Faesers Abschiebe-Paket Das reicht nie und nimmer für eine Wende


Faeser stellte das Paket für mehr Abschiebungen am Vormittag vor - deren Zahl dürfte aber nicht besonders deutlich steigen.
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Die Bundesregierung beschließt ein neues Gesetz, das Abschiebungen erleichtert. Die Migrationskrise wird das nicht lösen, der Effekt wird überschaubar bleiben. An entschlossenere Schritte wagt sich Innenministerin Faeser nicht heran.
Die Bundesregierung hat Ton und Vorgehen in Sachen Zuwanderung deutlich verschärft. Der Bundeskanzler will all' jene "endlich in großem Stil" abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben. Das neue Abschiebegesetz, dem unter Schmerzen auch die Grünen zustimmen, soll es möglich machen: Es soll unterm Strich die Zahl der Asylsuchenden senken und die aufgeheizte Stimmung im Land beruhigen. Daraus wird nichts. Das Gesetz dreht zaghaft an den kleinen Schrauben, aber lässt die großen weitgehend unbeachtet.
Vor der Umstellung von Bargeld auf Sachleistungen für Asylsuchende warnen die Fachleute in den örtlichen Behörden sogar. Die Hilfen für abgelehnte Asylsuchende spürbar zu kürzen, diesen Weg haben anderen EU-Staaten gewählt, nicht aber Deutschland. Das verhindern am Ende die Gerichte, die das hierzulande entsprechend definierte Existenzminimum gewahrt sehen wollen. Drunter geht es nicht.
Mehr Härte gegen Schleuser und Mitglieder krimineller Vereinigungen, gut und schön. Aber das wird den Andrang kaum reduzieren. Schleuser finden sich für die hohen Summen immer.
Und schließlich: "Mehr Abschiebungen" klingt entschlossen, aber wird in den praktischen Möglichkeiten arg überschätzt. Vier von fünf abgelehnten, ausreisepflichtigen Asylsuchenden bekommen trotzdem ein Bleiberecht: Entweder weiß man nicht, wohin die Person zurückgebracht werden müsste. Oder sie stammt aus Staaten, in die derzeit nur ganz selten oder überhaupt nicht zurückgeführt wird. Dazu zählen die wichtigsten Herkunftsländer wie Afghanistan, Syrien oder auch der Iran.
Erstmal wird sich wenig ändern
Der Kurswechsel der Bundesregierung ist richtig. Aber er wird am Entscheidenden vorerst nichts ändern. Für die allermeisten Asylsuchenden gilt weiterhin: Wer es bis nach Deutschland schafft und sein Asylverfahren beginnt, kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bleiben - ganz egal, ob er anerkannt wird oder nicht. Die Bundesregierung selbst rechnet nur mit um die 1000 zusätzlichen Rückführungen pro Jahr, wenn das Gesetz in Kraft ist. Damit erreicht sie nicht einmal annähernd die Zahlen, die der Durchschnitt in den Jahren vor Corona waren.
Die jüngsten Sprüche von Jens Spahn über "physische Gewalt" an den Grenzen führen zwar nirgendwohin. Sie rufen Geister, die gerade in dieser Debatte nichts besser, aber vieles noch hässlicher machen. Doch in einem hat Jens Spahn recht: Aus vielen praktischen, juristischen oder moralischen Gründen wird das neue Abschiebegesetz wenig an der Lage ändern, die sich gesellschaftlich und politisch zuspitzt. Man müsse stattdessen darüber nachdenken, ob man bei dem aktuellen "Automatismus" bleiben könne, jede Person aus Afghanistan und Syrien als Bürgerkriegsflüchtling aufzunehmen. Knapp die Hälfte aller Asylsuchenden kamen dieses Jahr von dort. Auch daran ändert das neue Gesetz nichts. Doch zu mehr reichte der Mut der Regierung nicht. Noch nicht?
Wahr ist: Die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden im Land lässt sich nicht über die Rückführung der Abgelehnten begrenzen oder gar steuern. Das geht nur über die Zahl derer, die auf deutschem Boden Asyl beantragen. Dass zu wenige auch wieder gehen, ist ein Problem. Dass derzeit zu viele kommen, ist das deutlich größere. Aber darum geht es der Bundesregierung, wenn überhaupt, nur am Rande. Das ist zu wenig. Das wird die üble Stimmung im Land nicht drehen.
Quelle: ntv.de