Gerichtstermin in Washington Trump muss auf die große Show verzichten
04.08.2023, 07:44 Uhr Artikel anhören
Erneut steht der ehemalige US-Präsident Trump in diesem Jahr vor Gericht. Er kennt den Ablauf - und weiß auch, dass er in der politischen US-Hauptstadt Washington keine große PR-Nummer abziehen kann. Er versucht trotzdem, den großen Medienauflauf für sich zu nutzen.
Donald Trump wollte zwar zurück nach Washington, aber erst 2024, als Sieger der nächsten Präsidentschaftswahl. Jetzt landet die "Trump Force One", wie sein Flugzeug genannt wird, schon früher am Regional-Flughafen Ronald Reagan. Dann folgt ein Moment, der ihn an alte Zeiten erinnert haben dürfte: Die Polizei von Washington eskortiert ihn durch die Bundeshauptstadt. Nur, dass die Wagenkolonne deutlich weniger Autos umfasst und er nicht im "Beast", der Limousine des Präsidenten, sitzt.
Wäre man durch die Trump-Jahre nicht schon abgestumpft, müsste man erst einmal Worte finden, für das, was hier am Donnerstag im Bundesgericht in Washington passiert. Der Ex-Präsident wird beschuldigt, das demokratische System unterlaufen zu haben - während seiner Amtszeit. Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, das eigene Land. Auf 45 Seiten sind die Vorwürfe in der Anklage niedergeschrieben.
Im Gerichtssaal angekommen, muss Trump erstmal warten. Ruhig sitzt er zwischen seinen Anwälten, tippt gelegentlich mit dem Stift auf den Notizblock. Trump weiß, wie das läuft, er hatte schon zwei Anklageverlesungen in diesem Jahr. Kurz nach 16 Uhr betritt Richterin Tanya Chutkan den Saal. Den Angeklagten begrüßt sie mit Mr. Trump - nicht Präsident Trump. Das kann als Signal gedeutet werden, denn in Amerika ist es üblich, dass auch Präsidenten, die nicht mehr im Amt sind, den Titel weiterhin führen und damit angeredet werden. Sie fragt ihn, ob er die 45 Seiten noch einmal verlesen bekommen möchte. Nein, antwortet Trump und plädiert auf "nicht schuldig".
Die Show findet vor dem Gerichtssaal statt
Richterin Chutkan muss am Donnerstag beurteilen, ob der 45. Präsident der Vereinigten Staaten in Untersuchungshaft muss. Sie entscheidet sich dagegen, da keine Fluchtgefahr bestehe. Den ersten Anhörungstag setzt sie für den 28. August fest, fünf Tage nach der ersten Debatte unter allen republikanischen Bewerbern für den Präsidentschaftswahlkampf.
Chutkan wird am Ende des Prozesses das Urteil über Trump verlesen, das eine Jury zuvor fällen wird. Sie wurde unter 20 Bundesrichtern per Losverfahren bestimmt. Die 61-Jährige wurde 2014 vom damaligen Präsidenten Barack Obama als Bundesrichterin ernannt, der Senat hatte sie zuvor ohne Gegenstimme bestätigt. Doch Trumps Leute werfen ihr schon jetzt Parteilichkeit vor. Chutkan hat bereits einige Verfahren im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol geleitet und am Ende mehrfach härtere Urteile gefällt, als die Staatsanwaltschaft forderte. Trumps Anwaltsteam forderte deshalb die Verlegung des Prozesses, um einem harten Urteil zu entkommen. Bisher ohne Aussicht auf Erfolg.
Wie bei den anderen Anklageverlesungen weiß Trump auch diesmal, dass die Show nicht im, sondern vor dem Gerichtssaal stattfindet. Videos und Tonmitschnitte sind bei Verhandlungen vor Bundesgerichten verboten. Lediglich Zeichnungen gibt es von diesem Termin. Nur hat Trump in der politischsten Stadt der USA ein Problem: Außerhalb des Gerichtsgebäudes in Washington warten kaum Fans, wenn auch einige Medienvertreter.
"Traurig, durch diese Stadt zu fahren"
In Miami in Florida vor einigen Wochen war das anders: Florida ist der Bundesstaat, in dem Trump lebt. Und um den Medien Bilder zu liefern, stoppte er dort nach einem Gerichtstermin im Café Versailles, einem lateinamerikanischen Restaurant, und rief: Freies Essen für alle. Weil kein TV-Sender wusste, was dort noch passieren würde, sendeten es alle live. Es war die perfekte Werbung für Trump. Der 77-Jährige machte Selfies mit seinen Fans und wurde bejubelt.
In Washington ist das nun anders. Trump wird nach dem Gerichtstermin direkt zum Flughafen eskortiert. Große Bilder gibt es keine. Die Gruppe seiner treuen Anhänger ist klein und offensichtlich bietet sich auch kein Café für einen Zwischenstopp an.
Trump will aber trotzdem mit einer eigenen Reaktion in den Abendnachrichten auftauchen. Also gibt er am Flughafen noch schnell ein Statement ab, bevor sein Flieger wieder abhebt und sagt: "Es ist traurig, durch diese Stadt zu fahren und den Dreck und den Zerfall zu sehen, all diese kaputten Gebäude, diese Graffitis. Das ist nicht der Ort, wie ich ihn verlassen habe." Rückfragen lässt er keine zu, stattdessen marschiert er durch den Regen zum Flugzeug und hebt wenig später ab. Zurück in seinen Golfclub nach New Jersey. Zum Prozess selbst sagt er nur so viel: "So was hätte es in Amerika nie geben dürfen."
Quelle: ntv.de