Bayern und BVB top, Bundesliga zeigt Stärke Ein Sieg, aber doch keine neue Ära
27.05.2013, 11:59 Uhr
So sehen Sieger aus: Arjen Robben und Bastian Schweinsteiger, Sieger in der Fußball-Champions-League mit dem FC Bayern München.
(Foto: dpa)
Der Punkt beim Gerede über eine Wachablösung im europäischen Fußball ist: Es kann überhaupt niemand wissen, ob der FC Bayern nun den FC Barcelona als dominierende Mannschaft ablöst. Auch wenn die Münchner nun Sieger der Champions League sind. Und Borussia Dortmund ebenfalls beeindruckt.
Wer am Samstag in Mailand, Madrid, Barcelona oder Manchester vor dem Fernseher saß, um sich anzusehen, wie der FC Bayern München die Borussia aus Dortmund im Finale der Champions League mit 2:1 besiegte, der wird spätestens da gedacht haben: Meine Herren, die können auch Fußball, die Deutschen. Oder um mit Herbert Zimmermann zu sprechen: "Wann sieht man ein solches Endspiel, so ausgeglichen, so packe nd?" Gesagt hat das der legendäre Rundfunkreporter 1954 in Bern, als die deutschen Fußballer im Finale der Weltmeisterschaft die ungarische Mannschaft sensationell mit 3:2 besiegte.
Sensationell war am Samstag in London allerdings nicht das Ergebnis, sondern die Tatsache, dass beide Teams mit unbändigem Siegeswillen für ein aufregendes Finale auf höchstem Niveau sorgten. Wer das Spiel mag, hatte seine Freude. So viele Torszenen in einem Finale gab es selten, Abwarten war früher. Was die beiden besten deutschen Mannschaften, die gleichzeitig auch die beiden besten europäischen sind, am Samstag in Wembley zeigten, war nicht nur aller Ehren wert. Es spricht auch für die Bundesliga, kurzum für den deutschen Fußball.
Es spricht für die systematische Förderung der Jugend, die in den Vereinen verankerte Infrastruktur der Nachwuchszentren. Und es spricht für ein Konzept, das es Investoren, Mäzenen und Oligarchen verbietet, die Mehrheit in einem Klub zu übernehmen und nach Gutsherrenart zu schalten und zu walten; ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit, ohne Rücksicht auf Verluste. Was früher als großer Wettbewerbsnachteil galt, stellt sich nun als Segen heraus. Dass die Ligen in Italien und Spanien vor dem finanziellen Ruin stehen, ist der negative Beweis, dass der Weg der Bundesliga der mühsamere, aber der gesündere ist. Den positiven lieferten die Bayern in ihren dritten Champions-League-Endspiel in vier Jahren und die Dortmunder, die ihnen auf Augenhöhe begegneten.
"Xavi oder Iniesta werden das Fußballspielen nicht einstellen"
Wer nun aber von einer neuen deutschen dauerhaften Vormachtstellung im europäischen Fußball spricht, der irrt. Schon aufgrund der schlichten Tatsache, dass überhaupt niemand ohne seherische Gaben wissen kann, ob der FC Bayern den FC Barcelona nun als kontinental dominierende Mannschaft ablöst. Auch wenn diese Saison mehr als eine Momentaufnahme war: Ein Sieg begründet noch keine Ära, so schön es auch in London war. Das sieht auch Bundestrainer Joachim Löw so, rät zur Vorsicht und warnt vor Großmannssucht. "Xavi oder Iniesta werden jetzt das Fußballspielen nicht einstellen. Sie werden weiter eine starke Mannschaft haben." Selbstverständlich wird Barça den Kampf annehmen. Am Tag nach dem großen deutschen Finale sicherten sich die Katalanen für die kommenden fünf Jahre die Dienste des brasilianischen Supertalents Neymar.
Und wie so oft hilft ein Blick in die Geschichte: Sowohl Spanien im Jahr 2000 mit der Partie Real Madrid gegen den FC Valencia, Italien 2003 mit Juventus Turin gegen den AC Milan, als auch England 2008 mit Chelsea gegen Manchester United hatten ihre internen Duelle im Finale der Königsklasse - ohne dass darauf eine jahrelange Vorherrschaft folgte. "Wir haben dasselbe vor fünf Jahren über englische Fußballklubs gesagt, und über die italienischen Klubs, als Juve und der AC Mailand aufeinandergetroffen sind", sagt Michel Platini, der Präsident des Europäischen Fußballverbandes: "Ich werde keine Schlussfolgerungen daraus ziehen, dass nun zwei deutsche Klubs im Champions-League-Finale stehen."
Der Trend aber spricht für die Bundesliga. Das liegt auch am Geld. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte ist die höchste deutsche Spielklasse die profitabelste Liga im Vergleich zu denen in Spanien, England, Italien und Frankreich. 1,7 Milliarden Euro Verlust haben die europäischen Erstligisten allein im Jahr 2011 gemacht. In Zeiten der anhaltenden Wirtschaftskrise und des "Financial Fairplay" sicherlich nicht die schlechtesten Vorzeichen für eine erfolgreiche Zukunft der Bundesliga.
Ab der kommenden Saison gilt für alle Klubs in europäischen Wettbewerben die "Break-Even-Regel". Sie besagt, dass die Vereine nicht mehr Geld ausgeben dürfen, als sie einnehmen. Anreiz genug für ausländische Topspieler, ihren Arbeitgeber dann doch lieber in Deutschland zu suchen. Das sieht auch Manuel Neuer, der Torwart des FC Bayern so: "Viele Stars gehen nicht mehr nur nach Spanien oder England - das zeigt, dass der deutsche Fußball aufgeholt hat."
Quelle: ntv.de