"Echter islamistischer Selbstmordanschlag" Syrer zündet Bombe in Ansbach
25.07.2016, 06:36 UhrAm späten Sonntagabend verletzt eine Explosion im mittelfränkischen Ansbach zwölf Menschen zum Teil schwer. Später wird klar, es war ein Sprengsatz und der Getötete der Täter. Der Mann war der Polizei bekannt und wegen Suizidversuchen in medizinischer Behandlung.
Nach dem Bombenanschlag im fränkischen Ansbach untersuchen die Ermittler, ob es die Tat eines islamistischen Terroristen gewesen ist. Der mutmaßliche Täter sei ein 27-jähriger Flüchtling aus Syrien gewesen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in Ansbach. "Meine persönliche Einschätzung ist, dass ich es leider für sehr naheliegend halte, dass hier ein echter islamistischer Selbstmordanschlag stattgefunden hat", so Herrmann. Bei der Explosion gegen 22 Uhr vor dem Eingang zu einem Musikfestival mit 2500 Besuchern wurden 12 Menschen verletzt, drei davon schwer. Der Attentäter wurde getötet. Michael Schrotberger, der zuständige Staatsanwalt erklärte, es werde wegen Mordversuchs in zwölf Fällen ermittelt.
Auf die Frage, ob der Täter im Zusammenhang mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe, sagte Herrmann: "Es ist dies auf jeden Fall nicht auszuschließen." Konkrete Hinweise auf den IS gebe es allerdings noch nicht. Herrmann sagte: "Die offensichtliche Absicht, mehr Menschen zu töten, weist zumindest auf einen islamistischen Hintergrund hin." Der Täter war nach Angaben des Ministers wegen zweier Suizidversuche in Ansbach in medizinischer Behandlung gewesen. Polizeipräsident Fertinger berichtete, der Mann sei wegen Drogen- und Nötigungsdelikten polizeibekannt. Eine Sonderkommission prüfe nun, ob er Verbindungen ins islamistische Milieu gehabt haben könnte. Wegen politisch radikaler Ansichten sei er den Behörden jedoch nicht aufgefallen.
Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger erklärte, der 27-Jährige habe den Sprengsatz in einem Rucksack gehabt. "Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben", sagte Fertinger. Er sei am Eingang aber abgewiesen worden, weil er keine Eintrittskarte hatte. Es werde geprüft, ob es sich um eine Nagelbombe handle. Auf die Frage, ob die Zündung eines mit Metallteilen gespickten Sprengsatzes nicht auf einen Selbstmordanschlag hindeute, sagte Polizeipräsident Fertinger: "Das ist nicht von der Hand zu weisen." Es sei aber noch "zu früh", eine derartige Bewertung vorzunehmen.
"Das ist ungeheuerlich"
In Ansbach sorgte die Explosion für einen Großeinsatz der Polizei, die mit 200 Kräften anrückte. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit 350 Mann im Einsatz. Minister Herrmann sagte, es sei leider ein weiterer schlimmer Anschlag, der gerade die Besorgnis der Menschen weiter verstärken dürfte. Daher sei eine restlose Aufklärung der Tat wichtig, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen zu können. Der mutmaßliche Täter sei vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt. Der Antrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, der Flüchtling sei seitdem geduldet gewesen. Er sei entsetzt, dass der Asylschutz menschenverachtend missbraucht werde, sagte der CSU-Politiker. "Das ist ungeheuerlich." Es müsse alles unternommen werden, dass derartiges Verhalten nicht weiter um sich greife.
Die Polizei kann nicht ausschließen, dass der Täter radikalisiert war. Das müsse aber erst geprüft werden, sagte Polizeivizepräsident Fertinger. Man müsse nun herauszufinden, mit wem der Täter kommuniziert habe, erläuterte Staatsanwalt Michael Schrotberger. Die komplette Altstadt von Ansbach, das rund 40.000 Einwohner hat, war am späten Abend abgeriegelt, Anwohner konnten zunächst nicht zurück in ihre Häuser. Das Open-Air-Konzert wurde abgebrochen, die Besucher verließen den Veranstaltungsort. Bei den "Ansbach Open 2016" sollten am Sonntag die deutschen Pop-Sänger Joris, Philipp Dittberner und Gregor Meyle auftreten.
Noch in der Nacht lief die Personenabklärung weiter. Unklar ist noch, in welchem Umfeld sich der 27-Jährige bewegte und woher er den Sprengstoff hatte. In der Nacht wurden noch Spuren gesichert. Es gebe bei einer Explosion eine große Streuung. Jedes Partikel könne zur Aufklärung beitragen. Es gebe Hinweise, dass in dem Sprengsatz Metallteile verwendet wurden. Jetzt müsse man klären, woher genau diese stammen. Die Metallteile glichen solchen, die in der Holzindustrie verwendet werden.
Quelle: ntv.de, jve/dpa/AFP