19.03.2022, 08:14 Uhr
In einem Moskauer Stadion wird die Krim-Annexion gefeiert. Die Anzahl der Menschen dort sei vergleichbar mit der Zahl russischer Soldaten, die die Ukraine überfallen, erklärt der ukrainische Präsident Selenskyj. Die Bevölkerung solle sich die Leichen und Verwundeten ihrer Streitkräfte vorstellen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Auftritt von Kremlchef Wladimir Putin im Luschniki-Stadion in Moskau mit einem Zahlenvergleich zur Invasion der russischen Armee in die Ukraine gekontert. Knapp 100.000 Menschen vor dem Stadion, in der Arena selbst 95.000 Menschen - dies entspreche zusammen etwa der Zahl der russischen Soldaten, die in die Ukraine eingefallen seien, sagte Selenskyj am Morgen in einer Videoansprache. "Und jetzt stellen Sie sich 14.000 Leichen in diesem Stadion vor, dazu noch Zehntausende verwundete und verstümmelte Menschen." Dies entspreche den Verlusten der russischen Seite seit Beginn des Kriegs.
Selenskyj nahm diese Zahlen, die sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen lassen, zum Anlass, einmal mehr das sofortige Ende der Kampfhandlungen zu fordern. "Der Krieg muss beendet werden, die Vorschläge der Ukraine liegen auf dem Tisch", wurde er von der Zeitung "Ukrajinska Prawda" zitiert.
Außerdem rief er erneut zu umfassenden Friedensgesprächen auf. "Ich will, dass mich alle hören, insbesondere in Moskau. Es ist Zeit für ein Treffen, es ist Zeit zu reden", sagte Selenskyi in einer Videobotschaft am frühen Morgen. Die territoriale Integrität der Ukraine müsse wiederhergestellt werden. Russland werde ansonsten Verluste erleiden, für die es Generationen brauche, um sie zu verkraften. Die Ukraine habe stets ihre Bereitschaft gezeigt, ohne Verzögerungen ehrliche Gespräche über Frieden und Sicherheit zu führen. Derzeit gibt es zwar Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland über eine mögliche Waffenruhe, aber diese haben bislang nicht zu Ergebnissen geführt.
Zweite Panne bei Moskaus Staatspropaganda
Putin hatte am Freitag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Einmarsch in die Ukraine Russlands Armee für ihren "heldenhaften" Einsatz gelobt. Alle Pläne würden umgesetzt, sagte Putin in einer Rede vor Zehntausenden Menschen im Luschniki-Stadion. Der Auftritt sorgte aber vor allem für Aufsehen, weil die Übertragung im Staatsfernsehen plötzlich unterbrochen wurde. Später wurden technische Probleme dafür geltend gemacht. Es ist bereits die zweite Panne der Staatspropaganda in einer Woche. Erst am Montag hatte die TV-Mitarbeiterin Marina Owssjannikowa mit einem Plakat in den Hauptnachrichten gegen Putins Krieg in der Ukraine protestiert. Sie hat inzwischen gekündigt.
Anlass für Putins Auftritt war der achte Jahrestag der Einverleibung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland am 18. März 2014. Dafür wurde im Luschniki-Stadion ein großes Fest gefeiert. Die Rede Putins war zuvor groß angekündigt worden.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/rts