Absurder Kreislauf Schädliche Zölle sind für Trump eine Erfolgsgeschichte
10.02.2025, 19:31 Uhr Artikel anhören
In seiner ersten Amtszeit verhängte Trump Zölle unter anderem gegen Einfuhren aus China. In den USA führte das unterm Strich zu Job-Verlusten.
(Foto: picture alliance/AP Photo)
Fast alles, was Donald Trump über Handel und Zölle von sich gibt, ist falsch. Die Importzölle haben schon in seiner ersten Amtszeit der US-Wirtschaft geschadet. Politisch ist das Zoll-Theater für den US-Präsidenten aber ein Erfolg, zumindest kann er es als solchen verkaufen.
Vielleicht weiß der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wirklich nicht, wie Zölle funktionieren. Ökonomisch ist nahezu jede Äußerung Donald Trumps zu einem eigenen Lieblingsthema falsch. So behauptete er gerade wieder, er habe während seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 mit seinen damaligen Zöllen hunderte Milliarden Dollar von fremden Ländern eingenommen, obwohl Zölle von den amerikanischen Importeuren bezahlt werden, die letztlich die Kosten dafür meist an die Konsumenten weiterreichen. Auch werden Ökonomen seit Wochen nicht müde, zu erklären, dass Importzölle nicht dazu geeignet sind, unausgeglichene Handelsbilanzen ins Gleichgewicht zu bringen, wie Trump dies immer wieder fordert.
Vielleicht aber weiß Trump das alles - es ist ihm aber egal. Denn politisch funktionieren diese ökonomisch schädlichen Zölle für ihn hervorragend. Gegenüber Journalisten im Weißen Haus bestritt Trump kürzlich die Möglichkeit, dass Zölle Nebenwirkungen wie höhere Preise für die Verbraucher haben könnten. "Zölle", so erklärte er seine simple Zoll-Logik, "bringen Erfolg. Sie bringen großen Erfolg."
Die ersten Wochen seiner Amtszeit dürften für Trump eine Bestätigung dieses Konzepts sein. Sein erster Erfolg: Im Streit mit Kolumbien um Abschiebungen von Migranten aus den USA drohte der frisch ins Amt eingeführte Präsident dem langjährigen Verbündeten und Handelspartner der USA in Südamerika Strafzölle von bis zu 50 Prozent an. Die kolumbianische Regierung lenkte ein. Die Zölle traten nicht in Kraft.
Kurz darauf kündigte Trump unter anderem Zölle in Höhe von 25 Prozent gegen die Nachbarländer Kanada und Mexiko an. Nachdem Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum und Kanadas Staatschef Justin Trudeau ihm in Telefongesprächen Maßnahmen zum Kampf gegen Menschen- und Drogenschmuggel an den US-Grenzen zugesichert hatten, verkündete Trump, auch diese Strafzölle noch vor ihrem Inkrafttreten wieder auszusetzen.
So funktionieren Zölle aus Trumps Sicht: nicht als Werkzeug zur wirtschaftspolitischen Steuerung, sondern als Drohkulisse. Mit einem "Zoll-Hammer" kann er drohen, seinem Gegenüber Schmerzen zuzufügen. Komplexe ökonomische Wirkzusammenhänge sind dabei nicht relevant. Im Fall von Kolumbien, Mexiko und Kanada kamen die angekündigten Zölle aufgrund des schnellen Einlenkens der jeweiligen Regierungen gar nicht zum Tragen. Und auch die politische Substanz dieser Trump'schen Erfolge ist kaum signifikant.
EU steht bereit für "Deal"
Im Streit mit Kolumbien ging es aus US-Sicht nur um Details bei der Durchführung weitgehend unumstrittener Abschiebeflüge. Auch Kanadas und Mexikos "Einlenken" besteht bisher nur aus der Ankündigung von Maßnahmen wie der Entsendung zusätzlicher Soldaten an die US-Grenze oder der Berufung eines neuen Beauftragten zur Bekämpfung des Fentanylschmuggels in Kanada. Zu ähnlichen Schritten wären beide Länder wohl auch ohne Drohungen bereit gewesen. Doch für Trump steht der Showeffekt im Fokus - und nur dafür hat das Zoll-Theater einen Nutzen.
Mit seiner neuesten Zollrunde geht Trump einen Schritt weiter. 25 Prozent Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium sollen seiner Ankündigung zufolge alle Handelspartner treffen. Die EU steht schon bereit, Trump im Rahmen eines "Deals" ihrerseits Zollsenkungen etwa auf die Einfuhr amerikanischer Autos nach Europa anzubieten. So könnte Trump auch hier bald einen Erfolg mit seiner Zollpolitik feiern.
Das heißt allerdings nicht, dass Trumps Zölle in jedem Fall leere Drohungen sind. Mit seiner aktuellen Zollwut knüpft er an die Politik seiner ersten Amtszeit an. Damals hatten die von ihm verhängten und auch in Kraft getretenen Zölle, wie von Ökonomen vorausgesagt, negative Folgen für die US-Wirtschaft. Studien legen nahe, dass beispielsweise Zollerhöhungen auf chinesische Güter 2018 unterm Strich zu Jobverlusten in der US-Industrie führten – unter anderem, weil sie komplexe internationale Lieferketten beschädigten und Vorprodukte für US-Unternehmen verteuerten - und nicht wie von Trump behauptet, Arbeitsplätze in die USA holte. Das Handelsdefizit der USA stieg während Trumps erster Amtszeit. Trump schafft es trotzdem bis heute, seine Handelspolitik - etwa mit der falschen Behauptung, das Ausland habe die Zollgebühren bezahlt - als Erfolgsgeschichte zu verkaufen.
Eine nüchterne ökonomische Bewertung dieser Handelspolitik findet in den USA unter anderem auch deshalb kaum Gehör, weil die Demokraten diese unter Joe Biden teilweise fortsetzten. Dass sich in Bidens Amtszeit das Handelsbilanzdefizit weiter vergrößerte, hat nur dazu geführt, dass Trumps Ruf nach noch mehr Zöllen noch populärer wurde. Umfragen zufolge glaubt eine große Mehrheit der Amerikaner Trumps Darstellung der Handelspolitik seiner ersten Präsidentschaft als Erfolg und unterstützt seine Zollpläne. Ein absurder Kreislauf aus einem weiter wachsenden Handelsdefizit und immer lauter werdenden Rufen nach Maßnahmen, die dieses Defizit weiter vergrößern, dürfte sich fortsetzen.
Quelle: ntv.de