Wirtschaft

George Soros wird 85 Der Mann, der die Bank of England knackte

George Soros ist auch im hohen Alter umtriebig. Hier bei einer Konferenz im April.

George Soros ist auch im hohen Alter umtriebig. Hier bei einer Konferenz im April.

(Foto: Reuters)

George Soros ist einer der abgezocktesten und erfolgreichsten Anlagestrategen überhaupt. Aber er selbst hadert mit diesem Image. Soros hätte sich lieber seine Meriten als Gutmensch und Philosoph verdient.

Für seine Anhänger ist er einer der erfolgreichsten Anleger der Welt. Ein genialer Hedgefonds-Manager, der es wagt, gegen Volkswirtschaften zu wetten - und damit Milliarden verdient. Doch für seine Kritiker ist er ein aggressiver Finanzhai. George Soros polarisiert. Der Multimilliardär ist das Zocker-Image zu seinem Leidwesen nie losgeworden. Obwohl er auch heute noch viel in sein Image als Philosoph und Philanthrop investiert. Jetzt feiert Soros seinen 85. Geburtstag.

Soros' Werdegang ist die typische Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär. Der 1930 in Budapest geborene und aus einer jüdischen Familie stammende US-Starinvestor kam 1947 als junger Mann nach Großbritannien. Er studierte an der London School of Economics and Political Science Philosophie und promovierte. Sein Mentor war Karl Popper. Dessen Vorstellungen beeinflussten sein ganzes späteres Schaffen. 1956 wanderte Soros in die USA aus, wo er Karriere machte - allerdings als Finanzinvestor und nicht als Wissenschaftler.

Eigentlich könnte er damit zufrieden sein. Das "Forbes"-Magazin schätzte sein Vermögen zuletzt auf 24,2 Milliarden Dollar - eine brillante Bilanz für einen, der seine Karriere als mittelloser Teenager in London begonnen hat, der dem Naziterror entkommen und die Brutalität eines totalitären, kommunistischen Regimes ertragen musste.

Sein größter Coup war 1992 die legendäre Wette gegen das britische Pfund. Als Großbritannien vor der Einführung des Euro dem Druck der Finanzmärkte nachgab und das Pfund aus dem europäischen System fester Wechselkurse löste, machte er innerhalb weniger Tage ein Milliardenvermögen. Soros schrieb Finanzgeschichte, als "der Mann, der die Bank von England knackte". Die Tragik der Geschichte: Er selbst wollte immer mehr sein als Investor. Er sah sich als Philosoph. Immer wieder hat er beteuert, dass Geld ihn bestenfalls am Rande interessiere. 

Der "gescheiterte" Philosoph

Soros wurde zwar viel für seine Theorien belächelt, aber sie wurden immerhin die erfolgreiche Grundlage seines Handelns. Soros Maxime ist, dass Menschen völlig irrational handeln. Problemlos können sie einen Zustand des Gleichgewichts in den eines Ungleichgewichts kippen - zum Beispiel aus einer Demokratie eine autoritäre Gesellschaft machen. Für ihn basiert das Verhalten von Individuen deshalb nie auf Tatsachen. Es gründet vielmehr darauf, wie Menschen Situationen wahrnehmen. Zwischen der Ansicht eines Marktteilnehmers und der tatsächlichen Sachlage kann es laut Soros eine oder sogar mehrere Rückkoppelungen geben. Das Ergebnis ist so stark, dass es selbst Fundamentaldaten verändern kann. Im Fall der Wette gegen das Britische Pfund führte das zur Annahme, dass hier revolutionäre Dinge passieren könnten. Er gehörte zu den wenigen, die sich vorstellen konnten, dass es nicht ewig so weitergehen würde wie bisher.

Viele Jahre bezeichnete sich Soros selbst als "gescheiterter" Philosoph, weil er mit seinen Theorien in der Wissenschaftsszene kein Gehör fand. Erst mit der Finanzkrise 2008 zeigte sich, dass seine Ideen durchaus hilfreich waren, die Ursachen der Krise zu erläutern. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz lobte ihn. Auch Larry Summers, der ehemalige Präsident der Harvard University und Berater von Barack Obama sowie der ehemalige US-Notenbank-Chef Paul Volcker bezeichneten seine Ideen plötzlich als richtig und wichtig. Aber letztlich kann Soros noch so viele Bücher mit seinen abstrakten Ideen füllen, der große Durchbruch wird ihm versagt bleiben. Sein Name wird immer verbunden sein mit Zockereien am Finanzmarkt.

Der Provokeur

Kapituliert hat Soros deshalb nie. Sein Markenzeichen ist, dass er immer gerne gegen den Strom schwimmt. Dabei hält er mit seiner Meinung nie hinterm Berg. Noch immer mischt er sich gerne ein. Das gilt gleichermaßen für volkswirtschaftliche wie politische Themen.

Im Jahr 2012 zum Beispiel sorgte sein Vorschlag für Wellen, dass Deutschland und nicht Griechenland zur Euro-Rettung den Währungsraum verlassen solle. "Europa spart sich kaputt, statt auch etwas fürs Wachstum zu tun", echauffierte er sich damals, als die Eurokrise auf eine neue Eskalationsstufe zusteuerte. Schuld seien die "Bürokraten bei der Bundesbank" mit ihrem Stabilitäts- und Ordnungsfimmel.

Beim Thema Europa wird aber auch Soros' Zerrissenheit deutlich. Da ist einerseits der Geschäftsmann, der immer einer maximalen Rendite hinterher jagt. Und andererseits der altersweise Herr von Welt, der Regierungen gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen würde. Mal stellt er Überlegungen an, in Griechenland oder kriselnde Banken im Euroraum zu investieren, um daran zu verdienen. Dann wieder tut er sich wieder als Moralapostel hervor: Europa könne an Einzelinteressen und mangelnder Unterstützung für Schuldenstaaten zugrunde gehen. Aber auch wenn seine Äußerungen medienwirksam sind, wirkliches Gewicht haben seine Worte selten.

Der Gutmensch

Unumstritten ist Soros' Engagement auf einem anderem Gebiet. Wenige Superreiche sind so spendabel wie er. Der Zocker, Möchtegern-Staatsmann und chronischer Einmischer ist ein großer Philanthrop. Er spendet seit Jahrzehnten immense Summen für wohltätige Zwecke. Als US-Amerikaner mit ungarischer Herkunft hat Soros immer großen Wert auf seine europäischen Wurzeln gelegt. Anfang der 1990er-Jahre entschied er sich, seinen Reichtum für humanitäre Zwecke in Osteuropa einzusetzen. Doch auch sonst kennt sein Wohltätigkeitsfeldzug kaum Grenzen. Jahr für Jahr spendet Soros Milliarden an diverse Einrichtungen und Organisationen.

Als Investor hat er sich deshalb noch nicht zur Ruhe gesetzt. Wenn er eine gute Chance wittert, ist er auch heute noch dabei. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass er sich bei der neuen Firma eines ehemaligen Mitarbeiters mit zwei Milliarden Dollar beteiligt. Scott Bessent verwaltete vier Jahre lang das 30-Milliarden-Vermögen für George Soros. Bessents Firma wird damit auf einen Schlag zu einem der größten Hedgefonds-Startups der Welt. Eine nette Geste von Soros - aber sicher nicht ganz selbstlos.

Quelle: ntv.de

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