Grüne wollen Familiennachzug Zoff in Baden-Württemberg über Afghanen
23.08.2021, 18:06 Uhr
Alle Bundesländer wollen Ortskräfte aus Afghanistan aufnehmen: Dem Stuttgarter Grünen-Chef Hildenbrand reicht das nicht.
(Foto: picture alliance/dpa)
In der schwarz-grünen Landesregierung von Baden-Württemberg bahnt sich ein Koalitionsstreit an. Während die CDU-Innenministerin die Aufnahme afghanischer Ortskräfte befürwortet, verlangt der Koalitionspartner ein Programm zum Familiennachzug für die Afghanen, die in dem Bundesland leben.
In der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg gibt es Streit über ein mögliches Landesprogramm zur Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen. Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban dringt Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand darauf, über Familiennachzug deutlich mehr Menschen aufzunehmen als bisher in Deutschland vorgesehen. Justizministerin Marion Gentges von der CDU lehnte dieses Ansinnen ab und verwies auf das Bundesprogramm zur Aufnahme von Ortskräften, an dem sich der Südwesten beteilige.
Das löste bei den Grünen Verärgerung aus. Es gebe "erheblichen Gesprächsbedarf", hieß es aus Grünen-Kreisen in Stuttgart. Hildenbrand hatte in einem Positionspapier geschrieben: "Mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan wollen wir getrennte Familien zusammenbringen. Es soll insbesondere über Anträge von in Baden-Württemberg lebenden afghanischen Angehörigen umgesetzt werden." Das Papier sei mit der grünen Seite der Landesregierung und der Fraktion abgestimmt, hieß es. Gentges erklärte dagegen in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", man sei sich in der Regierung einig, dass man sich nur am Bundesprogramm zur Aufnahme der Ortskräfte beteiligen wolle.
Kretschmann für Gespräche auf Bund-Länder-Ebene
Sie sagte zudem, die Länder hätten sich dem Beschluss der Innenministerkonferenz angeschlossen, es bei dem Bundesprogramm zu belassen. Allerdings arbeitet etwa Schleswig-Holstein an einem eigenen Aufnahmeprogramm. Das begrüßte der Grünen-Landeschef Hildenbrand ausdrücklich. In der dortigen Jamaika-Koalition stellt die CDU die zuständige Innenministerin.
Eine Sprecherin von Regierungschef Winfried Kretschmann erklärte: "Der Ministerpräsident und auch die Justizministerin haben klar signalisiert, dass Baden-Württemberg für Hilfe bereitsteht. Aus Sicht des Staatsministeriums sind jetzt dringend Gespräche auf Bund-Länder-Ebene notwendig, um die Hilfe bestmöglich zu koordinieren." Das gelte auch für die Frage, ob und welche sinnvollen flankierenden Hilfsmaßnahmen der Länder möglich seien.
Auf Bundesebene plädierten die Grünen über den G7-Gipfel am Dienstag hinaus für eine größere Afghanistan-Konferenz. Daran müssten Vertreter der Anrainerstaaten teilnehmen, ebenso wie China, Russland, die EU und die Vereinten Nationen, sagt Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Er kritisiert erneut die Bundesregierung, die zu spät Schutzbedürftige aus Afghanistan evakuiert habe. "Die Bilder vom Flughafen Kabul, sie sind unerträglich. Die Katastrophe war eine Katastrophe mit Ansage."
Quelle: ntv.de, mau/dpa