"Jetzige Förderung richtig gut" Wer eine Wärmepumpe will, greift besser zu
07.09.2023, 13:39 Uhr Artikel anhören
Die Branche setzt voll auf die Wärmepumpe.
(Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer)
Die Zahl der Neuaufträge bricht ein, die Menschen sind verunsichert, das Image der Wärmepumpe angekratzt und Deutschland wird vom Ausland abgehängt - in der Heizungsdebatte hat die Ampel im Frühjahr falsch gemacht, was man hätte falsch man können. Dennoch ist Björn Schreinermacher vom Bundesverband Wärmepumpe überzeugt, dass "seine" Technologie die bestmögliche für die Wärmewende bleiben wird. Denn europaweit lag das Wachstum vergangenes Jahr bei mehr als 50 Prozent. "Dieser Trend lässt sich nicht durch eine politische Debatte zerstören", sagt Schreinermacher im "Klima-Labor" von ntv.de. Auch das neue Heizungsgesetz selbst mache viel richtig, meint der Lobbyist. An zwei Stellen müsse die Politik aber nachbessern: Ohne Korrektur ist die aktuelle Förderung höher als die künftige; der Gaspreis darf nicht länger gebremst werden, wenn die Menschen auf elektrische Wärme umsteigen sollen.
ntv.de: Hat die Heizungsdebatte der Ampel im Frühjahr das Image der Wärmepumpe zerstört?

Björn Schreinermacher leitet die Abteilung Politik beim Bundesverband Wärmepumpe.
(Foto: Bundesverband Wärmepumpe)
Björn Schreinermacher: Diese Wortwahl ist mir zu drastisch, denn die Wärmepumpe ist nicht erst mit dem Gebäudeenergie- oder Heizungsgesetz (GEG) aufgetreten. Wir sehen im Wärmemarkt seit Jahren eine deutliche Entwicklung hin zur Wärmepumpe - nicht nur in den skandinavischen Ländern, sondern auch in Frankreich, den Niederlanden und zunehmend auch in Deutschland. Vergangenes Jahr lag das Wachstum bei mehr als 50 Prozent. Dieser Trend lässt sich nicht durch eine politische Debatte zerstören.
Aber wenn die Wärmepumpe so beliebt ist, ist es doch umso ärgerlicher, dass drei Parteien das Thema derart kontrovers aufmachen.
Wie dieser Prozess derart eskalieren konnte, ist eine berechtigte Frage. Dass 65 Prozent der neuen Heizungen mit erneuerbaren Energien laufen müssen, stand schon im Koalitionsvertrag. Damals sollte die Umsetzung 2025 beginnen. Durch die Energiekrise wurde der Termin um ein Jahr vorgezogen. Das haben alle drei Regierungsparteien unterstützt. Insofern hatten wir keine derart große Debatte erwartet.
Haben Sie eine Idee, warum die Debatte eskalieren konnte?
Das Thema "Heizen" ist natürlich ein kontroverses Feld, denn es betrifft das Zuhause der Menschen. Die Bundesregierung hat zudem den Eindruck erweckt, dass wir auch in Zukunft mit Gas heizen können: Die Gaspreisbremse wurde eingeführt, die Mehrwertsteuer gesenkt. Im Winter sind die Gaspreise nicht so stark gestiegen, wie befürchtet. Die Energiekrise ging glimpflich aus. Das war keine günstige Ausgangssituation, um zu sagen: Wir müssen trotzdem die Gasheizung austauschen.
Haben Sie mal im Bundeswirtschaftsministerium oder bei der FDP angerufen und gesagt, dass der Streit aufhören muss, weil wir die Wärmepumpe brauchen?
Es gab sogar formelle Anhörungen, bei denen wir genau das gesagt haben. Die Entgegnung war und ist bis heute: Klar brauchen wir die Wärmepumpe! Das sagen - mit einer Ausnahme - alle Parteien im Bundestag, nicht nur die Regierung. Aber der Weg dahin ist unklar und zumindest einer Partei war es wichtig, sich alle Optionen offenzuhalten. Für diejenigen, die an das Märchen glauben, dass Gas eines Tages grün werden könnte.
Und sich deswegen eine Gasheizung einbauen, die später mit Wasserstoff betrieben werden soll?
Ich sagte schon, wir hängen bei der Wärmewende hinterher. Unsere CO2-Einsparungen im Gebäudebereich sind marginal. Praktisch alle Länder um uns herum sind weiter, inzwischen leider auch die Schweiz und Österreich. Wenn man sich die anschaut, wird nirgendwo Wasserstoff eingesetzt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass allein Deutschland diesen Weg beschreiten wird.
Der Schaden ist allerdings angerichtet: Im Juni wurde gemeldet, dass die Zahl der Förderanträge für Wärmepumpen rapide sinkt. Verglichen mit dem Vorjahr gab es einen Rückgang von 38 Prozent.
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Die Politik sollte versuchen, zu reparieren, was kaputtgegangen ist. Wir haben im letzten Jahr durch die Energiekrise einen Run auf Wärmepumpen gesehen, von dem die Unternehmen bis heute zehren. Aber die Neuaufträge sind weg und die Menschen verunsichert. Kaum jemand weiß, was es mit Dingen wie dem Wärmeplanungsgesetz auf sich hat.
Länder und Kommunen müssen sagen, wie sie ihre Heizinfrastruktur gestalten wollen, aber viele beginnen erst mit ihrer Planung.
Ja. Ich glaube aber nicht, dass das Wärmeplanungsgesetz relevant sein wird, denn wer wird wirklich Fernwärme oder ein Wasserstoffgasnetz vor seiner Haustür haben? Viele werden es nicht sein. Die meisten Menschen brauchen das klare Signal, dass sie sich selbst kümmern müssen. Die neue Förderung hat aber auch zur abwartenden Haltung beigetragen, denn die Ampel-Parteien haben für einen Übergangszeitraum einfach Beträge von bis zu 70 Prozent genannt.
Nicht verkehrt, oder?
Nein, aber die Frage lautet doch: 70 Prozent wovon? Im aktuellen Entwurf für das GEG steht, dass es um 70 Prozent von maximal 30.000 Euro Investition geht. Aber Projekte, bei denen gründlich saniert und modernisiert werden soll, gehen darüber hinaus. Verglichen damit sind momentan die Prozentbeträge kleiner, in absoluten Euro ist die Förderung aber besser. Das wissen aber nicht viele.
Man bekommt aktuell mehr Förderung als später durch das GEG?
Momentan liegt die Grenze bei 40 Prozent von 60.000 Euro. Die maximale Fördersumme beläuft sich also auf 24.000 Euro. Das ist mehr, als wenn es in Zukunft 70 Prozent von 30.000 Euro gibt. Wir wollen die Politik aber überzeugen, an dieser Stelle nachzubessern.
Ist die neue Förderung eine Mogelpackung?
Nein, die jetzige Förderung ist richtig gut! Aber auch die neue macht ein paar Dinge gut, denn unter anderem wird der einkommensabhängige Bonus für Hausbesitzer eingeführt, die ein Haushaltseinkommen von unter 40.000 Euro haben. Das sind gar nicht so wenige. Das hilft vielen Menschen, die im Ruhestand sind und ihre Heizung tauschen müssen. Sie erhalten 20 Prozentpunkte mehr. Wenn es uns jetzt noch gelingt, den Förderrahmen so auszuweiten, dass alle Maßnahmen im Umfeld einer Wärmepumpe abgedeckt sind, ist das Heizungsgesetz ein richtig gutes Paket.
Sie sind zufrieden mit dem Entwurf?
Es ist der bestmögliche Kompromiss und die zügige Verabschiedung auch deswegen wichtig, weil das Gesetz der Branche einen Planungsrahmen setzt. Aber wir sollten noch an die Förderung und die Strompreise herangehen: Der Gaspreis wurde gebremst, die Mehrwertsteuer abgesenkt. Das hatte in der Energiekrise seine Berechtigung. Aber auf der Stromseite hat man nichts gemacht. Das erweckt einen merkwürdigen Eindruck, wenn man von Gas auf Strom umsteigen soll.
Die Strompreise sollen sogar noch ein wenig steigen.
Es gibt unterschiedliche Schätzungen, aber der Vorteil einer Wärmepumpe ist, dass sie flexibel steuerbar ist, auf fluktuierende Strompreise reagieren und den Strom dann nutzen kann, wenn besonders viel erneuerbare Energie im Strommix ist. In diesen Zeitfenstern ist der Strom etwas günstiger.
Aber davon profitiert man erst, wenn das Haus energetisch saniert ist und sich die Wärme hält.
Ein gut gedämmtes Gebäude ist unabhängig vom Heizungssystem sinnvoll, denn die Zeiten, in denen man günstig mit Gas oder Öl heizen und nicht auf die Kosten achten musste, sind endgültig vorbei. Aber es ist nicht so, dass man alles zeitgleich machen muss. Man kann zuerst die Heizung austauschen und, wenn wieder etwas Geld in der Kasse ist oder ein weiteres Förderprogramm aufgelegt wurde, schaut man sich die Gebäudehülle an und macht Dach oder Fenster.
Würde ein weiteres Förderprogramm rückwirkend auch für diejenigen gelten, die sich schon jetzt für die Wärmepumpe entscheiden?
In der Regel gelten Stichtage. Das Förderprogramm muss in Kraft sein, bevor man eine Wärmepumpe in Auftrag gibt. In diesem Fall drängen wir mit Nachdruck darauf, den Ablauf zu ändern, weil zu viele Menschen abwarten. Und bis die neue Förderung umgesetzt ist, vergehen Monate. Wir wollen, dass man sofort eine Wärmepumpe bestellen kann und später trotzdem vollständig von der neuen Förderung profitiert.
Haben Sie schon eine Rückmeldung, ob das eine Überlegung wert ist?
Wir erhalten vorsichtig positive Zeichen, aber da geht es um Finanzrecht … das ist nicht einfach.
Es hängt immer vom Haus ab, vom Alter, von der Gebäudehülle, aber wenn man diesen Schritt wagt: Mit welchen Kosten muss man aktuell bei einer Wärmepumpe rechnen?
Bei einem standardmäßigen Einfamilienhaus kostet die Luft-Wärmepumpe samt Installation und dem Austausch einzelner Heizkörper 25.000 Euro. Entscheidet sich jemand für Erdwärme, bei der gebohrt werden muss, wird die Installation vermutlich 10.000 Euro teurer. Aber dann wird der Betrieb effizienter und kostet weniger.
Das ist deutlich günstiger als die sechsstelligen Summen, die im Frühjahr vermeldet wurden.
Teilweise waren abstruse Zahlen im Umlauf, aber ja: Die Preise sind durch die hohe Nachfrage im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Das lag auch an der Installation, denn die macht ungefähr 50 Prozent des Preises aus. In beiden Fällen waren die Kapazitäten begrenzt. Langsam setzt die Normalisierung ein und die Preise sinken wieder auf das Niveau von 2021.
Das GEG wird in dieser Woche nach dem gerichtlichen Stopp im Bundestag behandelt. Glauben Sie, dass die Eigenheimbesitzer die Wärmepumpe doch noch mit offenen Armen annehmen, wenn es einmal beschlossen ist?
Ja. Wir sind felsenfest von unserer Technologie überzeugt und auch die Marktentwicklung der letzten Jahre zeigt: Die Wärmepumpe ist die erste Option im erneuerbaren Wärmemarkt und kommt den Menschen sehr weit entgegen. Die Geräte am Markt sind inzwischen deutlich effizienter als früher.
Auch deswegen lohnt sich ein Umstieg?
Wir werben immer für unsere Technologie, aber das ist natürlich ein Argument. Das Wichtigste aber ist, dass wir erneuerbare Energien nutzen und CO2 vermeiden. Auch, weil mit dem CO2-Preis weitere Kosten vor der Tür stehen, die früher oder später dafür sorgen, dass das Heizen mit fossilen Energieträgern teuer wird.
Mit Björn Schreinermacher sprach Christian Herrmann. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet.
Was hilft gegen den Klimawandel? "Klima-Labor "ist der ntv Podcast, in dem Clara Pfeffer und Christian Herrmann Ideen und Behauptungen prüfen, die toll klingen, es aber selten sind. Klimaneutrale Unternehmen? Gelogen. Klimakiller Kuh? Irreführend. Kunstfleisch? Das Grauen 4.0. Aufforsten im Süden? Verschärft Probleme. CO2-Preise für Verbraucher? Unausweichlich. LNG? Teuer.
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Quelle: ntv.de