Bedingungen für Diplomatie Selenskyj spricht von "schwieriger Situation"
05.11.2023, 19:38 Uhr Artikel anhören
"Wir sind nicht bereit, dem verdammten Terroristen Putin unsere Freiheit zu geben", erklärt Selenskyj.
(Foto: picture alliance / Photoshot)
In einer schwierigen Phase der US-Unterstützung gibt Ukraines Staatschef Selenskyj NBC ein Interview. Darin spricht er über Bedingungen für Verhandlungen und die Überlegenheit der russischen Luftwaffe. Die Bürger in der Heimat ruft er derweil zum Durchhalten auf.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist "nicht bereit" zu Gesprächen mit Moskau, solange die russischen Truppen nicht aus seinem Land abziehen. Die USA wüssten, "dass ich nicht bereit bin, mit den Terroristen zu sprechen, denn ihr Wort ist nichts, sie wollen nur zerstören und töten", sagte er dem US-Sender NBC. "Sie müssen unser Territorium verlassen, erst dann kann die Welt die Diplomatie einschalten." Die Ukraine werde ihren Kampf gegen die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin fortsetzen. "Wir sind nicht bereit, dem verdammten Terroristen Putin unsere Freiheit zu geben."
In den USA bröckelt die Unterstützung der Ukraine in der Politik. Zwar brachte die Regierung um Präsident Joe Biden jüngst ein weiteres Militärhilfe-Paket auf den Weg. Doch ein Milliarden-Programm hängt im parlamentarischen Verfahren fest und hat wegen der Blockadehaltung der Republikaner kaum Aussicht auf Erfolg.
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Zum Stand des Krieges in der Ukraine sagte Selenskyj, sein Land sei in einer "schwierigen Situation". Es sei "kein Geheimnis, dass wir an der Frontlinie keine Luftabwehr haben". Deshalb kontrolliere Russland den Luftraum. "Wenn sie den gesamten Luftraum kontrollieren, können wir nicht schnell vorankommen, solange wir keine Luftabwehr haben."
"Gebt uns die Mittel"
"Wir brauchen eine bessere Luftverteidigung", sagte er weiter. "Gebt uns die Mittel, uns mit Russland am Himmel zu messen", erneuerte er indirekt seine Forderung nach Kampfflugzeugen aus westlicher Produktion. Daneben benötige die Ukraine noch Drohnen und Waffen zur Abwehr von Drohnen.
Sobald am Himmel eine Art Gleichgewicht hergestellt sei, könnten die ukrainischen Bodenstreitkräfte vorrücken. "Wir können nicht einfach angreifen wie die russischen Streitkräfte", sagte er und verwies auf die russische Taktik, Soldaten ohne Rücksicht auf eigene Verluste in den Kampf zu werfen. "Wir brauchen unsere Soldaten."
Die mehr als 1000 Kilometer lange Frontlinie zwischen den beiden Kriegsparteien hat sich seit fast einem Jahr kaum bewegt, obwohl die Ukraine im Juni eine Gegenoffensive gestartet hat, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Selenskyj trifft sich regelmäßig mit westlichen Staats- und Regierungschefs, um eine bessere Luftabwehr zu erhalten.
Aufruf zur Einheit im Land
In seiner allabendlichen Videoansprache rief der 45-Jährige derweil zur Einigkeit aller Ukrainer auf und appellierte an seine Landsleute, an ihr Land zu glauben. "An die Ukraine zu glauben bedeutet zu wissen, dass die Ukraine und die Ukrainer ihre Unabhängigkeit bewahren können, sie bewahren werden und sie zurückerhalten werden", sagte er. "Wir müssen die Ukraine schützen, und das werden wir - daran habe ich keinen Zweifel."
Allerdings müssten die Ukrainer dafür an einem Strang ziehen. "Aber genau wie nach dem 24. Februar (dem Beginn der russischen Invasion 2022) kann dies nur gemeinsam geschehen - und nur gemeinsam, in Einigkeit, in Sorge um den Staat, um die Menschen neben Ihnen, um die Ukrainer, wo immer sie sind." Das Wichtigste sei, die Einheit des Volkes zu bewahren. "Jede Woche sollte die Ukraine stärker machen, das ist ein Muss", sagte Selenskyj mit Blick auf weitere Kämpfe in den kommenden Monaten.
Darüber hinaus sprach er den Angehörigen der bei einer umstrittenen Zeremonie im Frontgebiet durch einen russischen Angriff getötet Soldaten sein Beileid aus. Die Soldaten hatten im Gebiet Saporischschja an einer Ehrung zum Tag der Artillerie teilgenommen, als russische Geschosse einschlugen. Das Internetportal "Ukrainska Prawda" berichtete von mehr als 20 Toten.
"Dies ist eine Tragödie, die hätte vermieden werden können", sagte Selenskyj. Inzwischen sei eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet worden, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. "Das Wichtigste ist, die volle Wahrheit über den Vorfall herauszufinden und zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt."
Quelle: ntv.de, jwu/dpa