"Muss erstmal runterkommen"Die unglaubliche Leistungsexplosion des Superfliegers Paschke

Pius Paschke setzt seine Siegesserie auch in Titisee-Neustadt fort. Vor der Vierschanzentournee steigen damit aber auch die Erwartungen. Wie aber ist der "Skisprung-Papst" überhaupt in diese Position gekommen. Hinter der Leistungsexplosion steckt besonders eine Person.
Popstar Pius Paschke? Das musste der stille Sensationsmann des Skispringens erst einmal verpacken. "Was gerade passiert, ist der Wahnsinn. Ich kann es mir nicht erklären", sagte Paschke, nachdem er auf dem Schwarzwälder Siegerpodest im tosenden Jubel Tausender Fans gebadet hatte. Pius, der "Skisprung-Papst", sorgt mit 34 Jahren für riesige Euphorie. In Titisee-Neustadt feierte er seine Saisonsiege vier und fünf - und ist nur zwei Wochen vor der Vierschanzentournee die klare Nummer eins der Welt.
"Jetzt muss ich erstmal runterkommen, das ist wichtig", sagte Paschke und verabschiedete sich Richtung Teamhotel, aus der kleinen Triumphfeier mit den Kollegen ist derzeit ein Stammtisch im Wochenrhythmus geworden: "Ich bin zwar ein schlechter Biertrinker, aber heute darf es schon etwas mit Umdrehungen sein."
Paschke, der bis zum Alter von 33 als Solist nichts gewonnen hatte, siegt mit 34 fast nach Belieben. In Lillehammer zum Saisonstart, dann in Kuusamo, in Wisla, nun zweimal am Titisee. Und Paschke gewinnt meist nicht einmal knapp: In Polen waren es zuletzt fast neun Punkte, also rund fünf Meter Vorsprung, am Samstag im Schwarzwald mehr als sechs Punkte. Aber auch Krimi kann er: 22 Zentimeter lag er beim zweiten Coup am Sonntag vor dem Österreicher Michael Hayböck.
Siege längst keine Sensation mehr
War sein Debüt-Sieg 2023 in Engelberg noch eine Sensation, ist Paschke derzeit die unumstrittene Nummer eins im Skispringen, das Gelbe Trikot des Weltcup-Spitzenreiters trägt er zu Recht und wird es auch beim Tournee-Auftakt besitzen. "Man kann nur den Hut ziehen, Pius springt im Moment herausragend", sagte Bundestrainer Stefan Horngacher.
Was Paschke derzeit und auch generell auszeichnet, ist die brutale Konstanz, die er auch in Titisee-Neustadt zeigte. "Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, da ist ein Sprung wie der andere", sagte der frühere Weltmeister und heutige ZDF-Experte Severin Freund. In den ersten 16 Einzel-Konkurrenzen der Saison - achtmal Quali, achtmal Wettkampf - war Paschke einmal Siebter und einmal Zwölfter, ansonsten landete er immer unter den Top 3.
"Im Moment ist es für mich so wenig Arbeit, wie ich es noch nie gehabt habe", sagte Paschke. Wohlwissend, dass er die nötige Vorarbeit in den vielen harten Jahren vor seinem späten Durchbruch mit bemerkenswerter Beharrlichkeit bewältigt hatte.
Erfolgsgeheimnis Ritthaler
Doch was macht Paschke fast 20 Jahre nach seinem internationalen Debüt plötzlich so stark? Er verweist auf die Zusammenarbeit mit zwei Personen: Bundestrainer Horngacher, der ihn nach seinem Amtsantritt einst fix aus dem B-Kader hochzog und ihm bis heute kompromisslos vertraut hat. Und vor allem Mentaltrainer Thomas Ritthaler.
"Die Arbeit mit meinem Sportpsychologen hat mir extrem geholfen. Ich glaube, dass ich gefestigter bin in dem, was ich mache, und mich auch mit der Situation gerade besser arrangieren kann. Da hätte ich mich vor ein paar Jahren noch schwerer getan", sagte Paschke der Abendzeitung.
Und deshalb weiß er auch mit den neuen und arg gestiegenen Erwartungen gerade im Hinblick auf die Vierschanzentournee umzugehen. "Die Situation ist neu, ändert aber nichts an meiner Herangehensweise", sagt er entschieden. Die Tournee wolle er, "so weit es geht, genießen".