Uli Hoeneß träumt schon groß BBL spekuliert auf Wachstum durch Weltmeister-Hype
27.09.2023, 07:04 Uhr
Johannes Thiemann (links/Alba Berlin) und Andi Obst (FC Bayern) stehen sich jetzt wieder als Konkurrenten gegenüber.
(Foto: IMAGO/camera4+)
Die Liga der Weltmeister ist zurück. Am Mittwoch startet die Basketball-Bundesliga in ihre 58. Saison. Die Euphorie ist groß, ebenso wie die Frage: Lässt sich der Hype nach dem sensationellen Triumph bei der WM in den Alltag übertragen?
Der kurzzeitige Boom mit der historischen Krönung von Manila hat in Basketball-Deutschland große Hoffnungen ausgelöst - und lässt selbst Uli Hoeneß träumen. "Es wäre mein großer Wunsch, dass sich durch diesen WM-Sieg vieles verändert. Ich würde mir wünschen, dass mehr Metropolen in der Basketball-Bundesliga mitspielen würden, Stuttgart, Köln, Dortmund. Ich hoffe, dass der ein oder andere Fußball-Traditionsverein sich jetzt damit beschäftigt", sagte Bayerns Ehrenpräsident Hoeneß der "Süddeutschen Zeitung".
Der 1. FC Köln oder Borussia Dortmund in der BBL? Das ist kurzfristig genauso utopisch wie ein ganz großer Hype mit permanent vollen Hallen und Bundesliga-Spielen zur besten Sendezeit bei ARD und ZDF. Eine Begeisterung wie einst die Tennis-Ikonen Steffi Graf und Boris Becker oder Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher dürften Gold-Kapitän Dennis Schröder und sein herausragend funktionierendes Team zwar nicht ausgelöst haben. Deutlich mehr Interesse und mediale Präsenz erwarten sich die Verantwortlichen aber trotzdem, wenn zweieinhalb Wochen nach dem großen WM-Coup am Mittwoch die Bundesliga-Saison beginnt.
"Die Liga profitiert sicher jetzt schon davon, weil es teilweise die Früchte der Arbeit der Vereine sind. Ich finde, wir sind alle auf einem sehr guten Weg", sagte Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic. "So wie wir uns entwickeln, kann man es unter das Motto 'langsam aber sicher' stellen. Wir sind auf einem guten Weg und wir müssen auf diesem Weg bleiben."
Abwanderungswelle gegen Pipeline
In Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey (alle Bayern) sowie Alba Berlins Johannes Thiemann spielt künftig ein Titel-Quartett in der "Liga der Weltmeister". Dazu wechselt in Serge Ibaka ein ehemaliger NBA-Champion als einer der bisher größten Namen überhaupt in die Bundesliga - der Center läuft künftig für die Bayern auf. "Es passt ins Bild und ist ein Mosaikstein in der Entwicklung, dass Spieler dieses Kalibers nicht nur von der BBL mal irgendwie gehört haben, sondern dass sie hier auch einen Vertrag unterschreiben", sagt Liga-Geschäftsführer Stefan Holz über Ibaka.
Doch zuletzt traf die BBL eine Abwanderungswelle. Überraschungsmeister Ratiopharm Ulm, der die Saison am Mittwoch gegen die Niners Chemnitz eröffnet, verlor Stützen wie Finals-MVP Yago dos Santos an Euroleague-Klub Roter Stern Belgrad. Champions-League-Sieger und Vizemeister Telekom Baskets Bonn sogar die ganze Mannschaft samt Erfolgstrainer, vorrangig gingen diese nach Paris.
"Es ist logischerweise schon so, dass Spieler, wenn sie sich entwickeln, dann auch abliefern auf der ganz großen Bühne, ihren Marktwert steigern und für deutsche Klubs oft nicht mehr finanzierbar sind", sagt Holz, "aber es wachsen Spieler nach. Und die nächsten Medaillengewinner, die haben wir heute schon im System, die haben wir in der Pipeline."
Highlight-Spiele vor der Paywall
Auch in der 58. Saison will die Liga einen Schritt nach vorn machen, und dabei soll nicht allein der Erfolg des Nationalteams helfen. Dyn ist als neuer Medienpartner an Bord, löst nach neun Jahren die Telekom mit ihrer Plattform MagentaSport ab. Und der neue Streamingdienst wird im besten Fall als "Verstärker", als "externer Turbo" dienen, wie Holz stets betont.
"Hinter Dyn steht als Mehrheitseigentümer der Axel-Springer-Verlag und auch Christian Seifert, der langjährige Chef der Deutschen Fußball Liga. Und in dieser Konstellation ist das schon irgendwie ein Killer", sagt der BBL-Chef mit etwas Stolz: "Wir haben Deutschlands größtes Medienhaus, wir haben Deutschlands größten Sport-Marketing-, Sport-Business-, Sport-Medien-Experten."
Doch komplett im Pay-TV soll die Liga weiter nicht verschwinden. Über Sublizenzen zeigen auch die Öffentlich-Rechtlichen BBL-Inhalte. Dazu gibt es Livespiele bei Bild TV. "Es ist immer auch wichtig, einzelne Highlight-Spiele rauszuholen, vor die Paywall zu setzen", betont Holz, "wir brauchen diese Schaufenster."
Das sogenannte Play-In-Turnier erinnert an die NBA: Es gibt nur sechs Direkttickets für das Viertelfinale, die Teams auf den Plätzen sieben bis zehn kämpfen um die zwei offenen Playoff-Plätze. Der Pokal wurde aufgestockt und reformiert, ein neuer Medienpartner - und das alles als Weltmeister. "Besser geht es ja nicht", schwärmte Holz. Schon im Vorjahr hatte Bronze bei der Heim-EM die Zahlen bei den Übertragungen spürbar steigen lassen. Der erhoffte große Boom blieb aber aus.
BBL-Präsident Reil: Nicht aufhören mit harter Arbeit
"Dass man das auf die Liga transferiert, ist kein Selbstgänger. Da brauchen wir weiter Basketball konstant auf einem hohen Niveau mit einer gewissen Kontinuität. Das muss nicht immer eine Goldmedaille sein", sagte Alba-Manager Marco Baldi. Wie der Basketball für wenige Tage in der WM-Finalwoche ins Rampenlicht rückte, gefiel allen Beteiligten. Plötzlich übertrug das ZDF live, die Tagesschau berichtete und die Sport-Schlagzeilen der Zeitungen und Portale wurden geprägt von Schröder und Co., deren WM-Triumph am 10. September medial gar mit dem Rauswurf von Fußball-Bundestrainer Hansi Flick konkurrierte.
Die Nationalmannschaft wird weiter als Aushängeschild für den deutschen Basketball fungieren. Ehrungen beim Sportpresseball oder den Sportlern des Jahres sowie das vorzeitig gelöste Ticket für Olympia in Paris 2024 dürften weitere Werbung sein.
"Ein WM-Titel ist prädestiniert dafür, die Aufmerksamkeit nach oben zu fahren. Was man erwarten kann, ist, dass der Basketball in einem höheren Ausmaß in den medialen Fokus rücken wird. Das wird der Liga sicherlich guttun", sagte Sportdirektor Thorsten Leibenath von Meister Ulm. Deren Titel-Sensation und Bonns Champions-League-Erfolg waren schon vor dem WM-Spektakel Mutmacher für eine spannende und konkurrenzfähige Liga.
Die Leitung der Liga will sich trotzdem keinen Illusionen hingeben. BBL-Präsident Alexander Reil sagte bei der Auftakt-Pressekonferenz: "Wer jetzt glaubt, dass wir mit dem ersten Spiel doppelt so viele Zuschauer haben, der wird schiefliegen. Die Liga hat für ihre Arbeit die Früchte getragen. Der Erfolg kann helfen, unsere hochgesteckten Ziele zu erreichen. Aber wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen." Es gebe auch nach der perfekten WM "noch viele weiße Flecken auf der Landkarte".
Quelle: ntv.de, tsi/dpa/sid