Redelings Nachspielzeit

Ahlenfelder-Gedenktag Der unterhaltsamste Schiedsrichter aller Zeiten

Wolf-Dieter Ahlenfelder und Paul Breitner hatten manch nette Begegnung.

Wolf-Dieter Ahlenfelder und Paul Breitner hatten manch nette Begegnung.

Er ist einer dieser Legenden der Bundesliga: Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder. Spätestens nach seinem dritten Spiel, als er die Partie bereits nach 32 Minuten in die Pause pfiff, hatte er sich unsterblich gemacht. Doch es folgten viele weitere denkwürdige Momente.

"Nach 30 Minuten habe ich zur Halbzeit abgepfiffen. Nicht fragen, wieso, weshalb, warum. Da hatten wir wohl einen zu viel getrunken, ich weiß es auch nicht. Ja, das ist Ahlenfelder." Heute jährt sich wieder einmal eine der kuriosesten Partien, die der deutsche Fußball je gesehen hat. Und mit diesem Gedenktag erwachen die Erinnerungen an den unterhaltsamsten Schiedsrichter, den Deutschland je hatte. Wolf-Dieter Ahlenfelder aus Oberhausen war ein echter Typ. Einen wie ihn wird es wohl nie wieder geben.

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Ahlis Motto war zeitlebens: "Wenn einer motzt, dann motze ich zurück." Als ihn der große Bayern-Star und Weltmeister von 1974, Paul Breitner, einmal anraunzte: "Du pfeifst wie ein Arsch!", da reagierte Ahlenfelder herzhaft: "Und du spielst wie ein Arsch!" Und als ihn der stets üppig behaarte Paule dann bei einer anderen Partie mehrfach mit "du Affe" angesprochen hatte, konterte Ahlenfelder gelassen: "Schau mal in den Spiegel, Breitner, dann weißt du Bescheid."

"Ich bin auch kaputt wie ein Hund"

Ahlenfelder war "Schiedsrichter des Jahres" 1984, weil er nicht nur sehr gut pfiff, sondern weil er mit den Spielern umging wie kaum ein anderer. So holte sich Ahli den Bochumer Jupp Tenhagen, der kurz vor einem Platzverweis stand, eines Tages zu sich und sagte ihm auf joviale Art und Weise: "Hömma, Jupp. Ein bissken ruhiger jetzt. Wir wollen doch gleich noch schön einen Pott Bier zusammen schlürfen, oder nicht?" Ein anderes Mal bewahrte er den Mannheimer Spieler Dieter Finke bei einer Partie gegen den VfB Stuttgart vor einem Platzverweis, als er zu ihm meinte: "Lass dich auswechseln, sonst wechsel ich dich aus". Finkes Trainer Felix Latzke reagierte sofort.

Bei einem anderen VfB-Spiel holzte in der 89. Minute ein Uerdinger einen Stuttgarter brachial um. Der blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Doch Ahli sagte auf seine ganz spezielle Art zum VfB-Spieler nur: "Steh auf, ich bin auch kaputt wie ein Hund. Die eine Minute kriegen wir aber auch noch rum!"

Reden, reden, reden - das war stets das größte Credo von Ahli: "So, mein Jung, wird jetzt langsam Zeit, dass du dich verabschiedest. Sonst tu ich das für dich, und zwar mit Pauken und Trompeten. Dann kriegst du sogar noch ein Solo geblasen." Es war genau dieser besondere Humor, der ihn auszeichnete und beliebt machte bei den Profis: "Wenn ich als Schiri in der Bundesliga zum Einsatz kam, benutzte ich immer eine italienische Polizei-Pfeife. Wenn ich da reingeblasen habe, gingen den Spielern die Schnürsenkel auf."

"Wie Karneval in Rio!"

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Einer seiner größten Vorzüge: Er konnte mit allem Unvorhersehbaren tadellos umgehen und blieb stets gelassen. Als bei einem Spiel der Kölner gegen den FC Schalke 04 aus beiden Blöcken Leuchtraketen auf den Rasen flogen, stand Ahlenfelder mit einem breiten Grinsen am Spielfeldrand und deutet fröhlich auf das Feuerwerk: "Wie Karneval in Rio!" Die Partie konnte nach einer kurzen Unterbrechung zu Ende geführt werden.

Genau wie damals auf dem Betzenberg in Kaiserlautern, als ein sogenanntes Hochsicherheitsspiel anstand, wie Ahli auf seine herrliche Art und Weise einmal selbst erzählte: "Da kam dann natürlich der Einsatzleiter rein mit so 'nem Walki-Talki und wat nicht alles und sagte: ›Herr Ahlenfelder, wir haben heute einen Großeinsatz hier!‹ Ich sag: ›Ja und?‹ ›Wie wollen wir das denn händeln hier? Wie soll das denn überhaupt vonstatten gehen?‹ Ich sag: ›Mach doch kein Scheiß da. Leere Pullen sofort, puhhff, zurück.‹ ›Wat?‹ ›Ich sag, sofort zurück.‹ ›Ja, und volle?‹ ›Einsammeln. Einsammeln. In der Halbzeit werden wir uns lecker einen kredenzen.‹"

Doch noch einmal zurück zum Anfang - und zum Ahlenfelder-Gedenktag. Denn am 8. November 1975 passierte Ahli und seinen beiden Linienrichtern bei der Partie des SV Werder gegen Hannover 96 die berühmteste Schiedsrichter-Anekdote der Bundesliga-Geschichte. Damals saßen die drei Offiziellen zusammen in der Werder-Vereinsgaststätte und aßen zu Mittag. Gans mit Rotkohl und Klößen. Es schmeckte den dreien so köstlich, dass sie über das Essen etwas die Zeit vergaßen. Und so packten sie sich, als um 14:30 Uhr Werders Schiedsrichterbetreuer Richard Ackerschott an ihren Tisch kam und fragte, wann sich denn die Männer in Schwarz warmmachen wollten, an ihre prall gefüllten Bäuche und dachten: So wird das heute nichts!

"Deswegen die Fahne!"

Schnell spülten sie ihre Mägen mit ein oder zwei frischen Bieren durch und waren selbst überrascht, wie gut das klappte. Die Gans begann bereits zu schwimmen. Doch da es mittlerweile schon 14:45 Uhr war und das gebratene Federvieh, der Rotkohl und die Klöße nicht komplett absacken wollten, entschlossen sie sich, das widerborstige Essen nun härter zu bekämpfen und bestellten eiligst neben einer neuen Runde Pils auch einen Malteser. Und weil das so gut funktionierte, wiederholten die drei fröhlichen Männer den Spaß noch ein, zwei Mal und gingen dann runter zum Umziehen - schließlich stand ja noch eine Bundesligapartie auf dem Programm.

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Der damalige Werder-Präsident Franz Böhmert erinnerte sich einmal an diese verrückten Minuten: "Ich kam damals in die Schiedsrichter-Kabine, die war maximal 10qm groß, und es schlug mir schon eine Dunstglocke entgegen. Ich musste einen Bericht für den DFB anfertigen und habe dann erklärt, dass der Schiedsrichter sehr erkältet gewesen sei und unser Vereinsarzt ihm deshalb einen Hustensaft gegeben hat, und da war ein bisschen Alkohol drin. Deswegen die Fahne!" Auch Schiri-Betreuer Richard Ackerschott versuchte noch zu retten, was nicht mehr zu retten war und besorgte auf die Schnelle eine Flasche Munddeo.

Was dann passierte, ist Geschichte. Nach 32 Minuten blies Ahlenfelder in seine Pfeife und konnte nur mit viel Überredungskunst von Werder-Legende Horst-Dieter Höttges auf dem Weg in die Kabine aufgehalten werden. In Bremen erinnert man sich dennoch oder gerade deswegen auch heute noch gerne an diesen besonderen 8. November zurück. Mittlerweile gibt es in Stadionnähe des SV Werder sogar eine Kneipe, die den Namen des Oberhausener Schiedsrichters trägt. Ahli würde es gefallen. Denn wie erzählte er einst glücklich lächelnd: "Wenn man in Bremen einen Ahlenfelder bestellt, bekommt man ein Malteser-Bier-Gedeck. Da bin ich stolz drauf."

Quelle: ntv.de

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