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Stromleitungen beschädigt Betreiber nimmt AKW Saporischschja vom Netz

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Der Betreiber hat auch die letzten beiden Blöcke des Saporischschja vom Netz genommen.

(Foto: picture alliance/dpa/Maxar Technologies/AP)

Seit Wochen steht das Atomkraftwerk Saporischschja im Zentrum von Kampfhandlungen. Russland und die Ukraine werfen einander vor, die Anlage zu beschießen. Nach Schäden an Leitungen nimmt der Betreiber die Anlage nun komplett vom Netz. Die Sicherheitssysteme arbeiteten aber weiter.

Die beiden noch verbliebenen Reaktorblöcke des AKW Saporischschja wurden dem Betreiber des Kernkraftwerks zufolge vom Netz genommen. Grund seien Brandschäden an Stromleitungen, teilt Enerhoatom mit. Dies sei "das erste Mal in der Geschichte der Anlage" geschehen. Es werde daran gearbeitet, die beiden Reaktoren wieder an das Netz anzuschließen. Das Sicherheitssystem des AKW funktioniere. Eine Abkoppelung vom Stromnetz gefährdet nach Einschätzung von Experten allerdings die zwingend notwendige Kühlung der Reaktoren. Enerhoatom vermutet, dass Russland Saporischschja an das Stromnetz der Krim anschließen will.

Durch Brände in Aschegruben in einem angrenzenden Wärmekraftwerk sei die letzte noch verbliebene Anschlussleitung zwischen dem AKW und dem ukrainischen Stromnetz unterbrochen worden, teilte Energoatom weiter mit. Drei weitere Leitungen seien bereits zuvor "durch terroristische Angriffe" der russischen Seite beschädigt worden. Es werde derzeit versucht, zumindest einen Reaktor wieder ans Netz zu bringen. Ukrainische Techniker arbeiten in Saporischschja unter russischer Kontrolle.

Die Stromversorgung des AKW selbst sei über das Wärmekraftwerk weiterhin gewährleistet, erklärte das ukrainische Energieunternehmen. Die permanente Stromversorgung ist nach Angaben von Experten für die Sicherheit von Atomkraftwerken essenziell - auch im ausgeschalteten Zustand, denn auch dann müssen diese Anlagen gekühlt werden.

Später teilten die russischen Besatzer mit, einer von beiden Blöcke sei bereits wieder am Netz. Sie hätten nur vorübergehend heruntergefahren werden müssen, nachdem aufgrund von ukrainischem Beschuss ein Feuer ausgebrochen sei, schrieb der Besatzungschef der Region, Jewgeni Balizki, auf Telegram. Die Angaben beider Seiten waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

In den von Russland besetzten Teilen der Südukraine rund um das Atomkraftwerk war es zwischenzeitlich zu einem massiven Stromausfall gekommen. "Heute ist die Stadt infolge feindlichen Beschusses komplett ohne Strom und Wasser", teilte der in den ukrainisch kontrollierten Landesteil geflohene Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, bei Telegram mit. Gut eine Stunde später informierte Orlow über die schrittweise Wiederherstellung der Stromversorgung in der Kleinstadt, in der das AKW liegt.

Die von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden des Gebiets wiederum teilten mit, die Großstadt Melitopol sei nach etwa anderthalb Stunden Unterbrechung wieder mit Strom versorgt worden. Es habe ein Feuer und einen Kurzschluss an Hochspannungsleitungen gegeben, hieß es. Zu den Ursachen wurden keine konkreten Angaben gemacht. Auch im benachbarten Gebiet Cherson informierten die Besatzungsbehörden ohne Angabe von Gründen über den Stromausfall und kündigten an, die Elektrizitätsversorgung solle bald wiederhergestellt werden.

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Seit Wochen werfen sich Russland und die Ukraine gegenseitig den Beschuss von Europas größtem Atomkraftwerk vor, das die Russen Anfang März erobert haben. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben beider Seiten oft nicht. Die Anlage, die sich nicht weit von der von Russland annektierten Halbinsel Krim befindet, verfügt über insgesamt 6 der 15 Reaktoren der Ukraine. Sie können vier Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

Der staatliche ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom hat den russischen Besatzern schon mehrfach vorgeworfen, einen Anschluss der Gebiete an das russische Stromnetz vorzubereiten. Der Beschuss von Hochspannungsleitungen sei dabei ein Ablenkungsmanöver, um zuerst die besetzten Gebiete stromlos zu machen und sie dann schrittweise mit dem russischen Netz zu synchronisieren.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP

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