Wirtschaft

Die EU - ein Bürokratiemonster? Exxon droht mit Abzug von Milliarden für Klimaprojekte

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Für die Umsetzung des Green Deal sind Billionen von Euro notwendig. Hohe Kosten entstehen am Ende vor allem für die Industrie.

Für die Umsetzung des Green Deal sind Billionen von Euro notwendig. Hohe Kosten entstehen am Ende vor allem für die Industrie.

(Foto: IMAGO/Pond5 Images)

Der US-Ölgigant Exxon macht Druck: Wenn Brüssel nicht gegen die Umweltbürokratie vorgehe, werde der Konzern "in anderen Teilen der Welt" investieren. Die regulatorischen Hürden seien "mühsam" für Unternehmen und für die "Deindustrialisierung der europäischen Wirtschaft" verantwortlich.

Milliardeninvestitionen von Exxon Mobil für wichtige Klimaprojekte in Europa stehen auf der Kippe. Wie die "Financial Times" unter Berufung auf die Präsidentin der Produktlösungssparte des Unternehmens, Karen McKee, schreibt, will der US-Ölriese Investitionen in Europa wegen hoher bürokratischer Hürden nun ernsthaft überdenken, wenn Brüssel keine Abhilfe schaffe.

Der US-Ölkonzern habe zwischen 2022 und 2027 20 Milliarden US-Dollar für Dekarbonisierungsprojekte vorgesehen, zitiert die Zeitung McKee. Angesichts der zunehmenden Frustration über den regulatorischen Aufwand für die Umsetzung von Projekten in Europa werde Exxon jetzt aber - anders als geplant - "anderen Teilen der Welt" den Vorzug bei seinen Vorhaben geben, heißt es. Erst im Dezember hatte Exxon ein sogenanntes CCS-Pilotprojekt angekündigt, ein Verfahren zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CO2), das mit 30,5 Millionen aus EU-Mitteln kofinanziert werden sollte.

Exxon sieht sich nicht als Einzelfall, sondern macht die regulatorischen Hürden für eine zunehmende "Deindustrialisierung der europäischen Wirtschaft" verantwortlich. Projekte in der EU seien mit "langsamen und mühsamen" Genehmigungs- und Finanzierungsverfahren verbunden, so McKee. Schuld seien die ehrgeizigen Klima-Vorschriften, die "sehr negative Auswirkungen" auf Unternehmen hätten. Es gebe seitens der Unternehmen kein Vertrauen mehr in eine vorhersehbare Politik, die notwendig sei für langfristige Investitionen.

Industrie-Chefs fordern europäischen "Industrial Deal"

Die Drohung der Exxon-Chefin spiegelt den wachsenden Unmut vieler Unternehmen. Sie halten die Bürokratieaufwand in der EU für geschäftsschädigend. Nicht zufällig fiel die Kritik von Exxon wohl auf den Tag, an dem ein wichtiges Treffen der Wirtschaft hierzu in Belgien stattfand. Premierminister Alexander De Croo traf sich diesen Dienstag laut Medienberichten mit 70 führenden Vertretern aus Wirtschaft und Industrie, um eine Deklaration zu verabschieden, die den europäischen Standort attraktiver machen soll. Aus Deutschland waren am BASF-Standort in Antwerpen neben Topmanagern des Chemieunternehmens BASF selbst, Branchenvertreter von Evonik, Covestro und Bayer anwesend. Ebenfalls präsent: Zementhersteller wie Heidelberg Materials. An ausländischen Konzernen nahmen Exxon Mobil, TotalEnergies, ArcelorMittal sowie der Chemieriese Ineos teil.

Die Befürchtung der Gruppe: Europa könnte im Wettlauf mit China und den USA Gefahr laufen, den Anschluss zu verlieren bei der Einführung erneuerbarer Energien sowie der erforderlichen Technologien für die Senkung der Industrieemissionen. In Antwerpen stellten sie deshalb ihre Idee von einem europäischen "Industrial Deal" als Ergänzung zum "Green Deal" vor. Ihre Hauptforderungen neben dem Bürokratieabbau: Energie billiger machen und die Finanzierung sauberer Technologien fördern. Ziel der Initiative sei es, "hochwertige Arbeitsplätze für europäische Arbeitnehmer in Europa" zu erhalten, heißt es in dem Dokument, das dem "Handelsblatt" vorab vorlag.

Hohe Industrie für die Industrie

Die Wirtschaft der Europäischen Union befindet sich in einer längeren Phase der wirtschaftlichen Beinahe-Stagnation. Im vergangenen Quartal ist sie nur ganz knapp einer Rezession entgangen. Der Green Deal der EU ist nicht nur ein Mammutprojekt, für seine Umsetzung sind Billionen von Euro notwendig. Er sieht vor, dass die CO2-Emissionen in diesem Jahrzehnt um 55 Prozent sinken. Bis 2040 sollen 90 Prozent wegfallen, 2050 dann sollen die Netto-Treibhausemissionen bei null liegen.

Wichtig für diese Klima-Strategie ist das sogenannte Gesetzespaket "Fit for 55", das Maßnahmen in verschiedenen Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft umfasst. Bei der Finanzierung spielt nicht nur die Europäische Investitionsbank eine Schlüsselrolle. Hohe Kosten entstehen am Ende vor allem für die Industrie. Ihre Kritik: Die EU habe schonende Übergangsregelungen in Aussicht gestellt, die sie bislang aber schuldig geblieben sei.

Quelle: ntv.de, ddi

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen