Siegesparade ab nächster Woche? Trump könnte Kandidatur schon in der Tasche haben


Auf dem Weg zur Revanche? Donald Trump.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Wer dachte, Donald Trump wäre angreifbar, der hat sich allem Anschein nach getäuscht. Der Ex-US-Präsident dominiert in der republikanischen Wählerschaft wie in der Partei. Schon kommenden Dienstag könnte das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur gelaufen sein.
Es fehlt nicht mehr viel. Nach all den Fernsehdebatten, Analysen, Warnungen und Was-Wenns hat Donald Trump das getan, was ihm am meisten gefällt: Er hat gewonnen. Beim Vorwahlauftakt im bitterkalten Bundesstaat Iowa rollte er mit Volldampf über seine Mitbewerber um die republikanische Kandidatur hinweg. Der Ex-Präsident vereinte mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich. Nur ein Wahlkreis entschied sich mehrheitlich für Nikki Haley. Ihr Vorsprung dort: eine Stimme. Ron DeSantis konnte Trump nichts anhaben, Vivek Ramaswamy auch nicht; der Unternehmer stieg noch in der Nacht aus und versicherte dem Sieger seine Nibelungentreue.
Nach der nächsten Vorwahl am kommenden Dienstag in New Hampshire könnte Trump seine Kandidatur schon so gut wie in der Tasche haben. Schon der bisherige Wahlkampf war für den Ex-Präsidenten ein Spaziergang. Er schwänzte die TV-Runden mit anderen Bewerbern, der sonst so Angriffslustige ignorierte sie auch sonst weitestgehend und arbeitete sich lieber an seinem Antagonisten im Weißen Haus ab: Joe Biden hier, Joe Biden dort. Damit tat er offensichtlich genau das, was die republikanischen Wähler erwarteten.
Gewinnt Trump auch in New Hampshire, einem deutlich weniger konservativen Bundesstaat, wäre er der erste republikanische Bewerber seit den 1970er-Jahren, der die ersten beiden Vorwahlen gewinnt. In Umfragen liegt er knapp 13 Prozent vor Haley. Bis zur offiziellen Nominierung im Juli würde es nach einem weiteren Erfolg wohl eine Siegesparade. Im November träte er aller Voraussicht nach als Neuauflage des Duells von 2020 gegen Amtsinhaber Biden von den Demokraten an. Erst einmal in der Geschichte der USA trat ein vormaliger Präsident nach einer Pause ein zweites Mal an - und gewann.
Überraschung nötig - jetzt oder nie
Haley oder DeSantis bräuchten einen Überraschungserfolg am Dienstag, und danach eine unterstützende Allianz, um irgendwie gegen den nahezu unangreifbaren Trump ankommen zu können. Haley schneidet in Umfragen nirgendwo so gut ab wie im Bundesstaat an der Ostküste, was vor allem an gemäßigteren und unabhängigen Wählern liegt. Selbst im darauffolgenden South Carolina, dessen Gouverneurin sie war, hat sie gegen Trump das Nachsehen. Der Ex-Präsident liegt dort 30 Prozent vorn. In weiteren konservativen Gegenden sieht es ähnlich oder noch düsterer für sie aus.
Die Vorwahlbefragungen in Iowa geben Hinweise darauf, wie die konservative Wählerschaft sich mit Trump arrangiert. Zwei Drittel glauben, Biden sei 2020 nicht legal gewählt worden, ähnlich wie in nationalen Umfragen. Bei Trumps Wählern in Iowa sind es mehr als 90 Prozent, obwohl das Gegenteil eindeutig belegt ist. Mehr als 70 Prozent nannten die Wirtschaft und Einwanderung als wichtigste Angelegenheit dieser Wahl, und die meisten wählten Trump. Rund 80 Prozent derer, die sagten, sie wollten "einen Kandidaten, der für Leute wie mich kämpft", beabsichtigten Trump zu wählen. "Charakter und Pragmatismus traten deutlich in den Hintergrund", analysiert die "Washington Post": "Trump profitierte davon."
In New Hampshire wird Haley womöglich der Rückzug von Chris Christie zugutekommen, der eine ähnliche Wählerschaft vertrat. Doch Ramaswamys Rückzug könnte zugleich Trump mehr Stimmen verschaffen. DeSantis hat laut US-Medien bereits finanzielle Sorgen, seinen Wahlkampf noch weiterzuführen. New Hampshire ist nicht sein Pflaster; er hat sich als Kronprinz von Trumps Parteiflügel positioniert. Seine Hoffnung ist, dass der Ex-Präsident von seinen Gerichtsprozessen mit insgesamt 91 Anklagepunkten irgendwie noch aufgehalten wird.
Vize-Frage offen
Bliebe noch die Frage, wer Trumps Vize werden könnte. Er selbst sagte, er wisse es schon, verrate es aber nicht. DeSantis hatte bereits öffentlich ausgeschlossen, dass er sich zur Verfügung stellt, aber wer weiß, ob er daran festhält. Ramaswamy sagte, er sei "niemand, der andere Überzeugungen als meine eigenen vertreten kann". Dies dürfte ihn für die Position disqualifizieren. Im Hinblick auf November wäre von den verbliebenen Bewerbern wahltaktisch wohl Haley sinnvoll. Trump hatte 2020 auch wegen der Wählerinnen in den Vorstädten verloren, die gegen ihn und für Biden trommelten.
Doch Haley vertritt insbesondere in der Außenpolitik andere Überzeugungen. Sie hält etwa eine unverbrüchliche Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland für einen geopolitischen Schlüssel und die internationalen Organisationen wie Vereinte Nationen und NATO für wichtige Instrumente für US-Interessen. Trump steht all dem äußerst skeptisch gegenüber. Ob Haley sich Trump noch einmal unterordnen will - so wie in ihrer Zeit als Botschafterin bei den UN -, ist eine andere Frage. Aber zunächst einmal richten sich die Augen bis Dienstag auf New Hampshire.
Quelle: ntv.de