Wirtschaft

"Reformliste auf Mobilgeräten und Griechisch" Athen vergrätzt Brüssel

Ein Euro mag für ein kleines Fähnchen reichen, Griechenland braucht jedoch mehr.

Ein Euro mag für ein kleines Fähnchen reichen, Griechenland braucht jedoch mehr.

(Foto: REUTERS)

Die Troika ist offenbar alles andere als zufrieden mit der jüngsten Reformliste aus Athen, die auch noch auf Griechisch daher kommt. Griechenland verschwende viel Zeit, findet der Vize-Präsident der EU-Kommission. Und wartet auf ein ordentliches Reformpapier.

Die Gläubiger-Institutionen sind Medienberichten zufolge mit den jüngsten griechischen Reform- und Sparvorschlägen bei weitem nicht zufrieden. "Die Grundlage der Vorschläge wird nicht akzeptiert, umso weniger die Einzelheiten", schrieb die griechische Zeitung "To Vima". Der Sender "Mega" meldete, die Gläubiger pochten auf "härtere Maßnahmen". Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sind in der vergangenen Woche mehrere Vorbereitungstreffen geplatzt, obwohl Athen die Zusammenarbeit zugesagt hatte.

Verwirrung herrschte in Brüssel offenbar bereits darüber, ob das am Freitag von der griechischen Regierung vorgelegte Dokument überhaupt die Reformliste sei, auf die die Geldgeber warteten. Statt der versprochenen Liste habe die griechische Delegation lediglich Dokumente in elektronischer Form auf mobilen Geräten präsentiert - und dann auch noch auf Griechisch, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Ein Schritt vor, zwei zurück

Die EU-Kommission wertet diese Dokumente offenbar nicht als Endkonzept: "Wir erwarten die Liste Anfang der Woche", sagte der zuständige Vize-Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, in einem "Welt"-Interview vom Sonntag. "Griechenland verschwendet viel Zeit."

Experten des griechischen Finanzministeriums waren am Freitagabend nach Brüssel gereist, um am Wochenende eine neue Reformliste abzustimmen. Die Gläubiger-Institutionen aus der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und vom Internationalen Währungsfonds müssen der Liste zustimmen. Anschließend ist noch ein grünes Licht der Euro-Finanzminister notwendig, damit das pleitebedrohte Griechenland frische Notkredite aus dem verlängerten Rettungsprogramm erhalten kann.

Die Links-rechts-Regierung von Syriza-Ministerpräsident Alexis Tsipras hat mehrfach Zahlungsschwierigkeiten eingeräumt, will die Forderungen der Euro-Partner aber offenbar noch nicht erfüllen. Strittig seien insbesondere die geplante Reform der Sozialversicherung sowie die Anhebung des Renteneintrittsalters, berichtete der TV-Sender "Mega".

"Varoufakis ist einer der Wichtigsten"

Auf Yanis Varoufakis will Regierungschef Tsipras nicht verzichten.

Auf Yanis Varoufakis will Regierungschef Tsipras nicht verzichten.

(Foto: dpa)

Regierungschef Tsipras dementierte derweil Gerüchte über eine baldige Entlassung von Finanzminister Yanis Varoufakis. Er sei eines der wichtigsten Regierungsmitglieder, sagte Tsipras der Athener Sonntagszeitung "Real News". Varoufakis "Strategie" in den Verhandlungen mit den Geldgebern sei Ergebnis einer "kollektiven" Entscheidung der Regierung.

Im Ausland und in Griechenland gebe es jedoch Kräfte, die eine Änderung in der Verhandlungsstrategie und damit eine Rückkehr zum Sparkurs sehen wollten, sagte Tsipras. "Dies aber ist Science-Fiction solange Syriza regiert", betonte er. Der Regierungschef äußerte sich zugleich zuversichtlich, dass es bald eine Lösung für Griechenlands Finanzproblem geben werde.

Dafür sei aber eine "Änderung der Rückzahlungsbedingungen der Schulden sowie deren Reduzierung" notwendig. Gemeint sind niedrigere Zinsen, spätere Fälligkeiten und ein faktischer Verzicht der Geldgeber auf einen Teil ihrer Forderungen. Es gebe mittlerweile in Europa "keinen seriösen Menschen" mehr, der weitere Rentenkürzungen oder Massenentlassungen für einen gangbaren Weg zur Lösung der griechischen Finanzprobleme halte, sagte Tsipras.

Kipping fordert Merkel-Plan

Auch wenn das in Brüssel anders gesehen wird, stößt Tsipras in Berlin auf ein offenes Ohr: Linken-Chefin Katja Kipping hat ein Konjunktur-Programm für Europas Krisenländer gefordert. "Mittelfristig braucht es für ganz Südeuropa einen Investitions- und Aufbauplan nach Vorbild des Marshall-Plans für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg", sagte die Parteivorsitzende der "Bild am Sonntag". "Dieses Programm darf ruhig 'Merkel-Plan' heißen. Merkel hätte damit die Chance, in die Fußstapfen des Europäers Helmut Kohl zu treten."

Die Politik der internationalen Geldgeber gegenüber Griechenland verurteilte Kipping als undemokratisch. "Im Zuge der sogenannten Hilfspakete haben Troika-Beamte, die von niemandem gewählt wurden, einer demokratisch gewählten Regierung Vorschriften gemacht. Da wird Demokratie ausgehebelt." Kipping warf den Geldgebern Griechenlands vor, das Land wirtschaftlich zu erpressen. Durch die Kürzungsauflagen der Troika sei es dem Land unmöglich, seine Schulden zurückzuzahlen.

Quelle: ntv.de, sla/AFP/dpa

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