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"Katastrophale Umstände" Turnerbund stellt eigene Reaktion auf Missbrauchs-Vorwürfe infrage

Tabea Alt wieß bereits vor Langem auf Missstände hin.

Tabea Alt wieß bereits vor Langem auf Missstände hin.

(Foto: picture alliance / Ryan Remiorz/The Canadian Press/AP/dpa)

Im deutschen Turnen herrschen an einem Stützpunkt - so schildern es mehrere Athletinnen - "katastrophale Umstände", auf die massiven Vorwürfe reagiert der Verband bestürzt - wenngleich vieles seit Jahren bekannt ist. Nun überprüft der DTB seine eingeleiteten Maßnahmen.

Der Deutsche Turner-Bund hat beteuert, er habe schon vor drei Jahren auf Missstände reagiert, auf die die einstige Auswahlturnerin Tabea Alt 2021 in einem Brief aufmerksam gemacht hatte. Dieser sei erschreckend und zugleich hilfreich gewesen und nicht ohne Folgen geblieben, hieß es in einer weiteren Stellungnahme zu den von mehreren Athletinnen geäußerten Missbrauchsvorwürfen am Bundesstützpunkt Stuttgart.

Neben Alt hatte sich unter anderen auch Michelle Timm zuletzt öffentlich geäußert. Erwähnt wurden "systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch" und "katastrophale Umstände". Alt hatte am vorigen Wochenende erklärt, sie habe die Missstände in Stuttgart und im deutschen Frauenturnen im Allgemeinen klar benannt und bekannt gemacht. Sie habe mit Bedauern feststellen müssen, dass dies erfolglos gewesen sei und zu nichts geführt habe.

DTB: Konkrete Maßnahmen in Stuttgart eingeleitet

Der DTB versicherte nun, sämtliche Beschwerden seien ernst genommen worden, man sei ihnen nachgegangen und werde das auch weiterhin tun. "Ob wir die eingeleiteten Maßnahmen nicht ausreichend vermitteln konnten, die Turnerinnen die Maßnahmen anders wahrnehmen oder diese falsch oder nicht ausreichend waren, muss der Aufarbeitungsprozess zeigen, in den die Turnerinnen intensiv einbezogen werden", hieß es in der Verbandsmitteilung.

Es habe konkrete Maßnahmen durch den Schwäbischen Turnerbund (STB) am Trainingssystem in Stuttgart gegeben. Timms Hinweise hätten vor Weihnachten vorläufige personelle Konsequenzen zur Folge gehabt. Auch seien die medizinische Steuerung und Weisungsbefugnis von den Trainerinnen und Trainern an eine übergeordnete Person übertragen worden.

Verband verspricht selbstkritische Überprüfung

Wichtig sei, bei der Aufarbeitung alle Seiten fair zu behandeln und anzuhören. "Auch hier müssen wir die teilweise gänzlich unterschiedlichen Wahrnehmungen anerkennen und diese zum Anlass für eine selbstkritische Überprüfung nehmen", räumte der DTB ein.

Dies gelte auch für die Sinnhaftigkeit und den Erfolg der bislang eingeleiteten Maßnahmen. Geprüft werden müsse, ob richtige positive Entwicklungen bereits angestoßen worden seien oder ob es grundsätzlicher Nachbesserungen bedürfe.

Außer Alt und Timm hatten sich auch andere frühere Sportlerinnen gemeldet. Als erste aktive Spitzen-Turnerin forderte zuletzt die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz eine Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe am Bundesstützpunkt Stuttgart und Veränderungen. DTB und STB seien betroffen von den zahlreichen Äußerungen, hieß es in der Mitteilung am Silvestertag.

"Massivste Probleme"

Auslöser der aktuellen Debatte ist der Rücktritt von Meolie Jauch kurz vor Weihnachten. Die 17-jährige Stuttgarterin, die bei den Weltmeisterschaften 2023 zur deutschen Auswahl gehörte, hatte ihre Entscheidung mit mentalen Problemen begründet. Die ehemalige Turnerin Timm legte am Sonntag in ihrem Post bei Instagram nach. Sie habe sich vor mehr als zwei Monaten an den DTB gewandt.

"Ich denke, dass es mittlerweile bekannt ist, dass es mit dem Trainerteam im weiblichen Bereich massivste Probleme gibt", schrieb die 27-Jährige. "Niemand, der das Erzählte nicht selbst erlebt hat, kann nachvollziehen, was all das mit einem macht. Diese jahrelangen Missstände machen Menschen kaputt. Diese emotionale Abhängigkeit ist für Außenstehende kaum zu beschreiben und ich kann gar nicht zum Ausdruck bringen, was Kinder wie ich durchlebt haben", schrieb sie zu einem Brief, den sie mitveröffentlichte.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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