Politik

Berichte von Vergewaltigungen Ukraine: Gezielte Gewalt gegen Frauen und Mädchen

In einem Luftschutzkeller in Mariupol hält eine Frau ein Baby im Arm.

In einem Luftschutzkeller in Mariupol hält eine Frau ein Baby im Arm.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die russischen Truppen haben nach ihrem Abzug aus der Region Kiew ein Bild des Grauens hinterlassen. Über Vergewaltigungen und nackte Frauenleichen am Straßenrand wird berichtet. Menschenrechtler gehen davon aus, dass Moskau die Kriegsverbrechen seiner Soldaten mindestens duldet.

Ukrainische Politiker werfen den vor gut fünf Wochen einmarschierten russischen Truppen gezielte Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor. Der Parlamentsabgeordnete Olexij Gontscharenko berichtete in einem auf Twitter veröffentlichten Video von nackten Frauenleichen, die unweit von Kiew am Straßenrand gefunden worden seien. "Sie verstehen, was passiert ist", sagte er - und deutete damit offensichtlich Vergewaltigungen an.

Die Russen hätten versucht, die Leichen der Frauen zu verbrennen, sagte Gontscharenko weiter. Das ließ sich zunächst nicht überprüfen. Im Ort Irpin unweit von Kiew seien Frauen und Mädchen erschossen worden, sagte Bürgermeister Olexander Markuschyn der Deutschen Welle. "Dann sind sie mit Panzern überfahren worden." Von russischer Seite gab es zunächst keine Reaktion zu den Vorwürfen.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte in einer auf Twitter veröffentlichten Videobotschaft zu den berichteten Gräueltaten, je schneller die ukrainische Armee die von Russland besetzen Gebiete "befreien" könne, desto mehr würden die Menschenrechte dort gewahrt: "Frauen werden nicht vergewaltigt. Kinder werden nicht mitansehen müssen, wie ihre Mütter vergewaltigt werden. Zivilisten werden nicht getötet." Er fügte hinzu, sein Land brauche daher Unterstützung. "Wir brauchen Waffen - jetzt."

Kriegsverbrechen "zumindest geduldet"

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentierte in einem Bericht über russische Kriegsverbrechen in der Ukraine neben Fällen von Hinrichtungen und Plünderungen auch Vergewaltigungen. Demnach berichtete eine 31-Jährige, dass sie mehrmals von einem Soldaten in einer Schule in der Region Charkiw vergewaltigt worden sei, wo sie und ihre Familie am 13. März Zuflucht gefunden hatten. Sie gab an, der Mann habe sie geschlagen und ihr mit einem Messer in Gesicht, Hals und Haare geschnitten. Er habe sie unter anderem zum Oralsex gezwungen, schilderte die Frau. "Die ganze Zeit hielt er dabei eine Pistole an meine Schläfe. Zweimal schoss er in die Decke und sagte, das sei, um mich mehr zu motivieren."

Nach Einschätzung von Human Rights Watch sind Kriegsverbrechen gegen Zivilisten in der Ukraine keine Ausnahmen und werden von der russischen Armee offenbar geduldet. "Einzelfälle sind das bestimmt nicht", sagte der Deutschland-Direktor der Organisation, Wenzel Michalski, am Abend in der ARD. Er wies auf Tötungen, Vergewaltigungen und den Beschuss ziviler Wohnblöcke hin. "Das deutet eigentlich darauf hin, dass zumindest Kriegsverbrechen geduldet werden. Vielleicht ist das nicht systematisch geplant. Allerdings: Der Beschuss ziviler Wohngegenden und die Benutzung von geächteten Waffen deuten darauf hin, dass man das in Kauf nimmt und mit als Kriegstaktik benutzt."

Michalski forderte eine von den Vereinten Nationen mandatierte Untersuchungskommission. Wichtig sei, dass die Toten jetzt nicht begraben würden, um keine Beweise zu vernichten. "Wir fordern von der russischen Regierung, dass diese Verbrechen untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte er weiter, gab sich aber nicht zuversichtlich, dass dies geschehen wird.

Quelle: ntv.de, chf/dpa

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