Emotionale Szenen vor dem Spiel Ein Traumtor holt die Ukraine zurück in die EM

Mit ihrem bemerkenswerten Willen erhalten sich die ukrainischen Fußballer die Chance auf das Weiterkommen bei der EM. In Düsseldorf liegt das Team gegen die Slowakei zurück, dreht die Partie aber noch. Der Siegtreffer ist eine technische Augenweide.

Der gewaltige Druck auf die tapferen Fußball-Botschafter der Ukraine löste sich beim Abpfiff. Siegtorschütze Roman Jaremtschuk sank auf die Knie und hämmerte mit den Fäusten auf den Rasen, die Mitspieler kamen schreiend angerannt, um den Super-Joker in ihre Arme zu schließen. Viele Fans hatten Tränen in den Augen, ihre Gesänge verursachten in Düsseldorf selbst neutralen Zuschauern Gänsehaut. Auf ihrer emotionalen EM-Mission, die so weit über den Sport hinausweist, haben die Ukrainer eine mentale Blockade gelöst und träumen vom Achtelfinale.

Slowakei - Ukraine 1:2 (1:0)

Tore: 1:0 Schranz (17.), 1:1 Schaparenko (54.), 1:2 Jaremtschuk (80.)
Slowakei: Dúbravka - Pekarík, Vavro, Škriniar, Hancko (67. Obert) - Lobotka, Kucka, Duda (60. Bénes) - Schranz (86. Sauer), Boženík (60. Strelec), Haraslin (67. Suslov). - Trainer: Calzona
Ukraine: Trubin - Tymtschyk, Sabarnyj, Matwijenko, Sintschenko - Schaparenko (90.+2 Talowjerow), Braschko (85. Sydortschuk), Sudakow - Jarmolenko (67. Subkow), Dowbyk (67. Jaremtschuk), Mudryk (85. Malinowskyj). - Trainer: Rebrow
Schiedsrichter: Michael Oliver (England)
Gelbe Karten: - Jaremtschuk
Zuschauer: 46.425 (ausverkauft) in Düsseldorf

Der Mannschaft von Nationaltrainer Serhij Rebrow setzte sich nach Rückstand mit einer bemerkenswerten Steigerung 2:1 (0:1) gegen die Slowakei durch und hat alle Chancen auf die K.o.-Runde. Mykola Schaparenko (54.) und Jaremtschuk (80.), der den Ball genial annahm und ins Tor spitzelte, drehten die Begegnung zugunsten der Ukraine, die trotz ihres Turnierfehlstarts gegen Rumänien (0:3) mit drei Punkten in das entscheidende Gruppenspiel gegen Belgien geht. Die Slowakei, durch den zweiten Turniertreffer von Ivan Schranz (17.) in Führung gegangen, verpasste den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale.

"Albtraum, den wir vergessen müssen"

Auch vor dem zweiten Gruppenspiel war der Krieg bei der Ukraine allgegenwärtig, auf dem Düsseldorfer Marktplatz waren Trümmerteile einer von Russland zerstörten Tribüne aus dem ehemaligen EM-Ort Charkiw ausgestellt. Die Spieler wollten den Fokus dennoch so gut wie eben möglich auf das Duell mit den Slowaken legen - auch wenn das gar nicht so leicht fiel. "Für uns ist es schwierig, uns zu motivieren", hatte Oleksandr Sintschenko vom FC Arsenal betont: "Es ist wie ein Albtraum, den wir vergessen müssen."

Bei dieser Aufgabe konnten sich die Profis aber auf die Unterstützung ihre Anhänger verlassen. Nachdem sich diese zu heimischer Musik auf dem Burgplatz eingestimmt hatten, zogen sie mit einem Fanmarsch in Richtung Stadion. "Ukraine, Ukraine", riefen sie immer wieder lautstark. Nach dem schwachen Auftakt inklusive Krisensitzung gegen Rumänien baute Rebrow seine Mannschaft kräftig um. Torwart Andrij Lunin von Real Madrid musste nach seinen zwei Patzern auf die Bank, ihn ersetzte Anatolij Trubin. Insgesamt nahm Rebrow vier Wechsel vor, im Angriff startete der ehemalige Dortmunder Andrij Jarmolenko als Kapitän.

Ukraine tut sich lange schwer

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Sein Gegenüber Francesco Calzona sah keinen Grund für Veränderungen - und seine Mannschaft übernahm mit spürbarem Selbstvertrauen die Spielkontrolle. Nach einem tollen Solo auf dem linken Flügel scheiterte Lukas Haraslin an Trubin (10.), kurz darauf hielt der neue Mann im Tor aus kürzester Distanz glänzend gegen Schranz (11.). Die Ukraine lauerte auf Konter, beim letzten Pass fehlte aber die Präzision. Gefährlich blieben erstmal nur die Slowaken, die nach einem Kopfball-Aufsetzer von Schranz verdient in Führung gingen. Mit mehr Präsenz in den Zweikämpfen erspielte sich die Ukraine nun schnelle Umschaltsituationen. Stürmer Artem Dowbyk vergab aber aus guter Position (28.), ein Schuss von Olexandr Tymtschyk klatschte an den Pfosten (34.).

Im zweiten Durchgang zeigten die Ukrainer dann ihr spielerisches Können. Nach einer tollen Kombination über die linke Seite traf Schaparenko zum 1:1. Die ukrainische Kurve tobte nun, mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke feuerte sie ihre Mannschaft weiter an. Großchancen blieben Mangelware, Chelseas Mychajlo Mudryk scheiterte am Pfosten (74.). Dann traf Jaremtschuk wunderbar. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den sportlich so wichtigen Sieg mit emotionalen Worten gewürdigt. "Eine Ukraine, die kämpft. Eine Ukraine, die Schläge wegsteckt und Hindernisse überwindet. Eine Ukraine, die siegen kann", schrieb der 46-Jährige bei X: "Genau das hat die Fußball-Nationalmannschaft der Ukraine heute getan."

Quelle: ntv.de, tno/sid

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