
Knapp vier Wochen hat es gedauert, jetzt präsentieren Kanzler Scholz und die Minister Lindner und Habeck einen neuen Haushalt für das kommende Jahr. 17 Milliarden Euro sparen sie ein, außerdem wird im Klima- und Transformationsfonds gekürzt und umgestellt. Dabei sind einige Überraschungen.
Die Bundesregierung hat es doch noch geschafft, sich vor Weihnachten auf einen neuen Haushalt für das kommende Jahr zu einigen. Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner stellten am Mittag im Kanzleramt das Ergebnis ihrer wochenlangen Verhandlungen zu dritt vor.
17 Milliarden Euro werden durch ein Bündel an Maßnahmen eingespart, ohne dass dafür die Schuldenbremse ausgesetzt werden soll. Allerdings werde dennoch geprüft, so Scholz, diese noch einmal auszusetzen, um Zahlungen an die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal rechtlich abzusichern. Darüber wolle man auch mit den Unionsparteien sprechen. Es geht um Hilfen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Die Summe sei "nicht angetan, die Statik des Haushaltes zu gefährden", sagte FDP-Chef Lindner.
Außerdem wurde der Klima- und Transformationsfonds (KTF) neu aufgestellt, aus dem in den kommenden Jahren große Klimaschutz- und Industrieförderprojekte finanziert werden sollen. Dort seien 12,7 Milliarden Euro eingespart worden, sagte Lindner. Bis 2027 verringerten sich die geplanten Ausgaben um insgesamt 45 Milliarden Euro. Der Klima- und Transformationsfonds bleibe das zentrale Instrument des Bundes für den klimaneutralen Umbau des Landes, sagte Scholz. Er habe noch immer ein Gesamtvolumen von 160 Milliarden Euro.
Hilfen für die Ukraine sind von Einsparungen nicht betroffen. Es bleibt dabei, dass das Land für seinen Verteidigungskrieg gegen Russland Waffenlieferungen und Finanzhilfen in Höhe von 8 Milliarden Euro bekommen soll. Hinzu kommen demnach 6 Milliarden Euro für geflüchtete Ukrainer in Deutschland. Sollte sich die Lage aus welchen Gründen auch immer verschlechtern, werde man dem Bundestag einen "Überschreitungsbeschluss" vorlegen, sprich: die Schuldenbremse erneut aussetzen, um darauf reagieren zu können.
Scholz, Habeck und Lindner umrissen die konkreten Maßnahmen nur. Teils sickerten sie anderweitig durch. Hier wichtige Punkte:
- Ein eigentlich geplanter milliardenschwerer Zuschuss zu Entgelten für das Stromnetz wird gestrichen, erfuhr die dpa aus Koalitionskreisen. Strom dürfte dadurch teurer werden. Der Zuschuss betrug 5,5 Milliarden Euro und wurde bislang aus dem Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) finanziert. Der wird jedoch wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts geschlossen.
- Der CO2-Preis soll steigen und damit die Einnahmen des KTF erhöhen. Die CO2-Abgabe wird bei klimaschädlichen Emissionen fällig. Verbraucher zahlen sie beispielsweise über den Gas- oder den Spritpreis. Sie war nach den sprunghaft gestiegenen Kosten für Gas und Öl im vergangenen Jahr abgesenkt worden, soll nun aber wieder auf das ursprünglich von der Großen Koalition geplante Niveau steigen. Wie viel Geld das genau bringt, wurde nicht gesagt.
- Klimaschädliche Subventionen sollen in Höhe von drei Milliarden Euro abgebaut werden. Lindner nannte hier nur die Plastikabgabe, die allein 1,4 Milliarden Euro bringen soll. Konkreter wurde in diesem Punkt keiner der drei Politiker. Nach dpa-Informationen soll künftig auch eine Kerosinsteuer auf Inlandsflüge erhoben werden. Das könnte Schätzungen zufolge mehrere Hundert Millionen Euro einbringen.
- Mehrere Ministerien stimmten Etat-Kürzungen zu, namentlich die Ressorts Verkehr, Umwelt und Arbeit. Soziale Standards würden nicht abgesenkt, sagte Lindner. Aber durch mehr "Treffsicherheit" hätten 1,5 Milliarden Euro bei Arbeit und Soziales eingespart werden können.
Habeck: "Das tut mir weh"
Scholz sagte, die wichtigste Botschaft sei es, dass die Regierung an ihren Zielen festhalte. Er nannte drei: den klimaneutralen Umbau der Gesellschaft, die Stärkung des sozialen Zusammenhaltes und weiterhin eng an der Seite der Ukraine zu stehen. Habeck betonte, die wichtigen Projekte des KTF zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und Dekarbonisierung der Industrie blieben bestehen. Auch die hohen Subventionen für die Chipfabriken in Sachsen und Sachsen-Anhalt seien gesichert, hieß es aus der SPD. Dagegen soll Förderung für E-Autos und Solarzellen gestrichen werden. "Das tut mir weh", sagte Habeck dazu.
Ein neuer Haushalt war nach dem spektakulären Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November zum zweiten Nachtragshaushalt 2021 notwendig geworden. Deswegen mussten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro aus dem KTF gestrichen werden. Auch für das laufende Jahr musste ein Nachtragshaushalt erstellt werden und rückwirkend die Schuldenbremse ausgesetzt werden. Lindner hatte deutlich gemacht, dass die Haushaltslücke über 17 Milliarden Euro nicht vollständig dadurch zustande gekommen sei. 3 Milliarden seien durch die Senkung der Stromsteuer hinzugekommen, 6 Milliarden durch eine Erhöhung des Bürgergeldes.
Eigentlich wollte die Ampel-Regierung den Etat 2024 unbedingt noch vor Jahresende beschließen. Schon in der vergangenen Woche war aber klar, dass das wegen Beratungszeiten von Bundestag und Bundesrat nicht mehr gelingen wird. Nun könnte möglicherweise zumindest der Haushaltsausschuss des Bundestags seine Beratungen vor Weihnachten abschließen. Das hängt aber vom genauen Umfang der Änderungen am Etat ab. Im Januar könnte der Bundestag dann zur Haushaltswoche zusammenkommen und das Zahlenwerk beschließen, danach der Bundesrat grünes Licht geben.
So lange würde eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.
Quelle: ntv.de, mit dpa