Die Randale-Nacht von Dortmund Notfalls eben Ganzkörperkontrollen
05.11.2014, 14:00 Uhr
Während des Spiels bewarfen Fans von Galatasaray den benachbarten BVB-Blockmit bengalischen Fackeln.
(Foto: imago/Thomas Bielefeld)
Der 4:1-Sieg des BVB verkommt fast zur Randnotiz: Zu groß ist die Bestürzung über die Krawalle, die türkische Fans in Dortmund veranstalten. Auch beim BVB muss man sich nun unangenehme Fragen gefallen lassen.
Die BVB-Fans bejubeln den 4:1-Sieg gegen Galatasaray Istanbul. Nur: Nach den 90 Minuten im Signal-Iduna-Park spricht kaum jemand über Fußball. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein Randale-Spiel. Immer wieder zündeten Galatasaray-Fans während der Partie Pyrotechnik und Böller, bewarfen damit sogar Sicherheitsleute und Dortmunder Fans. BVB-Spieler hatten Angst, Gala-Spieler Hamit Altintop und einige Kollegen schämten sich für das Verhalten der eigenen Anhänger. Die Polizei ermittelt inzwischen wegen versuchten Totschlags. Dem Verein droht ein Geisterspiel in der Champions League.
Das ist gut und richtig. Was sich abgespielt hat, wirft ein schlechtes Licht auf einen Teil der türkischen Gästefans. Aber möglicherweise nicht nur: Das Sicherheitspersonal wirkte überfordert, ja fast überrascht. Der Schuldfrage müssen sich auch BVB und Polizei stellen. Wie kann es sein, dass so viele Böller ins Stadion geschleust wurden? Waren die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend, um die berüchtigten Gala-Fans im Zaum zu halten?
Die lieferten vor dem Spiel schon einen Vorgeschmack. Auf dem Weg zum Stadion kam es zu massiven Ausschreitungen. Hunderte Istanbul-Fans marschierten durch die Dortmunder Innenstadt. Wie die "Ruhr Nachrichten" berichten, warfen sie Böller und Pyrotechnik auf Polizisten, auf Autos und Passanten. Nur zehn Gala-Fans wurden festgenommen. Die große Mehrheit passierte die Kontrollen, auch unzählige Feuerwerkskörper fanden ihren Weg ins Stadion. Dort setzte sich das Chaos fort: Die Gäste-Fans verdarben den Dortmundern den Sieg, Krawalle mit Ansage.
BVB: Kein Kommentar
Sicherheitsexperten warnen seit Jahren vor den Tricks der Randale-Fans. Die verstecken beispielsweise Böller in diversen Körperöffnungen, um die Kontrolleure zu überlisten. Die Vereine verschärfen ihre Sicherheitsvorkehrungen drastisch, nicht nur durch Kameras, die hochauflösende Einblicke in die Fankurven bieten. Vor zwei Jahren beschwerten sich Frankfurt-Fans über Ganzkörperkontrollen vor dem Bundesligaspiel in der Münchner Allianz-Arena. Auch Fans des FC Basel mussten das im Dezember 2013 in Gelsenkirchen über sich ergehen lassen.
In Dortmund griff man bisher nicht zu solchen Maßnahmen. Vor einem Jahr geriet der Verein in die Kritik. Das WDR-Magazin "Sport Inside" deckte massive Lücken auf und bescheinigte dem BVB-Sicherheitsdienst mangelhafte Arbeit. Dem Bericht zufolge wurden die 750 Mitarbeiter seit Jahren nicht geschult und erhalten einen Stundenlohn von fünf Euro. Hat sich das inzwischen geändert? Gab es bei den Kontrollen vor diesem Spiel höhere Auflagen als sonst? Der Verein will sich nach dem Spiel dazu nicht äußern. Obwohl der eigene Sicherheitsdienst die Stadionbesucher überprüft, verweist der BVB auf die Polizei.
Die Ereignisse in Dortmund werfen dieselbe Frage auf wie der Platzsturm beim Relegationsspiel zwischen Düsseldorf und Hertha im Mai 2012: Kann ein Fußballstadion überhaupt zu 100 Prozent sicher sein? Vermutlich nicht. Aber deshalb hinnehmen, dass ein paar hundert Idioten das Fußball-Vergnügen kaputt machen? Nein! Wir brauchen bessere Kontrollen, erst recht in Spielen mit Gästefans, denen ein schlechter Ruf vorauseilt. Verbände und Vereine müssen höhere Standards setzen. Viele Fußballfans spotten untereinander über die laschen Untersuchungen, die sie an den Eingängen über sich ergehen lassen müssen. Es geht nur mit gut bezahltem und geschultem Personal. Am nötigen Geld dafür dürfte es den Vereinen, die ihren Spielern Millionengagen zahlen, doch eigentlich nicht mangeln.
Quelle: ntv.de