Politik

Sicherheitsrat in Warschau tagt Zwei Tote bei mutmaßlichen Raketeneinschlägen in Polen

Ein fahrbarer Getreidetrockner soll getroffen worden sein. Es soll zwei Tote geben, berichtet ein lokaler Radiosender.

Ein fahrbarer Getreidetrockner soll getroffen worden sein. Es soll zwei Tote geben, berichtet ein lokaler Radiosender.

(Foto: Twitter.com/@Faytuks)

Bei zwei Explosionen im polnischen Grenzort Przewodow sterben nach Angaben von Einsatzkräften der Feuerwehr zwei Menschen. Es wird gemutmaßt, dass russische Raketen diese herbeigeführt haben. Der polnische Premier Morawiecki beruft den Nationalen Sicherheitsrat ein, teilt ein Sprecher auf Twitter mit.

Nach Angaben lokaler Feuerwehreinheiten sind zwei Menschen im polnischen Ort Przewodow durch den Einschlag mutmaßlich russischer Raketen ums Leben gekommen. Zuvor berichtete der Radiosender Zet von zwei Explosionen. Es sollen zwei fahrbare Getreidetrockner getroffen worden sein. Die Ortschaft liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Es wäre der erste Zwischenfall auf EU- und NATO-Gebiet seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine.

Der Sprecher der polnischen Regierung, Piotr Müller, schrieb auf Twitter, dass Premierminister Mateusz Morawiecki den Nationalen Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung einberufen habe. Er warnte allerdings davor, ungeprüfte Informationen zu verbreiten. Alle Informationen aus dem Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung der polnischen Regierung sollten später auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, kündigte er laut Nachrichtenagentur PAP an.

Herkunft der Raketen unklar

Der Ursprung der Raketen ist unklar. Fakt ist, dass Russland im Laufe des Nachmittags rund 100 Raketen auf ukrainisches Staatsgebiet abgefeuert und dabei erheblichen Schaden angerichtet hat. Es wird spekuliert, dass zwei Raketen fälschlicherweise auf polnischem Gebiet eingeschlagen sein könnten. Ein polnischer Experte brachte auch die Möglichkeit ins Spiel, dass die ukrainische Flugabwehr beim Abfangen russischer Raketen zwei Fehlgänger verzeichnete, die auf polnischem Boden einschlugen. Er hält einen Einschlag fehlgeleiteter russischer Raketen jedoch für wahrscheinlicher.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP soll ein ranghoher US-Geheimdienstmitarbeiter bereits bestätigt haben, dass es sich um russische Raketen handelt. Deutlich zurückhaltender reagierte das US-Verteidigungsministerium zunächst. Es heißt, es prüfe Berichte über den angeblichen Einschlag von zwei russischen Raketen in Polen. Die Presseberichte seien dem Pentagon bekannt, sagte ein Sprecher in Washington. Zum jetzigen Zeitpunkt habe das Ministerium aber keine Informationen, die diese Berichte bestätigen könnten. "Wenn wir ein Update zur Verfügung stellen können, werden wir dies tun", so der Sprecher weiter.

Mariusz Gierszewski, Journalist beim Radiosender Zet, teilte auf Twitter mit, dass seine Quellen bestätigt hätten, dass es sich um Überreste russischer Raketen handele, die von der ukrainischen Flugabwehr abgeschossen wurden. Anhand der Bilder von Raketenteilen, die in sozialen Medien kursieren, könnte es sich um S-300-Raketen handeln. Diese dienen eigentlich der Flugabwehr, werden von Russland aber aufgrund zu geringer Mengen von Präzisionsmunition, auch zum Beschuss von Städten eingesetzt.

Das russische Militär wies die Berichte dagegen als "gezielte Provokation" zurück. Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

Selenskyj macht Russland für Attacke verantwortlich

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj legt sich dagegen fest: Es seien russische Raketen gewesen, die Polen getroffen hätten, erklärt er. Die Ukraine habe seit langem davor gewarnt, dass sich die russischen Aktionen nicht auf die Ukraine beschränken würden.

Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich betroffen über die Explosion mit zwei Toten in Polen nahe der Grenze zur Ukraine. "Meine Gedanken sind bei Polen, unserem engen Verbündeten und Nachbarn", schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter. "Wir beobachten die Situation genau und stehen in Kontakt mit unseren polnischen Freunden und NATO-Verbündeten." Die NATO hatte zuvor bekannt gegeben, dass sie Berichte über die tödliche Explosion prüfen werde.

EU- und NATO-Staaten sichern Polen Unterstützung zu

Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks reagierte auf Twitter bereits auf den Vorfall und schrieb: "Mein Beileid an unsere polnischen Waffenbrüder. Das kriminelle russische Regime hat Raketen abgefeuert, die nicht nur auf ukrainische Zivilisten abzielen, sondern auch auf NATO-Gebiet in Polen gelandet sind. Lettland steht voll und ganz an der Seite unserer polnischen Freunde und verurteilt dieses Verbrechen."

Auch der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala sagte dem Nachbarland Solidarität zu. "Falls Polen bestätigt, dass Raketen auch sein Gebiet getroffen haben, handelt es sich um eine weitere Eskalation vonseiten Russlands", schrieb der liberalkonservative Politiker am Dienstagabend bei Twitter. "Wir stehen fest hinter unserem Verbündeten in EU und NATO", betonte der 58-Jährige.

Belgiens Premier Alexander De Croo sicherte Polen ebenfalls Unterstützung Belgiens zu. "Belgien steht an der Seite Polens. Wir sind alle Teil der NATO-Familie, die mehr denn je geeint und gerüstet ist, um uns alle zu schützen", schrieb er am Dienstagabend auf Twitter. Belgien verurteile den Vorfall aufs Schärfste und spreche den Familien der Opfer und dem polnischen Volk sein tiefstes Beileid aus. Der geschäftsführende Außenminister des NATO-Mitglieds Dänemark, Jeppe Kofod, bezeichnete den Vorfall auf Twitter als sehr besorgniserregend. "Wir stehen in engem Kontakt mit Polen und unseren anderen Verbündeten in der NATO." Er betonte aber auch, man wisse noch nicht genau, was passiert sei. "Wir sind dabei, das gemeinsam mit unseren Verbündeten zu klären."

Margarita Simonjan, Chefredakteurin der Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja, und eine der zentralen Figuren russischer Propaganda, reagierte hämisch und schrieb auf Twitter: "So bekam Polen seine eigene Region Belgorod." Belgorod ist eine russische Stadt, die rund 40 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt liegt. Dort soll es als Reaktion auf die russische Invasion Angriffe ukrainischer Helikopter sowie Einschläge ukrainischer Raketen mit Toten und Verletzten gegeben haben.

Quelle: ntv.de, als/rts/dpa/AFP

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