Milliarden für Sanierungsfall US-Investor greift nach Italiens Telekomriesen
22.11.2021, 11:24 Uhr
Der Investor muss wohl auch den Schuldenberg von Telecom Italia in Höhe von 29 Milliarden Euro übernehmen.
(Foto: REUTERS)
Italiens Ex-Telefon-Monopolist ist kaum wettbewerbsfähig, hoch verschuldet und hat selbst nach Ansicht der Regierung zu viele Mitarbeiter. Der US-Finanzinvestor KKR ist dennoch bereit, viel Geld für die Telecom Italia zu bezahlen.
Der US-Finanzinvestor KKR erwägt die Übernahme der Telecom Italia (TIM) für rund 10,8 Milliarden Euro. Der größte Telefon-Anbieter Italiens teilte mit, KKR habe ein unverbindliches Angebot von 0,505 Euro pro Aktie vorgelegt. Das entspreche einem hohen Aufschlag von knapp 46 Prozent auf den Schlusskurs der Stamm-Aktien vom Freitag. KKR erwäge, die TIM anschließend von der Börse zu nehmen. Einer Übernahme müsste auch der italienische Staat zustimmen, der über eine sogenannte Goldene Aktie ein Veto-Recht hat.
Das Geschäftsmodell von Finanzinvestoren wie KKR besteht in der Regel darin, wenig rentable Firmen zu kaufen und ihren Wert durch Kostensenkungen etwa durch Stellenstreichungen oder Verkauf von Unternehmensteilen zu steigern, um es anschließen mit Gewinn abzustoßen. Wegen oft harter Sanierungsmaßnahmen bei übernommenen Unternehmen stehen Finanzinvestoren häufig in der Kritik.
Telecom Italia ließ offen, wie sie zu dem Vorstoß steht. Nach einer Sitzung des Verwaltungsrates hieß es nur, KKR wolle sein Vorhaben als "freundlich" verstanden wissen und die Unterstützung des TIM-Managements gewinnen. Die Geschäfte des italienischen Konzerns laufen seit langem schlecht. Der Umsatz ist in den vergangenen fünf Jahren um ein Fünftel geschrumpft. Dafür ist auch der scharfe Wettbewerb mit Rivalen wie Iliad, Vodafone, Wind Tre und Fastweb verantwortlich.
29 Milliarden Euro Schulden
Unter TIM-Chef Luigi Gubitosi hatte es zuletzt zwei Gewinnwarnungen binnen drei Monaten gegeben. Seitdem ist der Manager im Visier des größten TIM-Aktionärs, des französischen Konzerns Vivendi. Aus deren Umfeld hieß es, die KKR-Offerte spiegele nicht den Wert der TIM wider. Vivendi hatten einst bei ihrem Einstieg 1,071 Euro pro TIM-Aktie gezahlt. Ein neuer Eigentümer müsste auch die Schulden der TIM von 29 Milliarden Euro mit übernehmen.
Gubitosi hatte KKR bereits 2020 an Bord geholt. Damals hatte der US-Investor 1,8 Milliarden Euro für 37,5 Prozent am Unternehmen Fibercop gezahlt, in dem TIMs Geschäft mit der "letzten Meile" der Netze von den Verteilerkästen in den Straßen bis zu den Haushalten gebündelt ist. Die Regierung ist am zügigen Ausbau des Breitbandnetzes in Italien interessiert. Dazu sind Milliarden-Investitionen erforderlich. Das aktuelle Kupfernetz muss auf Glasfaser umgestellt werden, damit Datenübertragungsraten möglich sind, die die Industrie benötigt.
Die Regierung ließ am Sonntagabend offen, wie sie zu KKRs Vorhaben steht. Man beobachte die Entwicklung, ieß es. Ziel der Regierung sei, sicherzustellen, dass jedwede Übernahme mit dem Ziel eines Breitbandausbaus vereinbar sei. Auch werde man sehen, ob der KKR-Vorschlag zum Ziel der Regierung passe, bei der TIM Arbeitsplätze aufzubauen. Derzeit beschäftigt der Konzern rund 42.500 Mitarbeiter in Italien. Die Regierung kann eine Übernahme untersagen, wenn sie ein Unternehmen für strategisch wichtig hält.
Quelle: ntv.de, mbo/rts