Armutskonferenz in Berlin Verbände fordern Kampf gegen Frauenarmut
16.10.2017, 15:20 Uhr
Sowohl junge als auch ältere Frauen sind deutlich stärker von Armut betroffen als Männer.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wohlfahrtsverbände und Organisationen schlagen Alarm: Frauen sind stärker armutsgefährdet als Männer. Die Nationale Armutskonferenz ruft dazu auf gegenzusteuern. Nötig seien mehr Vollzeitjobs und gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.
Angesichts eines hohen Armutsrisikos für Frauen fordern Sozialverbände und Gewerkschaften die Politik zum Gegensteuern auf. Sowohl in jungen Jahren als auch im Alter seien Frauen deutlich stärker armutsgefährdet als Männer, mahnte die Nationale Armutskonferenz in Berlin. Die Armutskonferenz ist ein Bündnis von Gewerkschaften, Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege und Selbsthilfeorganisationen.
Die Gründe für die stärkere Armutsgefährdung von Frauen seien vielfältig, laut Sprecherin Barbara Eschen. "Sie kümmern sich um die Kinder, sie pflegen altgewordene Angehörige, sie wirken ehrenamtlich mit in der Kita oder Schule, im Sport oder in sozialen Initiativen." So brächten Frauen über die Hälfte mehr Zeit ohne Bezahlung in die Sorgearbeit ein als Männer. "Als Dank ernten sie schlechte Rückkehrchancen in den Beruf, prekäre Arbeitsverhältnisse und deutlich geringere Renten."
Erziehung und Pflege darf keine Ursache für Armut sein
Die Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz kritisierte, dass es in Deutschland kein Recht auf eigenständige Existenzsicherung für Frauen gebe. "Die Tatsache, dass Arbeitsmarkt-, Familien-, Wohnungsbau- und Sozialpolitik immer noch an einem Familienmodell orientiert sind, das einen Haupternährer und eine Zuverdienerin vorsieht, verdrängt Frauen aus dem regulären Arbeitsmarkt in prekäre oder unbezahlte Beschäftigungsverhältnisse."
Somit plädieren die Verbände für einen "angemessenen Familienlastenausgleich" im Steuer-, Sozial- und Familienrecht. Das Ehegattensplitting müsse durch eine Individualbesteuerung mit einem übertragbaren Grundfreibetrag ersetzt und eine neue bedarfsdeckende einheitliche Geldleistung für alle Kinder geschaffen werden.
Zudem fordert die Nationale Armutskonferenz mehr Vollzeitjobs für Frauen und gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Berufe, in denen vorwiegend Frauen arbeiteten wie im Einzelhandel oder im Sozial- und Gesundheitswesen, müssten zudem dringend finanziell aufgewertet werden. Darüber hinaus dürfe die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen nicht länger Ursache für Armut sein. Hintergrund der Forderungen ist der internationale Tag zur Beseitigung von Armut am morgigen Dienstag.
Quelle: ntv.de, hny/dpa/AFP