Fußball

"So geh'n die Deutschen, die …" Aufrechte Gauchos tanzen Weltmeister aus

Ratlosigkeit und hängende Köpfe nach dem Spiel - aber es ging ja um nichts.

Ratlosigkeit und hängende Köpfe nach dem Spiel - aber es ging ja um nichts.

(Foto: imago/Team 2)

Es ist keine Revanche für das WM-Finale, es geht um nichts. Im Grunde ist es noch nicht einmal ein richtiges Testspiel. Dass Deutschlands Fußballer klar und verdient gegen Argentinien verlieren, trübt dennoch die Stimmung.

Deutschland - Argentinien 2:4 (0:2)

Tore: 0:1 Agüero (20.), 0:2 Lamela (40.), 0:3 F. Fernandez (47.), 0:4 Di María (50.), 1:4 Schürrle (52.), 2:4 Götze (78.)
Deutschland: Neuer (46. Weidenfeller) - Großkreutz, Ginter, Höwedes (77. Rüdiger), Durm - Kramer, Kroos (71. Rudy) - Schürrle (57. Müller), Reus, Draxler (33. Podolski) - Gomez (57. Götze)
Argentinien: Romero (79. Andujar)- Zabaleta (77. Campagnaro), Demichelis, F. Fernandez, Rojo - Biglia, Mascherano - Lamela (68. Gago), Perez (46. A. Fernandez), Di María (86. Alvarez) - Agüero (83. Gaitan)
Schiedsrichter: Kuipers (Niederlande) - Zuschauer: 51.132 (ausverkauft)

Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich die argentinischen Fußballer in den kommenden Tagen in Buenos Aires auf der Plaza de la República versammeln, vor Freude um den Obelisken tanzen und dabei ein Lied singen. Leise und gebückt: "So geh’n die Deutschen, die Deutschen die geh’n so." Und dann laut und aufrecht - Sie wissen schon. Dafür ist der Anlass zu nichtig. Deutlich und verdient mit 4:2 (2:0) haben die in Blau und Dunkelblau gekleideten Weiß-Himmelblauen am Mittwochabend die deutschen Weltmeister in Düsseldorf besiegt, das schon. Aber es war nun einmal keine Revanche für das verlorene WM-Endspiel, es war eine Partie, in der es um nichts ging. Im Grunde war es nicht einmal eine ernstzunehmende Testpartie. Und wenn, sind all die anderen freudlosen Freundschaftsspiele der Maßstab - und eben nicht dieses zugeben grandiose Turnier in Brasilien.

Und so waren die deutschen Spieler hinterher auch nicht sonderlich geknickt, Benedikt Höwedes konstatierte lapidar: "Letztlich war es ärgerlich für uns, dass die die vier Kirschen gekriegt haben." Aber er räumte auch ein: "Man hätte sich das auch schöner vorstellen können." Hätte man, in der Tat. Fanden die meisten der 51.132 Zuschauer im ausverkauften Stadion auch. Schließlich waren sie gekommen, um zu feiern. Sei’s drum. Die gute Nachricht ist: Der vierte Stern wird der DFB-Elf nicht aberkannt, und im nächsten Spiel geht’s dann auch wieder um was. Die Schotten kommen am Sonntag nach Dortmund, ab 20.45 Uhr geht es für Bundestrainer Joachim Löw und seine Eleven um die Qualifikation zur Europameisterschaft, die in zwei Jahren in Frankreich stattfindet. Erst einmal aber die Spieler in der Einzelkritik:

Manuel Neuer: Zwei Gegentore in 45 Minuten - das kann dem 28 Jahre alten, in beiden Fällen machtlosen Münchner Torhüter nicht gefallen haben. Da war es nur ein schwacher Trost, dass er in seinem 53. Länderspiel als Kapitän auflaufen durfte, da Philipp Lahm ja emeritiert ist und sein Nachfolger Bastian Schweinsteiger verletzt fehlte. In der zweiten Halbzeit stellte sich dann Roman Weidenfeller hinter die Ruhrgebietsabwehrkette - und kassierte in den ersten fünf Minuten ebenfalls seine zwei Tore, den ersten Treffer nach 105 Sekunden, als er bei einer Flanke von Angel di María leicht desorientiert wirkte. Das kann dem 34 Jahre alten Dortmunder nicht gefallen haben.

Kevin Großkreutz: Tja, wie das ist, wenn einer als Nachfolger Philipp Lahms auf der rechten Abwehrseite ein schweres Erbe antritt. Der 26 Jahre alte Dortmunder hatte bei der WM keine Minute gespielt, nun bekam er seine Chance. Vielleicht lag es daran, dass Bastian Schweinsteiger, sein neuer Buddy aus seligen Campo-Bahia-Tagen, nicht dabei war, jedenfalls wirkte er in der 20. Minute seines sechsten Länderspiels bei einer Flanke von Angel di María leicht desorientiert, woraufhin Sergio Agüero das erste Tor für die Argentinier erzielte. Und Erik Lamela machte ihm das Leben auch nicht leichter. Vielleicht sollte Großkreutz das Spiel noch einmal mit seinem neuen Kapitän aufarbeiten. Hatte er doch der "Welt am Sonntag" anvertraut: "Wir sind Kumpel geworden, richtige Freunde."

Benedikt Höwedes: Alles sieben WM-Partien hatte der 26 Jahre alte Schalker in Brasilien absolviert, siebenmal blieb er bis zum Ende auf dem Platz. Und das auf der fachfremden Position des linken Außenverteidigers. In Düsseldorf nun durfte er innen spielen - und wurde in seiner 29. Partie für Deutschland nach 77. Minuten gegen den 21 Jahre alten Stuttgarter Antonio Rüdiger ausgetauscht, der so zu seinem zweiten Einsatz im Dress des DFB, das ja neuerdings mit vier Sternen verziert ist. Dieser Wechsel hatte aber wenig bis nichts damit zu tun, das Höwedes seine Sache nicht ordentlich gemacht hätte, stark im Zweikampf war er, mit den Treffern der Argentinier hatte er nichts tun. Wenn allerdings Jérôme Boateng, Mats Hummels und vielleicht bald auch Holger Badstuber wieder dabei sind, könnte er darüber nachdenken, ob das mit dem Job auf der linken Seite nicht vielleicht doch gar keine so schlechte Idee war.

Matthias Ginter: Weil Per Mertesacker nicht mehr mitmacht, Boateng sowie Hummels verletzt fehlten und Badstuber nach seinen Kreuzbandrissen gerade erst dabei ist, in der Bundesliga Fuß zu fassen, durfte der 20 Jahre alte Neu-Dortmunder an der Seite des Kollegen Höwedes sein drittes Länderspiel absolvieren. Hm. Beim ersten Gegentreffer war Sergio Agüero zu schnell, beim dritten sprang Federico Fernández zu hoch. Ausbaufähig. Gab zu Protokoll: "Klar haben wir uns das anders vorgestellt."

Erik Durm: Freut sich auf die Schotten am Sonntag in Dortmund, schließlich kickt der 22 Jahre alte Linksverteidiger beim BVB. Gerne würde er am Sonntag vor heimischen Publikum in der DFB-Elf auflaufen: "Das hatte ich noch nie." Was wenig verwundert, schließlich war das in Düsseldorf ja auch erst sein zweites Länderspiel. Er dürfte spätestens jetzt aus eigener Anschauung wissen, dass dieser Angel di María ein ganz hervorragender Fußballspieler ist. Und falls er sich jemals gefragt haben sollte, warum Manchester United so viel Geld für den Argentinier an Real Madrid überwiesen hat, dann hat er nun zumindest eine Ahnung. Wobei: 75 Millionen Euro sind selbst für einen, der gegen den Weltmeister drei Treffer vorbereitet und ein Tor selbst erzielt, etwas übertrieben. Und Durm? Muss in nächster Zeit nicht unbedingt auf ein Angebot aus Manchester warten. Weil er aber Außenverteidiger ist, könnte es gut sein, dass er am Sonntag tatsächlich spielt. Zumindest gestand er ein: "Wir wissen, dass wir Fehler gemacht haben." Versprach aber auch: "Wir werden das abstellen."

Angel di María enteilt Christoph Kramer - der Argentinier war bester Mann auf dem Platz.

Angel di María enteilt Christoph Kramer - der Argentinier war bester Mann auf dem Platz.

(Foto: REUTERS)

Christoph Kramer: Dem 23 Jahre alten Mönchengladbacher kann man ja viel über das WM-Finale erzählen, das meiste er, wie er sagt, wegen seiner Gehirnerschütterung vergessen. Sein sechstes Länderspiel, das in Düsseldorf, war durchaus erinnerungswürdig. Er lief wie schon zu Bochumer Zeiten unglaublich viel und zeigte, dass er durchaus mit dem Ball umgehen kann - auch wenn er sich nach einer knappen halben Stunde bei einer grandiosen Dribbelaktion letztlich ein wenig verzettelte. War einer der besten Spieler seiner Mannschaft. Was auch immer das an diesem Abend wert war.

Toni Kroos: Ist, wie er hinterher sagte, "immer gerne bei der Nationalmannschaft. Da ist es egal, ob ich aus München anreise oder aus Madrid". Das ist mal ein Wort. Der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler agierte in seinem 52. Länderspiel neben dem Kollegen Kramer auf der Sechserposition vor der Ruhrpottkombo, also etwas defensiver als bei der WM und als es ihm lieb ist. Aber er kann’s halt, seine Pässe sind fein, er verteilt die Bälle wie ein Maschinchen. Nur ganz so effektiv war er nicht, was aber definitiv nicht nur an ihm lag. Das war jetzt nicht sein bestes Spiel. Aber die Weltmeisterschaft kann für diesen Abend in Düsseldorf ja nun auch nicht als Bemessungsgrundlage herhalten, das hatten wir ja gekärt. Für die letzten 20 Minuten kam der 24 Jahre alte und etwas defensiver orientierte Hoffenheimer Sebastian Rudy für ihn in die Partie und zu seinem zweiten Länderspiel.

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(Foto: dpa)

André Schürrle: Die gute Nachricht ist, dass der 23 Jahre alte Mittelfeldspieler des FC Chelsea auch in der Nach-WM-Zeit so schnell ist wie in Brasilen, dieses Mal auf der rechten Angriffsseite. Allerdings bisweilen auch zu ungenau in seinen Zuspielen. Aber immerhin traf er zum 1:4, es war in seinem 40. Länderspiel sein 16 Tor. Und sonst? Tat er wenig dafür, dass Urteil zu widerlegen, er sei der ideale Einwechselspieler und weniger ein Kandidat für die Startelf. Thomas Müller vom FC Bayern München hingegen ist genau das, allerdings kam der 24-Jährige erst ab der 57. Minute zum Zug. Da war‘s aber zu spät, um in seinem 57. Länderspiel noch irgendetwas zu reißen.

Marco Reus: Die WM hatte der 25 Jahre alte Dortmunder verpasst, weil er sich beim 6:1 in Mainz gegen Armenien im letzten Testspiel böse verletzt hatte. Im ersten Testspiel danach nun war er wieder dabei, und das gleich in der Kreativzentrale im Mittelfeld. Er machte das in seinem 22. Länderspiel durchaus gut und setzte vor der Pause die Kollegen Kroos und Mario Gomez gut in Szene. Im zweiten Abschnitt, eine knappe Viertelstunde vor dem Ende der Partie, schoss er dann einmal den Ball an den Pfosten des von Sergio Romero gehüteten argentinischen Tores. Anschließend sagte er: "Es ist immer Luft nach oben, man kann sich immer verbessern."

Julian Draxler: Der 20 Jahre alte Schalker zog sich nach  zwölf Minuten eine Zerrung im rechten Oberschenkel zu - und nach einer guten halben Stunde war sein 13. Länderspiel auch schon wieder vorbei. Für ihn spielte von da an der neun Jahre ältere Lukas Podolski vom FC Arsenal auf dem linken Flügel, nach der Pause durfte er gar vom Kollegen Neuer die Kapitänsbinde übernehmen. Wurde bei seiner Einwechslung als bekennender Kölner vom Publikum in Düsseldorf (sic!) gefeiert. Fiel ansonsten erst wieder nach dem Abpfiff auf, als er mit den Journalisten scherzte. "War schön als Kölner in Düsseldorf, gute Stimmung hier. Das heißt, es waren viele Kölner im Stadion."

Mario Gomez: Erstmals seit dem 14. August vergangenen Jahres, als sich die DFB-Elf in Kaiserslautern ein 3:3 gegen Paraguay geleistet hatte, war der 29 Jahre alte Stürmer vom AC Florenz wieder unter den Löw‘schen Eleven. Eine Wiederkehr, wie sie unglücklicher nicht hätte verlaufen können. Drei Torchancen vorzüglicher Güte vergab in er in seinem 60 Länderspiel vor der Pause. Nach 57 Minuten kam Mario Götze für ihn ins Spiel. Der 22 Jahre alte Münchner wird nicht nur auf ewig den Beinamen "WM-Final-Torschütze" tragen, er erzielte auch den zweiten deutschen Treffer an diesem Abend in Düsseldorf, der dann doch etwas weniger weltmeisterlich war, als es sich die meisten erhofft hatten.

Quelle: ntv.de

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