Welt am Abgrund Viele Deutsche befürchten Atomkrieg
05.12.2017, 16:30 Uhr
Atomtest auf Mururoa. Das Atoll ist als französisches Atomwaffentestgelände bekannt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach dem Kalten Krieg scheint die Gefahr eines Atomkriegs schon fast überwunden zu sein. Jetzt steigt sie wieder - und weckt offenbar auch in der Bevölkerung neue Ängste. Dennoch boykottiert die Bundesregierung Verhandlungen zum Verbot von Atomwaffen.
Jeder dritte Deutsche hält einen Atomkrieg in den nächsten zehn Jahren für wahrscheinlich. In einer YouGov-Umfrage für die Deutsche Presse-Agentur vertraten 32 Prozent diese Auffassung. Nur 13 Prozent halten ein solches Szenario für ausgeschlossen. 41 Prozent meinen, ein Atomkrieg sei nicht wahrscheinlich. Die Beteiligung Deutschlands an der nuklearen Streitmacht der Nato wird von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. 61 Prozent plädieren für den Abzug der in Deutschland verbliebenen US-Atombomben, nur 18 Prozent sind dagegen.
Die nukleare Bewaffnung hat in den vergangenen Jahren im Zuge des Nordkorea-Konflikts und der Ukraine-Krise wieder an Bedeutung gewonnen. Nach Expertenschätzung sind noch etwa 20 Atombomben auf dem Fliegerhorst der Bundeswehr im rheinland-pfälzischen Büchel stationiert. Im Ernstfall sollen sie von deutschen "Tornado"-Kampfjets abgeworfen werden. SPD-Chef Martin Schulz hat wie auch die Linke und die Grünen im Wahlkampf den Abzug der Waffen mit der vierfachen Sprengkraft der Bomben von Hiroshima gefordert. Eine Mehrheit der Befragten verlangt von der Bundesregierung auch die Unterzeichnung des UN-Vertrags zum Verbot von Atomwaffen. 55 Prozent sind dafür, 23 Prozent dagegen. Der Vertrag war im Juli von 122 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen beschlossen worden.
Alle Atommächte und fast alle Nato-Staaten inklusive Deutschland boykottierten die Verhandlungen. Die Bundesregierung begründet ihre Haltung damit, dass ein solcher Vertrag keinen Sinn ergibt, solange nicht alle Atommächte beitreten. Sie setzt auf eine schrittweise atomare Abrüstung auf anderen Wegen.
Das Anti-Atomwaffen-Bündnis Ican hat sich jahrelang für den Vertrag eingesetzt und erhält dafür an diesem Sonntag den Friedensnobelpreis. Ican forderte die Bundesregierung erneut auf, den Vertrag zu unterzeichnen. "Wir wollen, dass Deutschland wieder zur Abrüstungspolitik zurückkehrt", sagte Martin Hinrichs von Ican Deutschland. Man hoffe darauf, dass das Thema in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD eine Rolle spielen werde. Der Verbotsvertrag wird bisher sowohl von Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch von Außenminister Sigmar Gabriel abgelehnt.
Quelle: ntv.de, lri/dpa