Größter Wettskandal im Fußball? Viel Lärm, kaum Neues
08.02.2013, 10:55 Uhr
(Foto: dpa)
Es sind imposante Zahlen, mit denen Europol die Fußball-Welt am Montag aufschreckte: Von fast 700 manipulierten Spielen ist die Rede. Doch auch am Tag vier nach Bekanntwerden des neuen Skandals, befördert das Europäische Polizeiamt wenig Substanzielles zutage. Namen und Fakten zu neuen Fällen - Fehlanzeige!
Vom größten Wettskandal der Geschichte ist die Rede. Fast 700 Fußballspiele auf der ganzen Welt sollen manipuliert worden sein, Ermittler aus 13 Ländern haben unter dem Dach von Europol tausende E-Mails ausgewertet, Telefone abgehört und verdeckte Ermittler eingesetzt. Doch vieles, was das Europäische Polizeiamt nun als "großen Wurf gegen die Kriminalität" verkauft, ist längst bekannt. Die Behörde hat vor allem bereits bekannte, jeweils national geführte Ermittlungsverfahren zusammengefasst.
Für Deutschland ist die Staatsanwaltschaft Bochum, die "Soko Flankengott", am Ball. Diese hatte schon 2009 den bis dato größten Wettskandal Europas mit mehr als 200 verdächtigen Spielen aufgedeckt. Bei den folgenden Prozessen kam es zu einigen Verurteilungen, unter anderem gegen den Berliner Ante Sapina. Er war a uch schon der Drahtzieher bei den Manipulationen des Berliner Schiedsrichters Robert Hoyzer gewesen.
Mit Ermittlungsbehörden aus anderen europäischen Ländern richtete "Soko Flankengott" später bei Europol eine Ermittlungsgruppe unter dem Namen "Veto" ein, zunächst mit Finnland und Ungarn, später kamen Länder wie Slowenien und Österreich hinzu. Am Montag wartete die Behörde schließlich mit imposanten Zahlen auf: 380 Spiele seien zwischen 2008 und 2011 manipuliert worden und weitere 300 verdächtig.
Die Hälfte der Fälle ist aktenkundig
Insgesamt sind also 680 Spiele betroffen, aber mehr als die Hälfte dieser Fälle sind bereits aktenkundig, wie Fifa-Präsident Joseph Blatter betont: "Die meisten der Spiele wurden bereits analysiert, bearbeitet oder sogar vor Gericht verhandelt."
In 300 weiteren verdächtigen Fällen laufen derzeit noch die Ermittlungen. Bei diesen an die Öffentlichkeit gebrachten manipulierten Spielen geht es zwar auch um deutsche Spiele, doch die Mehrheit der betroffenen Partien fand offenbar im Ausland statt.
Bislang ist von 70 Spielen in Deutschland die Rede. 51 Spiele waren bei den Prozessen vor dem Landgericht Bochum schon verhandelt worden. Mit Enthüllungen in der Bundesliga oder der Zweiten Liga ist daher derzeit nicht zu rechnen. Der Deutschen Fußball-Liga ist von entsprechenden Ermittlungen auch nichts bekannt. "Nach unserem Kenntnisstand sind die Bundesliga und die zweite Bundesliga aber nicht betroffen", sagt Reinhard Rauball, Präsident des Liga-Verbandes DFL, über die laufenden Untersuchungen. Und Helmut Sandrock, Generalsekretär des DFB, erklärt: "Nach unseren Informationen gehen wir davon aus, dass es über die bereits bekannten Spiele hinaus keine neuen Fälle in Deutschland gibt."
Vor allem der deutsche Amateur-Fußball scheint betroffen von der Wettmafia in Asien, anscheinend sind in erster Linie Spiele der Regionalliga und Oberliga gefährdet. In Asien lässt sich auf nahezu alle Amateurklassen wetten. Ermittelt wird nun gegen Vereinsfunktionäre, ehemalige und noch aktive Spieler. Auch Schiedsrichter stehen unter Verdacht. Europol wollte mit Rücksicht auf laufende Untersuchungen keine Vereins- und Spielernamen nennen.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/sid