Wirtschaft

Moskaus Banken gehen Yuan aus Russlands Zahlungsverkehr mit China gerät ins Stocken

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Nach mehreren Jahren sprunghaften Wachstums dürfte der Handel mit China  einer Prognose der russischen Zentralbank zufolge 2024 erstmals wieder zurückgehen.

Nach mehreren Jahren sprunghaften Wachstums dürfte der Handel mit China einer Prognose der russischen Zentralbank zufolge 2024 erstmals wieder zurückgehen.

(Foto: IMAGO/CFOTO)

Lange konnten Russlands Unternehmen und Banken Einschränkungen durch westliche Finanzsanktionen durch mehr Handel mit China kompensieren. Doch das funktioniert zuletzt, dank verschärfter Strafmaßnahmen der USA, nicht mehr so reibungslos.

Seit dem Angriff auf die Ukraine im Frühjahr 2022 und den darauffolgenden Wirtschaftssanktionen des Westens ist China zum mit Abstand wichtigsten Handelspartner Russlands geworden. Rund ein Drittel des gesamten russischen Außenhandels entfiel im vergangenen Jahr auf China. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nimmt China nicht nur russisches Öl, Gas und andere Rohstoffe ab, die der Westen nicht mehr kauft. Vor allem ist die russische Wirtschaft abhängig wie nie von chinesischen Lieferanten. Aus China beziehen russische Importeure nicht mehr nur Konsumgüter aller Art, von Elektrogeräten bis zu Autos, sondern auch industrielle Vorprodukte und Maschinen, ohne die das produzierende Gewerbe in Russland zum Stillstand kommen würde.

Die extreme Ausrichtung der russischen Wirtschaft auf China zeigt sich unter anderem an der Moskauer Börse. Nachdem der Handelsplatz durch Sanktionen vom Dollar- und Euro-System ausgeschlossen wurde, macht der Yuan laut Bloomberg inzwischen mehr als 99 Prozent des Devisenhandels in Moskau aus. Nachdem der russisch-chinesische Handel in den ersten beiden Kriegsjahren nahezu ungehindert wuchs, schlagen Banken und Unternehmen jüngst allerdings Alarm. Russischen Banken gehen nach eigener Aussage die Yuan aus. Die russische Zentralbank forderte die Institute auf, ihre Kreditvergabe in der chinesischen Währung zu reduzieren. Unterdessen stecken Berichten zufolge Zahlungen für Ex- und Importe russischer Unternehmen bei chinesischen Banken im Wert von mehreren Milliarden Yuan fest.

Kern des Problems ist offenbar die Weigerung vieler chinesischer Banken, wie bislang Zahlungen mit und für russische Banken und Unternehmen durchzuführen, die von den USA mit Sanktionen belegt wurden. Denn in den vergangenen Monaten hat die US-Regierung ihre Sanktionspolitik deutlich verstärkt. Zum einen wurden der Liste weitere Unternehmen und Institute hinzugefügt. Zum anderen kündigten die USA konsequente Sekundärsanktionen an, das heißt Banken auch in Drittländern wie China droht der Ausschluss vom Dollar-Zahlungsverkehr, wenn sie Geschäfte mit sanktionierten Partnern machen.

Fehlende IT: Kuriere tragen Dokumente über die Grenze

Offenbar gibt es weiterhin Möglichkeiten, die US-Sanktionen zu umgehen. So versuchen Unternehmen, Zahlungen durch lange Überweisungsketten über mehrere Länder zu verschleiern. Berichten zufolge gibt es zudem einige Banken in China, die keine internationalen Verbindungen in das Dollar-System haben und US-Sanktionen daher nicht fürchten. Dabei handelt es sich aber um kleinere Institute, denen auch die IT-Ausstattung und Erfahrung fehle, Geschäfte mit Russland abzuwickeln. Teilweise würden Dokumente von Kurieren über die russisch-chinesische Grenze getragen und per Hand von Bankmitarbeitern abgestempelt, berichtet Reuters unter Berufung auf Insider in China. Manche russische Unternehmen würden sogar Gold in Drittstaaten kaufen, dieses nach Hongkong bringen und dort verkaufen, um mit dem Erlös Zahlungen in Yuan zu begleichen. Große russische Konzerne und kriegswichtige Unternehmen, heißt es, könnten teils mit staatlicher Unterstützung derartige Umwege organisieren. Kleinere Firmen stünden dagegen oft vor unüberwindbaren Hürden.

Nicht nur der Außenhandel ist von den Problemen betroffen, denn russische Banken haben auch vermehrt Kredite in der "freundlichen Währung" Yuan vergeben - im Gegensatz zu als "toxisch" geltenden Währungen Euro und US-Dollar. Der Chef des größten russischen Geldhauses, der staatlichen Sberbank, warnte kürzlich auf einem Kongress, seine Bank könne keine Yuan-Kredite mehr vergeben. Für die erforderliche Deckung dieser Kredite habe sie "nichts" mehr. Reuters zufolge stiegen die Zinsen, die Banken zahlen, um sich kurzfristig Yuan zur Deckung ihrer Positionen zu leihen, zeitweise auf über 200 Prozent. Die russische Zentralbank wies die Forderung der Banken, sie mit mehr Yuan zu versorgen, kühl zurück und riet den Instituten stattdessen, ihre Kreditvergabe in der chinesischen Währung zurückzufahren.

Die Entwicklung zeigt nicht nur, dass die USA erfolgreich einige Schlupflöcher in ihrem Sanktionsregime schließen konnten. Es ist auch offenkundig, dass es Moskau nicht gelungen ist, ein alternatives, internationales Zahlungssystem aufzubauen, obwohl die russischen Behörden dies schon seit vielen Jahren ankündigen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen