Prigoschin geht nach Belarus Wagner-Chef und Söldner sollen nicht bestraft werden
24.06.2023, 21:55 Uhr Artikel anhören
Prigoschin darf nach Belarus ziehen, sagt der Kreml.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Weder Wagner-Chef Prigoschin noch seine Söldner sollen strafrechtlich belangt werden, teilt Putins Sprecher mit. Es sei ein Abkommen getroffen worden, um weitere Verluste zu vermeiden. Der Krieg gegen die Ukraine soll weitergehen.
Im Gegenzug für die Beendigung ihres Aufstands werden Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin und seine Kämpfer nach Angaben des Kremls nicht strafrechtlich verfolgt. Nach dem von Minsk vermittelten Rückzug der Wagner-Kämpfer werde Prigoschin sich nach Belarus begeben und müsse kein Strafverfahren in Russland fürchten, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Abend. Welche Rolle Progoschin künftig spielen soll, bleibt unklar.
Auch Prigoschins Söldner sollen demnach straffrei bleiben. "Niemand wird sie strafrechtlich verfolgen", sagte Peskow. "Wir haben immer ihre heldenhaften Taten an der Front respektiert." Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete auf Telegram, dass Wagner-Kämpfer, die sich geweigert hätten, an Prigoschins "Marsch" teilzunehmen, Verträge mit dem Verteidigungsministerium bekommen sollen.
Es war zunächst nicht klar, ob Prigoschin neben der Straffreiheit noch weitere Zugeständnisse gemacht oder in Aussicht gestellt wurden. Peskow sagte, ihm sei nicht bekannt, dass sich etwas an Putins Vertrauen in Verteidigungsminister Sergej Schoigu geändert habe. Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow waren die Hauptziele von Prigoschins Kritik an der russischen Militärführung. Laut Peskow seien Personalfragen nicht Gegenstand der Gespräche zur Beendigung des Aufstandes gewesen. Personelle Veränderungen im Verteidigungsministerium stünden allein in der Macht des russischen Präsidenten und Oberbefehlshabers der Streitkräfte, Wladimir Putin. "Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass diese Themen diskutiert wurden", so Peskow.
Am Freitagabend war der seit Langem schwelende Machtkampf eskaliert. Wagner-Kämpfer marschierten von der Ukraine aus mit dem Ziel nach Russland ein, die Militärführung in Moskau zu stürzen. Am Samstag drangen die Söldner nach Angaben der Regionalregierung bis in russische Region Lipezk rund 400 Kilometer südlich von Moskau vor. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte wegen des Aufstandes ein strafrechtliches Verfahren wegen "bewaffneter Meuterei" eingeleitet.
Krieg gegen die Ukraine soll weitergehen
Am Abend verkündete Prigoschin schließlich überraschend den Rückzug seiner Kämpfer, um ein Blutvergießen in Russland zu verhindern. Den Rückzug hatte der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko in Absprache mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgehandelt. Der Kreml dankte Lukaschenko in seiner Erklärung für seine Dienste als Vermittler und die Aushandlung einer "Lösung ohne neue Verluste". Die Vereinbarung mit Prigoschin habe "ein Blutbad verhindern" sollen, hieß es weiter. Womit sich Prigoschin künftig beschäftigen wird, konnte Peskow nicht sagen. Bisher verdiente der Geschäftsmann Milliarden durch Aufträge des russischen Machtapparats.
Zugleich betonte Peskow, der Aufstand der Wagner-Truppe beeinträchtige "keinesfalls" die russische Offensive in der Ukraine.
Prigoschin soll Waffen "seit einiger Zeit" gehortet haben
Unterdessen gehen US-Geheimdienste einem Bericht zufolge davon aus, dass Prigoschin bereits seit einiger Zeit Vorbereitungen für eine Aktion gegen die russische Militärführung getroffen hat. Der Chef der Söldnertruppe soll Waffen und Munition in der Nähe der Grenze zu Russland angehäuft haben, wie der Sender CNN unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen aus Geheimdienstkreisen berichtet. Das Ziel dieser Planungen sei aber unklar gewesen.
Anfang der Woche seien einige Kongressabgeordnete über die Beobachtungen informiert worden. Eine mit den Geheimdienstinformationen vertraute Person sagte dem US-Sender zufolge, dass "alles sehr schnell" gegangen sei und es schwierig zu erkennen gewesen sei, was Prigoschin plane.
Die US-Regierung äußerte sich zunächst nicht inhaltlich zu den Vorgängen in Russland und erklärte lediglich, dass US-Präsident Joe Biden über die Entwicklungen fortlaufend informiert werde. CNN zufolge handelte es sich dabei um eine bewusste Strategie, da Kremlchef Wladimir Putin jede wahrgenommene Beteiligung als Waffe einsetzen könnte. Biden reiste am Samstag nach Camp David, dem Landsitz der US-Präsidenten im US-Bundesstaat Maryland.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP