"Sorgenkind der EU"Deutschland bleibt trotz Krise größter Nettozahler der EU

"Ein Spiegel der wirtschaftlichen Machtverhältnisse in Europa" sei der EU-Haushalt, sagt eine Expertin. Womöglich deshalb veröffentlicht die EU-Kommission selbst keine Zahlen mehr dazu. Eine Studie erlaubt nun einen Blick in den Spiegel. Der zeigt zweierlei.
Deutschland bleibt einer Studie zufolge trotz Wirtschaftskrise mit Abstand der Nettozahler Nummer eins der Europäischen Union (EU). Im vergangenen Jahr zahlte Europas größte Volkswirtschaft 13,1 Milliarden Euro mehr in den EU-Topf ein, als sie daraus erhielt. Das zeigt eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln).
Die schwache deutsche Konjunktur macht sich jedoch bemerkbar: 2022 lagen die Nettozahlungen noch bei 19,7 Milliarden Euro, bis 2023 sanken sie auf 17,4 Milliarden Euro. Der aktuelle Wert entspricht etwa dem Schnitt der Vor-Brexit-Jahre 2014 bis 2020 von 13,5 Milliarden Euro, als Großbritannien noch einzahlte.
Frankreich liegt demnach auf Platz zwei. Es führte letztes Jahr 4,8 Milliarden Euro mehr ab, als zurückflossen. Auf Platz drei folgt Italien mit einem Nettobeitrag von 1,6 Milliarden Euro. Die größten Nettoempfänger sind Griechenland mit 3,5 Milliarden Euro, Polen mit 2,9 Milliarden Euro und Rumänien mit 2,7 Milliarden Euro. 2023 lag hier Polen mit 8,1 Milliarden Euro klar auf dem ersten Platz.
Beitrag dürfte weiter abnehmen
"Der EU-Haushalt ist ein Spiegel der wirtschaftlichen Machtverhältnisse in Europa", sagte IW-Expertin Samina Sultan. Wachstumsstarke Länder wie Polen erhielten zuletzt weniger Unterstützung. "Deutschland und Frankreich sind die Sorgenkinder der EU", fügte Sultan hinzu. "Ihre Wirtschaftskrise zeigt sich auch an den kleiner werdenden Beiträgen zum EU-Haushalt."
Wegen der anhaltenden Flaute könnte die Bundesrepublik 2025 erneut weniger netto einzahlen. "Da Deutschland auch dieses Jahr, nach derzeitigen Prognosen, im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern unterdurchschnittlich wächst, dürfte der deutsche Nettobeitrag auch für das laufende Jahr weiter abnehmen", sagte Sultan.
Netto zahlte jeder Bürger in Deutschland im vergangenen Jahr rund 157 Euro an die EU - auch das bedeutet den ersten Platz, gefolgt von Irland mit 130 Euro. Bis 2020 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Statistik über Nettozahler und -empfänger noch selbst. Sie verzichte inzwischen aber aus politischen Gründen darauf, so das IW. "Zwar lassen sich die Effekte der europäischen Integration nicht auf die Nettopositionen der Mitgliedstaaten reduzieren, aus Transparenzgründen ist ihre Berechnung dennoch wichtig", betonte das Institut