Politik

Nach Wochen der Belagerung Taliban erobern Kundus

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Afghanische Sicherheitskräfte im Einsatz.

(Foto: picture alliance / AA)

Nach heftigen Kämpfen besetzen die Taliban mit Kundus eine weitere Großstadt in Afghanistan. Dort war bis 2013 die deutsche Bundeswehr stationiert. Nun sind alle wichtigen Gebäude unter Kontrolle der Islamisten. Auch Sar-i Pul im Norden des Landes geht an die Miliz.

Die nordafghanische Provinzhauptstadt Kundus ist von den radikalislamischen Taliban erobert worden. "Kundus ist gefallen. Die Taliban haben alle wichtigen Gebäude der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht", berichtete ein AFP-Korrespondent vor Ort. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bestätigten drei Provinzräte sowie ein Bewohner die Eroberung. Zuvor waren heftige Kämpfe aus dem Zentrum der Großstadt gemeldet worden.

Die Stadt wurde seit Wochen von den Taliban belagert. In den vergangenen zwei Tagen hätten die Islamisten ihre Angriffe intensiviert, sagten die Provinzräte. Abgesehen von einer Militärbasis rund drei Kilometer vom Stadtzentrum und dem Flughafen kontrollierten die Taliban nun die ganze Stadt. Dorthin seien Regierungsvertreter geflüchtet. Die Menschen in Kundus, das 370.000 Einwohner zählt, hätten weder Wasser noch Essen. Sie hielten sich in ihren Häusern versteckt. Seit 2015 fiel die Stadt bereits dreimal in die Hände der Islamisten.

Kundus ist die dritte Provinzhauptstadt binnen 48 Stunden, die die Taliban einnehmen konnten. Während des Krieges in Afghanistan war die Bundeswehr rund ein Jahrzehnt lang in der Stadt stationiert. Von 2003 bis 2013 überwachten deutsche Soldaten vom Feldlager Kundus aus die Sicherheit im Norden des Landes. Hier lieferten sich deutsche Soldaten stundenlange Gefechte mit den Taliban. Nirgendwo in Afghanistan fielen mehr Deutsche als in Kundus und der Nachbarprovinz Baghlan. Im Vorjahr waren im "Camp Pamir" noch etwa 100 deutsche Soldaten stationiert.

Auch Provinzhauptstadt Sar-i Pul ist besetzt

Im Norden des Landes eroberten die Taliban zudem die Provinzhauptstadt Sar-i Pul in der gleichnamigen Provinz. Das bestätigten die Provinzräte Asadullah Churam und Mohammed Nur Rahmani der Deutschen Presse-Agentur. Den Behördenvertretern zufolge haben die Taliban in Sar-i Pul nun die wichtigsten Regierungsgebäude unter ihrer Kontrolle. Alle Vertreter der Regierung hätten sich in eine Militärbasis rund einen Kilometer vom Zentrum der Stadt zurückgezogen, die belagert sei. Die Taliban würden Mörsergranaten auf die Basis feuern. Sar-i Pul hat geschätzt 180.000 Einwohner.

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Die afghanischen Streitkräfte kämpfen seit dem Abzug der internationalen Truppen an zahlreichen Fronten gegen die Taliban. Die radikalislamische Miliz kontrolliert bereits weite Teile der ländlichen Regionen und verstärkt nun den Druck auf Provinzhauptstädte wie Herat nahe der Grenze zum Iran sowie Laschkar Gah und Kandahar im Süden. Zuletzt eroberten die Islamisten zwei Provinzhauptstädte: Scheberghan in der nordafghanischen Provinz Dschausdschan und die im Südwesten gelegene Hauptstadt der Provinz Nimrus, Sarandsch.

Das Auswärtige Amtes sieht eine zunehmende Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan. Nach der Übernahme der Provinzhauptstadt Kundus durch die Taliban sagte ein Ministeriumssprecher. Die Situation entwickle sich rasant. Bereits in der Vergangenheit sei der so genannte Asyllagebericht aktualisiert worden, falls dies erforderlich war. "Auch mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen wird derzeit eine Aktualisierung des Asyllageberichts vorbereitet."

Quelle: ntv.de, mbe/AFP/dpa

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