Eliteliga ohne Gabriel Clemens Nächste deutsche Darts-Sensation bleibt aus
30.01.2023, 15:46 Uhr
Das WM-Halbfinale reicht für Gabriel Clemens nicht für eine Teilnahme an der Premier League Darts.
(Foto: picture alliance / Action Plus)
Die Premier League ist nach der Weltmeisterschaft das größte Darts-Event des Jahres. Aber nur acht Spieler dürfen mitmachen. Mit Gabriel Clemens konnte sich auch ein Deutscher Hoffnungen auf die Teilnahme machen, ausgewählt wurden nun aber andere.
Bis zum letztmöglichen Zeitpunkt hat die Profidartorganisation PDC mit der Bekanntgabe gewartet. Vier Wochen nach dem WM-Finale steht nun fest, welche acht Spieler in diesem Jahr an der Premier League teilnehmen werden. Für den deutschen Spitzenspieler Gabriel Clemens hat es nicht gereicht. Die Gigantenliga des Dartsports findet weiter ohne deutsche Beteiligung statt. Das ist aus sportlichen Gründen trotz des furiosen Einzugs ins WM-Halbfinale erklärbar. Und dennoch wirft die ein oder andere Nominierung Fragen auf.
Die Premier League ist nach der Weltmeisterschaft das wichtigste Turnier im Darts-Jahr, zumindest aus finanzieller Sicht. Insgesamt schüttet die PDC umgerechnet über 1,1 Millionen Euro Preisgeld an die acht Teilnehmer aus. In 17 aufeinanderfolgenden Wochen sind die Darts-Stars jeweils am Donnerstag in einer großen Arena zu Gast. Mit der Größe der Austragungsorte können selbst die großen Ranglisten-Turniere nicht mithalten. Zum Vergleich: In Berlin werden an einem einzigen Abend über 10.000 Zuschauer dabei sein, bei der Weltmeisterschaft sind pro Session nur rund 3.000 Fans zugelassen. Die Premier League ist für die PDC daher die wichtigste Geldmaschine des Jahres neben der WM. Mit der Roadshow durch Europa füllt die Organisation ihre Kassen, um Jahr für Jahr das Preisgeld erhöhen und den Sport noch stärker vermarkten zu können.
Unter diesem Hintergrund wäre auch eine Nominierung von Gabriel Clemens nachvollziehbar gewesen. Der "German Giant" ist in der auf dem eingespielten Preisgeld der vergangenen zwei Jahre basierenden Weltrangliste trotz WM-Halbfinale zwar nur auf Platz 19 notiert. Aber der deutsche Markt hat sich zuletzt auch dank des Erfolgs von Clemens zum zweitwichtigsten Absatzmarkt der PDC nach Großbritannien entwickelt. Die Ticketverkäufe für Turniere in Deutschland sind durch den Erfolg des 39-Jährigen in die Höhe geschnellt, der TV-Sender Sport1 verzeichnete Rekord-Einschaltquoten bei seinen WM-Übertragungen. Doch das allein hat Clemens nun nicht in die Eliteliga gespült.
Vier Gesetzte, vier "Wildcards"
Stattdessen dabei sind die Top vier der Weltrangliste. Michael Smith, der frischgebackene Weltmeister und die neue Nummer eins der Welt. Peter Wright will sein frühes WM-Aus vergessen machen. In den ersten kleineren Turnieren nach der Weltmeisterschaft lief es für "Snakebite" wieder deutlich besser. Premier-League-Titelverteidiger ist Michael van Gerwen. Der Niederländer peilt Titel Nummer sieben an. Eine überraschend schlechte Bilanz in der Eliteliga hat Gerwyn Price vorzuweisen. Der "Iceman" kam bislang nie über Platz fünf hinaus. Nach seinem kuriosen Ohrenschützer-Auftritt im verlorenen WM-Viertelfinale gegen Clemens hat Price in diesem Jahr viel gut zu machen.
Die weiteren vier Startplätze werden von der PDC in Absprache mit dem übertragenden TV-Sender "Sky Sports" als "Wildcards" vergeben. Nicht nur sportliche Gründe sind hier ausschlaggebend, ansonsten könnte man einfach die Spieler auf den Plätzen fünf bis acht der Weltrangliste auswählen. Wichtige Faktoren neben der Spielstärke sind der Unterhaltungsfaktor, Vermarktbarkeit und auch die Nationalität spielt eine Rolle. Dass die PDC neben Michael Smith noch drei oder gar vier weitere Engländer selektiert, war zum Beispiel undenkbar.
Zum dritten Mal in Folge mit dabei ist 2021er-Champion Jonny Clayton. Der Waliser besticht seit seinem Durchbruch im Jahr 2021 durch beeindruckende Konstanz, ist aus der Weltspitze nicht mehr wegzudenken. Auch wenn die ganz großen Turniersiege in den vergangenen 12 Monaten ausblieben, ist seine Nominierung nicht überraschend. Zu gut war Clayton an den 16 Spieltagen der Premier League im Vorjahr. Vier Turniersiege schnappte sich der 48-Jährige, bevor er im Halbfinale in Berlin gegen Joe Cullen ausschied.
Kompliziert wurde die Spielerauswahl aber auch deshalb, weil es beim letzten Turnier vor der Premier League an diesem Wochenende einen Sensationssieger gab. Mit dem Engländer Chris Dobey (Nummer 21 der Welt) siegte das dritte Jahr in Folge ein Spieler, der zuvor noch kein großes Turnier gewonnen hatte. Zwar hatte die PDC anders als in den Vorjahren nicht ausdrücklich das Masters zur letzten Chance auf die Premier-League-Quali deklariert, die Dobey-Nominierung ist nun jedoch keine Überraschung mehr. Ansonsten hätte man die acht Spieler schließlich auch direkt nach der WM bekannt geben können.
Ex-Weltmeister hatte keine Lust
Dobey dürfte zum Leidwesen seiner Landsleute Joe Cullen (Premier-League-Finalist im Vorjahr), Überraschungs-Europameister Ross Smith und vor allem dem Weltranglisten-Fünften Luke Humphries ins Feld gerutscht sein. Rob Cross, die Nummer sechs der Welt, dürfte sich mit seinen Aussagen der vergangenen Wochen ins Aus manövriert haben. Der Weltmeister 2018 hatte mehrfach angedeutet, dass er auf die Premier League eigentlich gar keine Lust hat.
Als dritter Engländer ist Nathan Aspinall im Teilnehmerfeld. Der 31-Jährige erreichte im Vorjahr gleich zwei große Finals. Dazu kommt seine große Beliebtheit bei den englischen Fans. Er spielt mit extrem viel Leidenschaft, sein Walk-On zu "Mr. Brightside" von den "Killers" schadet ihm auch nicht. Dazu weiß er vor allem in großen Spielen oft über sich hinauszuwachsen. Das war auch bei der WM so, als er in Runde drei gegen Josh Rock ausschied. Die Partie war so spektakulär, dass selbst das frühe Aus die Premier-League-Hoffnungen von Aspinall nicht begraben konnte.
Deutlich Überraschender ist die Nominierung von Dimitri Van den Bergh. Der Belgier kommt wie Aspinall beim Publikum sehr gut an, tanzt jedes Mal, wenn er auf die Bühne geht. Van den Bergh hat jedoch bis auf das WM-Halbfinale zuletzt sportlich nicht für Aufsehen gesorgt. Hinzu kommt, dass der Zauber um den 28-Jährigen Belgier oft dann etwas verfliegt, wenn das Spiel losgeht. Er ist einer der langsamsten Akteure von allen, sein Wurfrhythmus das Gegenteil von Spektakel.
Und doch dürfte Van den Bergh derjenige sein, der am Ende Gabriel Clemens ausgestochen hat. Der belgische Markt ist zwar kleiner, aber auch immer stärker im Kommen. Hinzu kommt, dass Van den Bergh schon über einen längeren Zeitraum in der erweiterten Weltspitze ist. Gabriel Clemens wird erst noch beweisen müssen, dass er den Sprung nach ganz vorne schaffen kann. Die überragende WM war ein erster Schritt, aber noch zu wenig für die Premier League.
Am 30. März in Berlin
Nach mehreren größeren und kleineren Veränderungen haben die Organisatoren im Vergleich zur letzten Ausgabe diesmal das Format der Turnierserie nicht verändert. Acht Spieler messen sich an 16 Donnerstagen vom 2. Februar bis 18. Mai an 16 verschiedenen Orten. Es wird jede Woche ein Turnier vom Viertelfinale bis zum Finale gespielt. Wer ins Halbfinale einzieht, erhält zwei Punkte, der unterlegene Finalist drei und der Sieger des Abends fünf Punkte. Zusätzlich darf sich der Tagesgewinner über umgerechnet 11.000 Euro Preisgeld freuen.
Nach 16 Spieltagen wird abgerechnet. Die vier punktbesten Akteure qualifizieren sich für die Playoffs, die in diesem Jahr am 25. Mai in London ausgetragen werden. Hier entscheidet sich an einem Abend in Halbfinale und Finale, wer sich Premier-League-Sieger nennen darf. Der Gewinner streicht gut 310.000 Euro Preisgeld ein, mehr gibt es im Darts nur für den WM-Titel. Der Zweitplatzierte gewinnt knapp 140.000 Euro, selbst der Letztplatzierte nach 16 Wochen bekommt immer noch 70.000 Euro Preisgeld.
Los geht es für den elitären Kreis am Donnerstag in der nordirischen Hauptstadt Belfast. Danach stehen Cardiff, Glasgow, Dublin und etliche Stationen in England auf dem Programm. Am 30. März macht die Premier League aber auch in Berlin (Mercedes-Benz-Arena) Station, zudem wird am 20. April in Rotterdam gespielt.
Quelle: ntv.de