Überraschender MotoGP-Champion Kronprinz Mir übernimmt verwaisten Thron
15.11.2020, 18:52 Uhr
Das konnte wirklich niemand ahnen, nicht mal Joan Mir selbst.
(Foto: REUTERS)
Seriensieger Marc Marquez verletzt sich beim ersten Rennen, der Kampf um die Meisterschaft in der MotoGP ist so offen wie seit Jahren nicht. In seiner erst zweiten Saison in der Königsklasse krönt sich Joan Mir zum überraschenden Champion.
Das Siegerpodest gehörte Joan Mir allein. Nachdem die Nebendarsteller des Rennens in Valencia um Sieger Franco Morbidelli ihre Pokale abgeholt hatten, erklomm der neue König der MotoGP die Stufen hinauf zur Glückseligkeit und ließ sich von seinem Team und seinen Liebsten feiern. Zwar belegte der 23 Jahre alte Spanier beim vorletzten Saisonrennen nur den siebten Platz, doch dies genügte dem Kronprinzen, um den WM-Titel einzufahren und das Erbe des verletzten Dominators Marc Marquez anzutreten.
"Es ist einfach unglaublich. Ich habe keine Worte dafür. Dafür habe ich mein ganzes Leben gekämpft", sagte Mir, der erst sein zweites Jahr in der Königsklasse bestreitet: "Ich kann nicht lachen, ich kann nicht weinen, es ist eine Mischung der Emotionen. Wenn man sein ganzes Leben dafür kämpft, kann man es nicht beschreiben."
Während Mir auf dem Podium Champagner verspritzte, saß Marcel Schrötter bereits zufrieden in seiner Box. Der Moto2-Pilot hatte zuvor sein zweitbestes Saisonergebnis geholt und die eigenen Selbstzweifel besiegt. Der 27-Jährige verpasste nur knapp das Podium, doch darüber ärgerte sich Schrötter nur kurz. "Wenn ich in der letzten Runde näher dran gewesen wäre, hätte ich vielleicht einen Angriff starten können", sagte Schrötter bei ServusTV, war aber dennoch zufrieden: "Man muss realistisch sehen, wo wir in den letzten Wochen waren. Ich habe oft gezweifelt, ob ich überhaupt noch Motorrad fahren kann. Da tut so ein vierter Platz auch extrem gut."
Konstanz macht den Unterschied
Die Schlagzeilen an diesem Tag gehörten aber Joan Mir. Der Underdog aus Mallorca krönte eine Saison, die genauso unvorhersehbar und verrückt war wie sein Titel selbst. Nicht nur die Reduzierung des Kalenders auf ein Corona-Notprogramm von 14 Rennen prägte das Jahr, auch sportlich war es offen wie selten. Nach dem frühen Sturz des spanischen Serien-Weltmeisters Marquez, der anschließend vom Zahlinger Stefan Bradl ersetzt wurde, wollte kein Konkurrent die Favoritenrolle annehmen.
Während Yamaha und Ducati mit der Technik und eigenem Unvermögen kämpften, mauserte sich Suzuki zum stärksten Team. Vor allem Mir glänzte dabei mit Konstanz. Sechs Podestplätze aus den ersten elf Rennen ebneten ihm den Weg Richtung Titel, sein erster MotoGP-Sieg überhaupt in der Vorwoche beim Großen Preis von Europa sorgte für eine Vorentscheidung.
Wie offen das Feld war, zeigt auch der Punkteschnitt. Marc Marquez hatte im vergangenen Jahr auf seinem Triumphzug pro Rennen durchschnittlich 22,10 Punkte geholt, Mir steht vor dem letzten Rennen gerade einmal bei 13,15 Punkten. Doch das störte den Moto3-Weltmeister von 2017 an diesem für ihn traumhaften Tag nicht.
Quelle: ntv.de, tsi/sid