Wirtschaft

Bundesbankchef zeigt Risiken auf "Digitaler Euro kann Bargeld nicht nachbilden"

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann schlägt vor, die Einführung des digitalen Euros schrittweise anzugehen, um mögliche Risiken unter Kontrolle zu halten.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann schlägt vor, die Einführung des digitalen Euros schrittweise anzugehen, um mögliche Risiken unter Kontrolle zu halten.

(Foto: imago images/Christian Ohde)

In der Pandemie hat das kontaktlose Bezahlen an Popularität gewonnen. Trotzdem verlassen sich viele Deutsche nach wie vor auf Schein und Münze. Auch laut Bundesbankchef Weidmann wird Bargeld in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Daran werde auch ein digitaler Euro so schnell nichts ändern.

Trotz eines Trends zum bargeldlosen Bezahlen bleibt die Nachfrage nach Banknoten in Deutschland hoch. "Für das laufende Jahr zeichnet sich bislang eine Nettoemission ab, die zwar geringer ist als im Vorjahr, aber den Wert von 2019 etwas übertrifft", sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann laut Redetext zur Eröffnung eines Symposiums der Bundesbank in Berlin, das auch live im Internet übertragen wurde. "Die Nachfrage nach Bargeld wächst also weiter, obwohl seine Bedeutung als Zahlungsmittel gesunken ist. Seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel erklärt dieses Paradoxon", führte Weidmann aus.

Im Jahr 2020 habe die Bundesbank über ihre Filialen Euro-Banknoten im Gesamtwert von 70 Milliarden Euro netto ausgegeben. 60 Prozent der alltäglichen Transaktionen, die in Deutschland getätigt werden, werden immer noch mit Schein und Münze bezahlt. Die Corona-Pandemie hat jedoch dem Bezahlen ohne Bargeld einen Schub gegeben. Händler werben aus Hygienegründen für das kontaktlose Bezahlen an der Ladenkasse, zudem boomt der Online-Handel. Es sei überzeugt, "dass Bargeld auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird", bekräftigte Weidmann. "Kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro."

Digitaler Euro kann nicht die Anonymität von Bargeld bieten

Europas Währungshüter prüfen seit einer Weile die mögliche Einführung einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung. Mitte Juli 2021 beschloss die Europäische Zentralbank (EZB), die Vorarbeiten auf die nächste Stufe zu heben: In einer zweijährigen Untersuchungsphase geht es nun etwa um Technologie und Datenschutz. Ob ein digitaler Euro kommen wird, ist damit noch nicht entschieden. "Klar ist: Der digitale Euro wird nicht die Anonymität des Bargelds bieten können. Schließlich hinterlassen digitale Zahlungen immer Spuren", sagte Weidmann.

"Gerade angesichts der Risiken könnte es sinnvoll sein, beim digitalen Euro schrittweise vorzugehen. Das heißt, den digitalen Euro zunächst mit einem bestimmten Bündel an Eigenschaften auszustatten, die wichtige Einsatzmöglichkeiten als Zahlungsmittel erlauben. Später könnten weitere Funktionen hinzugefügt werden." Bis der digitale Euro kommt, dürften jedoch noch fünf Jahre ins Land gehen.

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Weidmann warnte weiterhin: "Zumindest bis zu einem gewissen Grad wäre der digitale Euro eine Alternative zu Bankeinlagen. Deshalb könnte er die Strukturen im Finanzsystem verändern oder neue Risiken für die Finanzstabilität verursachen." Daher werde diskutiert, das Halten von digitalen Euro einzuschränken, zum Beispiel durch eine Obergrenze oder eine ungünstigere Verzinsung höherer Beträge. Dies schmälere seine Attraktivität als Wertaufbewahrungsmittel für die Verbraucher - im Verhältnis zu Bankeinlagen, aber auch zum Bargeld, sagte Weidmann.

Viele Notenbanken prüfen derzeit die Einführung digitaler Versionen ihrer Währungen. China gehört zu den Pionieren und auch die russische Notenbank will bereits nächstes Jahr in einer Pilotphase einen digitalen Rubel testen. Weidmann wird sein Amt Ende des Jahres niederlegen. Er befand sich im EZB-Rat oft in einer Minderheitenposition bei der Geldpolitik, die er die Bundesbank traditionell auf eine eher straffe Linie ausgerichtet sehen möchte. So waren Weidmann und Belgiens Notenbank-Chef Pierre Wunsch im Juli die einzigen im EZB-Rat, die den neuen geldpolitischen Ausblick der Euro-Notenbank bis zuletzt abgelehnt hatten. In seinem Abschiedsbrief an die Mitarbeiter hatte er gemahnt, Inflationsrisiken im Blick zu halten.

Quelle: ntv.de, mbu/dpa/Reuters

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