Warnstreiks in allen Werken VW-Belegschaft will "jetzt kämpfen und Zähne zeigen"
02.12.2024, 12:25 Uhr Artikel anhören
Tausende bestreiken am heutigen Montag VW - nicht nur wie hier am Stammwerk in Wolfsburg.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool)
Der Tarifkonflikt bei VW eskaliert. Erstmals finden jetzt wieder größere Streiks statt. An allen Standorten in Deutschland legen Tausende ihre Arbeit nieder. Betriebsrat und Verhandlungsführer finden harte Worte für den Kurs der Konzernführung.
Im Ringen um sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze bei Volkswagen verstärken die Beschäftigten mit Warnstreiks in allen deutschen Werken den Druck auf das Management. "Dieser Warnstreik läuft, um unseren berechtigten Forderungen Nachdruck zu verleihen", erklärte Betriebsratschefin Daniela Cavallo am Morgen laut Redetext bei einer Kundgebung im Stammwerk Wolfsburg. "Durch die Krise geht es bei VW immer nur mit der Belegschaft. Und nicht gegen sie."
Vorständen von VW und anderen Unternehmen, die Werke schließen und Jobs abbauen wollten, gehe es darum, die Rechte der Arbeitnehmerseite zurückzudrängen. Auch deshalb sei es Cavallo zufolge wichtig, "dass wir jetzt kämpfen und Zähne zeigen". Florian Hirsch, Leiter des VW-Vertrauenskörpers, weiter: "Volkswagen kann sich auf einen Arbeitskampf einstellen, den sie so noch nie hatten. Mit uns wird es keinen Ausverkauf auf Raten geben."
"Volkswagen war in jüngster Zeit eine Riesen-Gewinnmaschine. Und dementsprechend hoch war auch die Dividende", sagte Cavallo weiter. Aber diese Gewinnmaschine laufe jetzt Gefahr, ins Stottern zu geraten. "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und eben auch die Aktionärsseite", so Cavallo. Das Land Niedersachsen, der zweitgrößte Anker-Aktionär, habe über Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil erklärt, dass die Dividende für das Land Niedersachsen nicht die oberste Priorität habe, so Cavallo laut Redetext. "Meine Erwartungshaltung ist, dass diese Einstellung auch bei den anderen Hauptaktionären vorhanden ist", forderte sie.
"Unser Gesamtkonzept (...) kann nur fliegen, wenn eben der Vorstand und die Aktionäre auch einen Beitrag leisten - und wir erwarten, dass Werksschließungen und Massenentlassungen endlich vom Tisch kommen und wir eine neue Beschäftigungssicherung haben", ergänzte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger.
Flavio Benites, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Wolfsburg, fuhr fort mit einer deutlichen Ansage in Richtung der Unternehmensspitze. "Wir müssen und werden gemeinsam und entschlossen um jeden Arbeitsplatz kämpfen und erbitterten Widerstand gegen die Schrumpfungs- und Entlassungsfantasien der Unternehmen leisten – an unseren VW-Standorten, bei den Zulieferern und in den Stahlwerken", sagte er.
"Zeichen des Vorstands nicht wirklich erfreulich"
Nach drei ergebnislosen Verhandlungsrunden zum VW-Haustarifvertrag hat die Gewerkschaft IG Metall die rund 120.000 Beschäftigten zunächst zu zeitweisen Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Es ist der erste große Warnstreik bei Volkswagen seit 2018. Das Unternehmen will wegen seiner Absatzkrise die Löhne um zehn Prozent senken und droht damit, in Deutschland erstmals in der Firmengeschichte Werke zu schließen.
Gewerkschaft und Arbeitnehmer hatten vor der dritten Verhandlungsrunde den Wegfall von Bonuszahlungen und einen Arbeitszeitfonds vorgeschlagen. Die Tariferhöhung des IG-Metall-Flächentarifvertrags von 5,5 Prozent binnen gut zwei Jahren soll übernommen werden, das Geld aber in den Fonds überführt werden, um Arbeitszeitverkürzungen an Standorten mit Überkapazitäten zu finanzieren. Der Arbeitgeber lehnte den Plan ab mit der Begründung, er führe kaum zu einer nachhaltigen finanziellen Entlastung des Konzerns.
Am 9. Dezember sollen die Verhandlungen weitergehen. Der Termin werde die Weichenstellung bringen für eine Annäherung oder eine Eskalation, sagte Cavallo. "Leider sind die Zeichen, die der Vorstand in jüngster Zeit gesendet hat, nicht wirklich erfreulich."
Der Autobauer erklärte am Wochenende, mit einer Notversorgung die Folgen für die Produktion begrenzen zu wollen. VW respektiere das Recht der Beschäftigten, an einem Warnstreik teilzunehmen, erklärte ein Sprecher. "Das Unternehmen setzt weiterhin auf den konstruktiven Dialog mit der Mitbestimmung, um eine nachhaltige und gemeinsam getragene Lösung zu erreichen."
Quelle: ntv.de, mpa/rts/DJ