Striktere Regeln gefordertBundesbank dringt auf Neuausrichtung der Schuldenbremse

SPD und Union wollen die umstrittene Schuldenbremse reformieren. Als Reaktion auf die Pläne präsentiert die Bundesbank einen eigenen Vorschlag - und schlägt unter anderem striktere Regeln bei Investition und Verteidigung vor.
Die Bundesbank hat einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Schuldenbremse vorgelegt. Ziel des Reformplans ist es, solide Staatsfinanzen und staatliche Investitionen verlässlich abzusichern. Zugleich soll den EU-Regeln Rechnung getragen und eine relativ stetige Haushaltspolitik ermöglicht werden. Die Bundesbank hält die aktuellen Regeln im Grundgesetz nicht für geeignet, um solide Staatsfinanzen verlässlich abzusichern.
Die deutschen Fiskalregeln wurden im März reformiert. Eine seit Mitte September tätige Kommission soll das Regelwerk nach Darstellung des Finanzministeriums praktikabler machen. Sie soll die wesentlichen Handlungsfelder einer Reform erörtern und erste Bereiche für eine gemeinsame Verständigung identifizieren.
In einer Sitzung informierte die Kommission Bundesfinanzminister Lars Klingbeil über den Stand der Arbeiten. Dieser sagte, Deutschland brauche eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur. Gleichzeitig müssten solide öffentliche Finanzen sichergestellt werden: "Wir brauchen eine kluge Modernisierung der Schuldenbremse, um beides dauerhaft sicherzustellen", sagte er.
Herausforderungen bei Verteidigung und Infrastruktur
Die Bundesbank stellt der Expertenkommission ihren eigenen Diskussionsbeitrag zur Reform der Schuldenbremse vor. Mit Verweis auf die umfangreichen Verschuldungsmöglichkeiten zur Finanzierung der aktuellen Herausforderungen bei Verteidigung und Infrastruktur erklärte die Bundesbbank: "Dies ist vorübergehend nachvollziehbar. Aufgrund der unbegrenzten Verschuldungsmöglichkeiten für Verteidigungsausgaben sind damit aber längerfristig weder solide Staatsfinanzen noch die Einhaltung der EU-Regeln gewährleistet". Sie empfiehlt, die Ausgabenschwelle (derzeit ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts) in geeigneten Stufen zu erhöhen und schließlich die Ausnahme davon ganz entfallen zu lassen.
In dem Drei-Stufen-Plan soll es bei den geltenden Kreditgrenzen bis 2029 bleiben. Hohe Defizite sind dabei möglich, Kredite sollen aber laut Bundesbank auf "große Bedarfe" für Verteidigung und Infrastruktur fokussiert werden: "Dies wurde bei der Änderung des Grundgesetzes in Aussicht gestellt. Derzeit ist aber geplant, einen Teil anders zu verwenden."
Kern des Plans: Schuldenquote bei 60 Prozent verankern
Um die Herausforderungen wirkungsvoll anzugehen, sei es folgerichtig, Verschuldungsmöglichkeiten stärker an den Prioritäten bei Infrastruktur und Verteidigung auszurichten. "Es erscheint darüber hinaus naheliegend, schon in der jetzigen Situation auf neue strukturell belastende Maßnahmen ohne Gegenfinanzierung zu verzichten: Umso geringer fällt im Folgenden der Handlungsbedarf aus, um Haushaltslücken zur Einhaltung der Schuldenbremse zu schließen."
Der Reformvorschlag sieht vor, in einer Übergangsphase die nationalen Kreditgrenzen im Grundgesetz zu ändern, um die Defizitquote ab 2030 sukzessive zu senken. Verteidigungsausgaben sollen demnach perspektivisch ohne Sonderkredite finanziert werden, um erweiterte Kreditspielräume vor allem für Investitionen zu schaffen.
Nach der Übergangsphase gilt es aus Sicht der Bundesbank, die erreichte "sichere Position" im Einklang mit den EU-Regeln zu stabilisieren. Der im Frühjahr von ihr vorgelegte Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse erscheine hierfür im Grundsatz weiterhin gut geeignet, erklärte die Bundesbank. Kern des Plans ist, die gesamtstaatliche Schuldenquote beim europäischen Referenzwert von 60 Prozent gut zu verankern.