"Wir können es uns nicht wünschen" Guardiola setzt Klopp matt - schon wieder
05.04.2015, 09:55 Uhr
BVB-Trainer Klopp fand keine Mittel gegen die Bayern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wichtige Spieler fehlen? Einmal mehr ist das kein Problem für den Branchenprimus Bayern München. Denn Trainer Guardiola presst seine Spieler nicht in ein System. Vielmehr richtet er es nach der verfügbaren Elf aus. Erneut kann der BVB nur zuschauen.
Der FC Bayern München hat eine richtig starke Mannschaft. Das ist bekannt. Der FC Bayern München hat außerdem einen richtig guten Trainer. Auch diese Feststellung ist keine besonders überraschende und exklusive Erkenntnis. Aber normalerweise wird die Rolle des Trainers auf den Einfluss eines Spiels in der medialen Aufbereitung nur wenig beachtet - es sei denn, er macht gewaltig etwas falsch.
Gewinnt eine Mannschaft aber ein Spiel, so wird normalerweise nur darüber diskutiert, ob der Sieg verdient oder eher glücklich ist. Und so wurde auch nach dem Top-Spiel des 27. Spieltags der Fußball-Bundesliga zwischen den Bayern und Borussia Dortmund mehrheitlich über die Gerechtigkeit des Ergebnisses spekuliert. Dabei war der 1:0-Erfolg des deutschen Rekordmeisters im Signal-Iduna-Park ein herausragendes Beispiel für einen Trainersieg.
Die Gäste mussten in Dortmund gleich auf drei eigentlich Unverzichtbare verzichten. Mit Arjen Robben und Franck Ribery fehlte den Bayern Tempo und Torgefahr. Auch David Alaba war nicht dabei, er hatte sich beim Länderspiel der Österreicher verletzt. Alaba steht ebenso wie das französisch-niederländische Duo für Tempo. Er kann außerdem gefährliche Standards schießen. Pep Guardiola hat auf diese Ausfälle reagiert. Er musste, wie er später erklärte. "Ich hätte gern anders gespielt. Aber ich musste so spielen, wie die Mannschaft es zulässt."
Klopp: "Sie haben das robust gelöst"
Und so horchte der Bayern-Coach genau in seine Mannschaft hinein. Er tat das auf diese Weise schon zum zweiten Mal gegen Borussia Dortmund. Er tat es genauso überragend wie schon im Pokalfinale 2014. Auch damals musste der Spanier mit Bastian Schweinsteiger, Alaba, Thiago und Holger Badstuber wichtige Spieler ersetzen. Und in beiden Spielen baute der Bayern-Trainer seine Mannschaft erfolgreich um und überlistete so seinen Gegenüber Jürgen Klopp. Der konnte nach der erneuten Niederlage am Samstagabend nur eingestehen: "Wenn Bayern tief steht, ist es superschwer. Die Bayern spielen gegen niemanden so viele lange Bälle wie gegen uns. Aber wir können uns das nicht wünschen, wie sie spielen. Sie haben ihrer Aufstellung Rechnung getragen, dann macht die Spielweise Sinn, sie haben das robust gelöst."
In Dortmund setzte Guardiola auf eine ausgesprochen defensive Formation, in dem Wissen die Fähigkeiten von Robben, Ribery und Alaba nicht 1:1 ersetzen zu können. Vor Torwart Manuel Neuer verteidigte eine Dreierkette mit Cheforganisator Jerome Boateng und seinen Nebenleuten Benatia und Dante. Im Bedarfsfall, also bei Ballbesitz des Gegners, verbreiterte sich die Dreierabwehr zu einer Fünferreihe.
Der Brasilianer Rafinha und der Spanier Juan Bernat rückten weit mit zurück und machten es für die Dortmunder auf den Außenbahnen sehr eng. Vor dieses Bollwerk positionierte Münchens Übungsleiter mit Rückkehrer Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Xabi Alonso drei sehr ballsichere und routinierte zentrale Mittelfeldspieler, die kaum Räume in der Mitte öffneten. Für die Offensive blieben somit nur noch zwei Planstellen und die besetzten der nimmermüde Arbeiter Thomas Müller und Torschütze Robert Lewandowski. Und dieses sehr agile Duo entschied die Partie am Ende letztlich aber mit nur einem guten Zusammenspiel in der 36. Minute.
"Hätte gern 1000 Dantes"
Guardiolas Plan ging erneut voll auf. Auch wenn er gestand: "Jedes Spiel ist unheimlich schwer, wir müssen uns sehr anstrengen." Die Bayern hatten ihrem Trainer aber bestens zugehört und der lobte seine Mannschaft dafür: "Wir haben dagegengehalten. Wir waren ein gutes Team." Ein Team, aus dem in den Augen des Trainers doch einer herausstach. Einer, der zuletzt oft kritisiert wurde: "Ich möchte diesen Sieg Dante widmen, ich hätte gerne 1000 Dantes im Team", lobhudelte Guradiola.
In der Münchener Defensive brannte so gut wie nichts an, nicht nur wegen Dantes starker Leistung. Nach vorne reichten wenig kleine Nadelstiche, um die Gastgeber einzuschüchtern. Borussia Dortmund machte es dem deutschen Rekordmeister aber auch eher leicht. Nur zwei Torchancen durch Marco Reus sind zu wenig für einen Klub, der trotz verkorkster Saison noch immer von der Qualifikation für die Europa League träumt.
Dem BVB fehlte es einmal mehr an Tempo, flüssigen Kombinationen über mehrere Stationen, überraschenden Momenten und Torgefahr. Kein Heimtreffer in den vergangenen drei Spielen, gegen Köln, Juventus Turin und nun gegen Bayern offenbaren das ganze Dilemma der Borussia. Guardiola hat das erkannt. Er hat seine Mannschaft entsprechend umgestellt. Er hat deswegen sogar auf den geliebten Ballbesitzfußball verzichtet. Noch nie hatten die Münchener unter Guardiolas Regie so wenig Zeit mit Ball wie nun gegen Dortmund ("nur" 52 Prozent). Mit seiner defensiven Taktik hat der Spanier die Schwächen des BVB schonungslos entlarvt - und einen überragenden Trainersieg eingefahren.
Quelle: ntv.de