Wirtschaft

Branche "extrem verunsichert" Zahl der Baugenehmigungen bricht ein

Immer mehr Bauherren stellen Projekte zurück oder stornieren sie gänzlich, berichtete das IFO-Institut.

Immer mehr Bauherren stellen Projekte zurück oder stornieren sie gänzlich, berichtete das IFO-Institut.

(Foto: picture alliance / Jochen Tack)

Hohe Kosten und Unsicherheit bei der Planung machen der Baubranche zu schaffen: Die Zahl der Genehmigungen für den Wohnungsneubau bricht im August so stark ein wie seit Monaten nicht mehr. Für die Regierung, die jährlich 400.000 neue Wohnungen bauen will, ist das ein herber Rückschlag.

Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen in Deutschland ist im August so stark eingebrochen wie seit einem dreiviertel Jahr nicht mehr. Sie sank um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 28.180 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist nicht nur der vierte Rückgang in Folge, sondern zugleich der kräftigste seit November 2021. Von Januar bis August gaben die Behörden damit grünes Licht für den Bau von insgesamt 244.605 Wohnungen, was einem Rückgang von 3,0 Prozent oder 7624 entspricht.

"Die weiterhin rückläufigen Genehmigungszahlen sind Ausdruck der extremen Verunsicherung öffentlicher und privater Wohnungsbauer", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller. Diese sei nachvollziehbar und auf hohe Kostensteigerungen zurückzuführen. Die Politik könne hier mit angemessenen Investitionsanreizen gegensteuern, die den hohen Wohnungsbauzielen auch gerecht würden. "Nur so kann ein weiteres Absinken der Fertigstellungszahlen im Jahr 2023 verhindert werden", sagte Müller.

Baufirmen stornieren immer öfter Projekte

Zuvor hatte das IFO-Institut von einer sich aufbauenden Stornierungswelle in der Branche berichtet: Im September waren demnach 16,7 Prozent der befragten Unternehmen von Projektabsagen betroffen, nach 11,6 Prozent im Vormonat. "Aufgrund der explodierenden Material- und Energiepreise sowie der steigenden Finanzierungszinsen ist die Planungssicherheit dahin", sagte dazu IFO-Forscher Felix Leiss. "Die Baukosten steigen immer weiter. Für einige Bauherren ist das alles nicht mehr darstellbar, sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine."

In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis August insgesamt 211.636 Wohnungen genehmigt. Das waren 3,0 Prozent oder 6622 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Bewilligungen für Einfamilienhäuser sank deutlich um 15,8 Prozent. Allerdings hatte ein Jahr zuvor noch das Baukindergeld die Zahl der Baugenehmigungen hier steigen lassen. Die Förderung habe dazu beigetragen, dass allein im Zeitraum von Januar bis März 2021 fast 7400 Einfamilienhäuser mehr genehmigt worden seien als in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres, erläuterten die Wiesbadener Statistiker.

Bei Zweifamilienhäusern ging die Zahl genehmigter Wohnungen in den ersten acht Monaten um 2,8 Prozent auf 21.176 Einheiten zurück. Bei den Mehrfamilienhäusern gab es dagegen ein Plus von 5,2 Prozent auf 130.746 Wohnungen.

Scholz: "Wir halten an dem Ziel fest"

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Die negative Entwicklung ist ein erneuter Rückschlag im Bemühen der Bundesregierung, pro Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen. Trotz aller Probleme am Bau durch Lieferschwierigkeiten, hohe Energiepreise und steigende Zinsen soll das Vorhaben jedoch nicht aufgeben werden: "Wir halten an dem Ziel fest, das muss ausdrücklich gesagt werden", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz vorige Woche bei der Vorstellung eines Maßnahmenpakets des sogenannten Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. "Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum", sagte der SPD-Politiker. Gelingen soll dies mit rund 190 Maßnahmen, auf die sich Bauwirtschaft, Gewerkschaften, Länder, Kommunen und weitere Verbände bei dem Treffen verständigten.

Die Zahl der Baugenehmigungen ist mit Blick auf die Wohnungsnot in vielen Städten ein wichtiger Indikator. Allerdings werden genehmigte Wohnungen häufig zunächst nicht gebaut, weil Handwerker und Baufirmen keine Kapazitäten haben. Auch gestiegene Preise für Baustoffe und Bauland bremsen.

Quelle: ntv.de, mbu/dpa/rts

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