Harsche Kritik an F1 und FIFA Vettel ist schockiert und fordert Konsequenzen
19.11.2022, 11:24 Uhr
Sebastian Vettel
(Foto: IMAGO/Motorsport Images)
Wenn es nach Sebastian Vettel geht, braucht der Spitzensport dringend einen Moralkodex - und unabhängige Kontrollen, die dessen Einhaltung sicherstellen. Die WM in Katar ist ein Unding für den Formel-1-Piloten, der seiner Rennserie eine schwierige Zukunft prophezeit.
Sebastian Vettel hält die Austragung der Fußball-WM in Katar angesichts der homophoben Äußerungen eines katarischen WM-Botschafters für falsch. "Wenn solche Äußerungen fallen wie die des WM-Botschafters, dann sollten wir einfach nicht nach Katar gehen! Der Spruch war ja mehr als rückwärtsgewandt. Der Sport, der ganze Verband sollten sagen: Das ist nicht der richtige Ort, um dort Sport zu betreiben", sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister der "Süddeutschen Zeitung" im Interview vor dem letzten Grand Prix seiner Karriere am Sonntag in Abu Dhabi.
Khalid Salman, der zu den offiziellen Botschaftern des am Sonntag in Katar beginnenden WM-Turniers zählt, hatte in einer ZDF-Doku gesagt, dass Schwulsein verboten sei, weil es ein geistiger Schaden sei. "Das geht gar nicht! Das ist ungeheuerlich!", befand Vettel. Salman bewertete seine homophoben Aussagen später als "aus dem Zusammenhang gerissen".
Vettel forderte, dass sich der Sport einen verbindlichen Moralkodex geben soll. "Dort wird dann genau festgelegt, wie die politischen Grundvoraussetzungen aussehen müssen, damit der Sport in einem Land stattfinden darf. Gewisse Dinge und gewisse Länder sind dann halt einfach nicht mehr drin. Zu viel ist zu viel", sagte der 35-Jährige. "Und dann sagen wir als Formel 1 oder FIFA eben Nein. Und nicken nicht einfach nur freundlich und nehmen das Geld oder bedienen uns an anderen Vorzügen, die das Land vielleicht anbietet."
"Formel 1 kontrolliert Formel 1, FIFA kontrolliert FIFA"
Der Fußball-Weltverband oder auch die Formel 1 müssten laut Vettel "die Umsetzung jener Forderungen, die sie in blumigen Worten formulieren, auch konsequent einfordern", und zwar unabhängig von wirtschaftlichen Faktoren. Im Moment sei es aber "leider noch so, dass man als Veranstalter davonkommt, wenn man flankierend ein paar hübsche Fotos schießt."
Vettel schlug vor, dass sich Verbände etwa bei der Umsetzung von Menschenrechtsfragen von externen Organen kontrollieren lassen sollten. "Die Formel 1 hat als Ziel ausgegeben, bis 2030 klimaneutral zu sein. Schön und gut. Aber warum lässt sie sich auf dem Weg dahin nicht von einer unabhängigen und kritischen Instanz überprüfen? Um dann mit den Konsequenzen und möglichen Strafen, wie auch immer diese dann aussehen mögen, zu leben?", meinte Vettel. "Was passiert denn, sollte die Formel 1 auf dem Weg zur Klimaneutralität falsch abbiegen und ihre eigenen Forderungen nicht erfüllen? Oder die FIFA auf dem Weg zu mehr Gleichheit und Vielfalt? Im Moment ist es leider so: Die Formel 1 kontrolliert die Formel 1, und die FIFA kontrolliert die FIFA."
Weiterhin warnte der Aston-Martin-Pilot die Motorsport-Königsklasse vor seinem letzten Rennen in Abu Dhabi (Sonntag, 14 Uhr/Sky und im Liveticker bei ntv.de) trotz des globalen Booms vor einem schleichenden Bedeutungsverlust. "So, wie wir mit den Ressourcen umgehen, sind wir kein Vorbild, wir müssten deutlich sparsamer sein. Wenn das nicht bald der Fall ist, wird sich weltweit sehr schnell die Frage stellen, ob die Formel 1 noch tragbar ist", sagte der 35-Jährige: "Und dann dürfte überall das Interesse abnehmen, wie es in Deutschland schon passiert ist."
Jeder Sport müsse sich allerdings angesichts der Klimakrise zukünftig verstärkt "für die Art und Weise rechtfertigen, in der er ausgetragen wird", glaubt Vettel: "Jede Großveranstaltung muss sich neu erfinden und schauen, wie sie einen kleineren Fußabdruck hinterlassen kann."
Quelle: ntv.de, tsi/dpa/sid