Gefahr abseits der Straßen Wetter in der Ukraine dürfte bald besser für Offensiven sein
21.04.2023, 10:39 Uhr Artikel anhören
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj inmitten seiner Militärs.
(Foto: IMAGO/APAimages)
Seit Wochen wird gerätselt: Wann beginnt die Ukraine ihre Gegenoffensive? Immerhin dürfte sich die Bodenbeschaffenheit in Kürze verbessern, wie das britische Verteidigungsministerium schreibt. Allerdings sehen die Experten eine andere Gefahr.
Die derzeitige Schlammperiode verlangsamt offenbar noch die militärischen Einsätze russischer und ukrainischer Truppen. Dies schreibt das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen auf Twitter. Die Auswirkung auf die ukrainische Offensive werde von russischer Seite aber überbewertet, um die eigene Moral zu heben, so die Briten.
"Die Bodenbeschaffenheit dürfte sich in den kommenden Wochen verbessern", hieß es weiter. Eine größere Einschränkung für die Manövrierbarkeit abseits von Straßen dürfte demnach die Gefahr durch Landminen sein.
Unterstützung abhängig von Offensive?
Nach Einschätzung der Sicherheitsexpertin Claudia Major wird die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine mitentscheidend sein für weitere westliche Unterstützung. "Wenn sie gelingt und die Ukraine zeigen kann, dass sie Gebiet befreien kann, dann kann man auch in den westlichen Ländern besser erklären, warum sich diese sehr kostenintensive Unterstützung lohnt", sagte die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im ZDF.
Mit Blick auf die Akzeptanz weiterer Waffenlieferungen wies Major auf Wahlen in für die Unterstützung wichtigen Ländern in den kommenden Jahren hin, darunter in den USA und Großbritannien sowie in mehreren europäischen Ländern. "Da kommt natürlich die Frage auf: Lohnt sich das langfristig, schaffen die das überhaupt?"
Die Ukraine verbrauche mehr Munition, als der Westen derzeit produzieren könne. Daher sei es wichtig, sowohl Munition zu liefern als auch die Produktion "hochzufahren". Insgesamt brauche die Ukraine "von allem mehr - aber langfristig und systematisch", sodass die Ukraine auch planen könne. Anders als bei früheren Offensiven habe Russland derzeit im Süden die Stellungen "enorm befestigt - mit Gräben, mit Minen, mit Panzerabwehr". "Da muss die Ukraine durchkommen."
Major begrüßte zudem die Ankündigung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Gesprächen über einen Beitritt der Ukraine zum Militärbündnis auf dem anstehenden Bündnisgipfel im Juli, hält diesen aber für "ein hochkomplexes Thema" und kurzfristig nicht umsetzbar. Das werde "in Kriegszeiten garantiert nicht passieren". Das Thema gehört ihr zufolge aber "auf die Agenda", gerade angesichts unterschiedlicher Haltungen innerhalb der NATO. Für Friedensverhandlungen sieht die Expertin hingegen wenig Chancen. "Es gibt von russischer Seite kein Interesse an Friedensgesprächen. So lange werden die leider nicht stattfinden", sagte Major.
EU fordert Reparationen von Moskau
Die EU-Kommission bekräftigte indes Forderungen, Russland für die Kriegsschäden in der Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen. "Russland als Aggressorstaat ist völkerrechtlich zu Reparationszahlungen an die Ukraine verpflichtet", sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis dem "Handelsblatt". Die Kommission lasse daher juristisch prüfen, inwiefern es möglich sei, eingefrorenes russisches Vermögen einzuziehen - "einschließlich der Zentralbankreserven".
Zugleich kritisierte Dombrovskis, dass die EU-Staaten bei der Sanktionierung des russischen Energiesektors 2022 zu zögerlich vorgegangen seien und andernfalls schon jetzt stärkere Auswirkungen zu sehen gewesen wären. Dennoch gab er sich zuversichtlich, dass die Strafmaßnahmen Wirkung zeigten. "Mit jedem Monat wird sich die finanzielle Situation Russlands verschlechtern. Das wird die Fähigkeit des Kremls, Krieg zu führen, verringern."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts