Eigner, Gläubiger, Steuerzahler Wer die Milliarden-Rechnung für die Credit-Suisse-Rettung zahlen muss
20.03.2023, 16:33 Uhr
Manche Kritiker finden, die Credit-Suisse-Aktionäre bekommen viel zu wenig für ihre Bank. Andere monieren, dass die Eigner überhaupt Geld bekommen, während einige Anleihegläubier komplett leer ausgehen.
(Foto: REUTERS)
Die Rettung der Schweizer Großbank Credit Suisse kostet Milliarden. Die Summen, die Gläubiger und Investoren schultern sollen, sorgen für Streit. Wie hoch die Rechnung für den Steuerzahler am Ende ausfällt, ist noch nicht absehbar.
Es handle sich nicht um einen "Bail-out", also eine staatliche Bankenrettung, betonen die Vertreter der Schweizer Regierung und Behörden immer wieder. Der Kauf der offensichtlich kurz vor dem Zusammenbruch stehenden Credit Suisse durch den Lokalrivalen UBS sei eine Transaktion zweier privater Wirtschaftsakteure, erklärt etwa Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Klar ist allerdings, die Alternativen zur Übernahme in letzter Minute wären ein Konkurs oder eine Verstaatlichung. Und: Der "privatwirtschaftliche" Deal mit der UBS kam nur durch massives staatliches Eingreifen zustande. Denn diese Rettung kostet viele Milliarden, die freiwillig niemand zahlen will. Auch wenn unmittelbar kein Steuergeld fließt, könnte die Aktion für die Schweizer Steuerzahler noch teuer werden.
Ein Überblick über die Kosten der Credit-Suisse-Rettung und wer sie zahlt:
UBS und die CS-Aktionäre
0,76 Schweizer Franken will UBS pro Credit-Suisse-Aktie bezahlen. Das entspricht einem Gesamtwert von drei Milliarden Schweizer Franken (3,03 Milliarden Euro). Dazu muss UBS zusätzlich mögliche Verluste bei CS bis zur Höhe von fünf Milliarden Franken tragen. Die CS-Aktionäre sollen gemäß der am Sonntag ausgehandelten Bedingungen kein Bargeld, sondern UBS-Anteile in entsprechendem Wert bekommen. Im Vergleich zum Schlusskurs der Credit-Suisse-Aktien von 1,86 Franken müssen die Aktionäre also einen herben Verlust hinnehmen. Der aktuell größte Anteilseigner, die staatliche Saudi National Bank, hatte für ihren Zehn-Prozent-Anteil vor nicht einmal einem halben Jahr 1,4 Milliarden Franken bezahlt. Seit gestern ist klar: 80 Prozent davon, mehr als eine Milliarde Franken, sind verloren.
Den Abschlag zu dem zum Zeitpunkt des Deals aktuellen Börsenkurs, der den Aktionären aufgebürdet wird, halten manche Beobachter für zu hoch. Fondsmanager Stephan Sola vom Plutos Schweiz Fonds schreibt in einem Kommentar, der Übernahme-Preis könne "nur als unverschämt bezeichnet werden." Die UBS nutzte die Lage der Credit Suisse radikal aus, die Einzelteile seien ein Mehrfaches des Angebotspreises wert. Andere Experten wundern sich allerdings, dass die Aktionäre überhaupt etwas bekommen. Denn andere Kapitalgeber der Credit Suisse gehen komplett leer aus.
Anleihegläubiger
Ein entscheidender und ungewöhnlicher Teil der Rettung liegt darin, dass die Credit Suisse von Schulden in Form bestimmter hochverzinslicher Anleihen komplett befreit wird. Diese so genannten AT1-Anleihen mit einem Volumen von 16 Milliarden Franken werden auf Anweisung der Schweizer Behörden auf null abgeschrieben. Die Besitzer dieser Papiere verlieren alles. AT1-Anleihen waren nach der Finanzkrise von 2008 erfunden worden, um den Kapitalpuffer für den Insolvenzfall zu vergrößern. Genau das passiert nun, die 16 Milliarden Franken werden dem Eigenkapital der Credit Suisse zugeschlagen und müssen nicht zurückgezahlt werden. Die Aufregung unter den Gläubigern ist dennoch groß. Denn schließlich ist die Bank formell ja gar nicht insolvent, und die Aktionäre erhalten immerhin UBS-Aktien im Wert von drei Milliarden Franken. Berichten zufolge könnten Gläubiger versuchen, sich vor Gericht gegen die Abschreibung ihrer Anleihen zu wehren.
Schweizer Zentralbank
Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat bereits vergangene Woche gewaltige Summen in Form von Liquiditätshilfen in die Credit Suisse gepumpt. Bei diesen Hilfen handelt es sich um Kreditlinien, die kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken, nicht aber Verluste oder Lücken in der Bilanz ausgleichen sollen. Insgesamt stellt die SNB dafür 250 Milliarden Franken für CS und UBS zusammen bereit. Wie viel davon bereits in Anspruch genommen wurden, ist unklar.
Steuerzahler
Laut Finanzministerin Keller-Sutter liegt der große Vorteil des offiziell ja privaten Deals zwischen UBS und Credit Suisse gegenüber einer Insolvenz oder Verstaatlichung darin, dass die letzteren beiden Varianten wohl sehr viel teurer für den Steuerzahler geworden wären. Ganz ohne Hilfe aus dem Schweizer Bundeshaushalt kam aber auch die nun ausgehandelte Lösung nicht zustande. So haftet die Regierung mit einer Garantie gegenüber der SNB für 100 Milliarden der von der Notenbank bereitgestellten Liquiditätshilfen. Außerdem stellt die Regierung eine Garantie gegenüber der UBS für mögliche Verluste bei Credit Suisse in Höhe von neun Milliarden Franken bereit. Diese Garantie käme zum Tragen, wenn aus einem genau definierten Teil des CS-Portfolios Verluste entstehen, die die fünf Milliarden Franken übersteigen, die UBS als neuer Eigner selbst tragen muss. Was allerdings passiert, falls noch höhere Verluste auftreten sollten als diese beiden Summen zusammengerechnet, bleibt offen. Ausgeschlossen ist dieser Fall nicht.
Quelle: ntv.de